Verlag „Heros“ (Heros-Verlag)
Unter dem Firmanamen „Heros“-Verlag hat es in der Zeit zwischen 1926 und etwa 1939 in Wien zwei verschiedene Unternehmen gegeben, das erste protokolliert, das zweite nicht.
1. Verlag „Heros“ Hugo Erös
Der Verlag „Heros“ (H[ugo] Eros) Hugo Erös wurde am 3. Juli 1926 von einem gewissen Hugo Erös (de Bethlensalva), seines Zeichens Honorarkonsul von Lettland, gegründet und am 31. August ds. Jahres unter Reg. A, Band 64, pagina 4a ins Wiener Handelsregister eingetragen. Sitz der Firma war Wien I., Kärntnerring 3. Bevor die Protokollierung erfolgen konnte, mußte wegen des Firmawortlauts von der Kammer für Handel, Gewerbe und Industrie in Wien ein Gutachten eingeholt werden. Die Kammer erhob gegen den Namen Verlag „Heros“ Hugo Erös Einspruch, weil eine Firma mit dem Namen „Verlagsanstalt Herold“ (!) seit 1919 im Firmenregister angemeldet war. Doch konnte letztlich der frischgebackene Verleger und Buchhändler das Handelsgericht von der Idee einer Umänderung abbringen.[1] Aus dem Schreiben Erös‘ an das Handelsgericht vom 27. August 1926 geht hervor, daß der Verlag bereits ein Werk verlegt und im In- und Ausland verbreitet hatte, nämlich:
Josef Geßl (Hg.), Ignaz Seipel. Reden in Österreich und anderwärts. Eine Auswahl zu seinem 60. Geburtstag. Wien: Verlag „Heros“, 1926. (328 S. m. 37 ganzs. Abb.)
Im weiteren heißt es, der Verlag „beabsichtigt aber vorderhand nicht dem Verlage eine weitere Ausdehnung zu geben“ (loc. cit.). Und bei dieser einzigen Publikation scheint es auch geblieben zu sein, obwohl die Firma weiterhin aufrecht blieb und bis einschließlich 1932 im Buchhandelsadreßbuch verzeichnet war. Als im Jahre 1938 das Handelsgericht die Kammer überprüfen ließ, ob der „Betrieb des Unternehmens“ dauernd eingestellt sei oder nicht, wurde der Inhaber im Februar 1939 aufgefordert, die Löschung seiner Firma anzumelden. Doch nachdem Erös sich Mitte März 1939 „unbekannt wohin“ abgemeldet hatte, verfügte das Handelsgericht die amtswegige Löschung am 19. Oktober 1939.
2. Heros-Verlag (ehemals Verlag „Die Umschau“)
Der zweite Verlag, der sich statt Verlag „Heros“, Heros-Verlag nannte, wurde am 7. Juli 1931 gegründet und war nicht protokolliert. Der Gründer und Verlagsinhaber war der Dramaturg bzw. Buch- und Musikalienverleger Rudolf Geyer Ritter von Geyersberg (Ps. Rudolf Angely-Geyer, * 11.1.1879). Sitz des Verlags war die Wohnadresse Geyers, nämlich Wien VII., Burggasse 20. Der „neue“ Heros-Verlag dürfte aus einem anderen Verlag hervorgegangen sein, der – ebenfalls nicht protokolliert – seit spätestens 1928 unter derselben Adresse existierte. Er hieß Verlag „Die Umschau“.[2] Wie dem auch sei, der Heros-Verlag unter Rudolf Geyer existierte mit großer Wahrscheinlichkeit bis 1939.[3]
Bei der Gründung im Jahre 1931 übernahm Geyer ca. ein halbes Dutzend Werke aus dem Verlag „Die Umschau“ und in den Jahren bis 1939 verlegte der Heros-Verlag etwas über zwei Dutzend verschiedene Autoren sowie eine umfassende Reihe. Bis auf zwei Dramen, eine Erzählung und zwei Bücher über Wirtschaftsfragen bestand die gesamte Produktion dieses Verlags aus Lyrikbänden. Die Tatsache, daß bloß ein paar Verlagsautoren im Bio-Bibliographischen Literaturlexikon Österreichs Aufnahme gefunden haben,[4] verleitet zur Annahme, daß der Verlag ein Asyl für nebenberufliche „Dichter“ war, die wohl den Druck und die Veröffentlichung aus eigener Tasche zahlten. Allein neun Gedichtbände sind von Frauen. Nach einer relativ großen Anzahl (ca. 8) von Titeln 1931 brachte man zwischen 1934 und 1939 im Durchschnitt bloß 1-3 Titel jährlich heraus. Wie aus der Korrespondenz zwischen Geyer und der Korporation hervorgeht,[5] dürfte der Verleger nicht allzuviel verdient haben. Bemerkenswert ist wohl noch eine Sammlung, die 1932 zu erscheinen begann und gelegentlich ein paarmal jährlich bis 1937 unter dem Titel Österreichisch-deutsche Lyrik herausgegeben wurde. Auffallendstes Merkmal dieser elf Bände, deren Umfang zwischen 98 und 191 Seiten schwankt, ist die Unbekanntheit der vertretenen Autoren.[6] Diese von Geyer betreute Sammlung erschien nach dem „Anschluß“ unter dem Titel Deutsche Ostmark-Lyrik.[7]
Alles in allem scheint der Heros-Verlag ausschließlich Gelegenheitsschriftstellern die Möglichkeit geboten zu haben, ihre Gedichte im Druck zu sehen.
Anmerkungen
[1] Siehe Handelsgericht Wien. Registerakt A, Band 64, pag. 4a. Schreiben Hugo Erös vom 27. August 1926.
[2] Autopsierte Verlagstitel zeigen, daß das Impressum: „Im Verlag ,Die Umschau'“ mit einem gewöhnlichen Gummistempel überzeichnet worden ist.
[3] In diesem Jahr erschien die letzte nachweisbare Publikation. Angaben über Produktion und Titel stützen sich auf eine Zusammenstellung aus dem Verleger- und Institutionenkatalog der Deutschen Bücherei in Leipzig sowie auf div. Verlagsanzeigen.
[4] Hier einige Autorennamen: Hans Bärenfels, Mena Burda, Helene Erdmann-Küttel, Roland Gössler, Erich Illern, Helly Klimsch, Hildegard Peschl.
[5] Siehe Akt Gremium/Geyer.
[6] Dazu ein zeitgenössisches Urteil: „Was soll man aber zu der ‚Österreichisch-deutschen Lyrik‘ sagen, die sich da jüngst im dürftigsten Gewand hervorgewagt hat! Von wenigen Beiträgen abgesehen, sind die Gedichte von einem Dilettantismus, der unerlaubt ist. Diese Sammlung wird der Lyrik keine Freunde bringen.“ Lyrik-Anthologien. Grundsätzliches zu ihrer Anlage und Gestaltung. In: Österreichische Rundschau Land-Volk-Kultur. (Wien), 1. Jg., 1934/35 (XIV. Jg. der Volksbildung), S. 282-284; hier S. 283.
[7] Die Angabe im GV konnte nicht verifiziert werden.