XI. Existenzgrundlage der österreichischen Verlage
- 1. Kleine Wirtschaftsfibel zur Einleitung
- 2. Der Kampf der Autoren
- 3. Das Handelsabkommen 1937 und die Autoren
- 4. Not der Verlage
- 5. Die besondere Lage der „emigrierten“ Verlage: der „sonderbehandelte“ Bermann-Fischer Verlag und der benachteiligte Bastei-Verlag
- 6. Die zweite (und letzte) Tagung des Kulturausschusses
- 7. Februar 1938 in Berlin
1. Kleine Wirtschaftsfibel zur Einleitung
Im März 1934 wurde im Deutschen Reich der Weg beschritten, einen immer größeren Kreis von Einfuhrwaren in die Überwachung einzubeziehen. Bis zum Herbst dieses Jahres wurden praktisch alle Einfuhrwaren im Deutschen Reich zu „überwachten“ Waren. Im Rahmen des Schacht’schen „Neuen Plans“ also bestanden mit 8. September nicht weniger als 26 solche Überwachungsstellen, darunter die neuerrichtete „Überwachungsstelle für Papier“, die ihren Sitz nicht, was naheliegend wäre, in Leipzig, wo als einzige Stelle die für „Rauchwaren“ errichtet wurde, sondern in der Hauptstadt Berlin hatte. (Die Überwachungsstelle für Tabak war wiederum in Bremen!) Ein Motiv für diese Standortwahl dürfte die dort ansässige Reichsschrifttumskammer gewesen sein, die allerdings keinen verwaltungsmäßigen Einfluß hatte.
Laut Verordnung vom 18. September 1934 war die Überwachungsstelle für eine ganze Anzahl von Einfuhrwaren des Statistischen Warenverzeichnisses zuständig.[1] Dieses umfaßte alles von Büchern in allen Sprachen, auch Gebetbüchern, gedruckt oder geschrieben, Büchern mit Schriftzeichen für Blinde (674a) bis zu bedrucktem oder beschriebenem Papier (674b), Musiknoten (674c) und Kalendern (674e). Mit 24. September gingen im Zuge der Umstellung der Zuteilung von Zahlungsmitteln für die Wareneinfuhr die Befugnisse der Devisenstellen auf die Überwachungsstellen über. Diese wurden somit an deren Stelle Organe der Devisenbewirtschaftung. Sie unterstanden in dieser Hinsicht der Reichsstelle für Devisenbewirtschaftung. Mit der Gebührenordnung vom 25. Oktober 1934 wurde die Erteilung einer Devisenbescheinigung an den Importeur für kostenpflichtig erklärt.[2] Diese Gebühren sollten also die Kosten für den gewaltigen Verwaltungsapparat in der Überwachungsstelle für Papier bestreiten.
Am 10. August dieses Jahres trat zwischen Österreich und Deutschland ein Übereinkommen über die Zahlungsregelung aus dem gegenseitigem Warenverkehr in Kraft. Es war dies ein sogenanntes „Clearingabkommen“[3] bzw. Verrechnungsabkommen, das Deutschland bis Mitte 1936 bereits mit 21 Ländern abgeschlossen hatte. Der Vorteil dieses Systems auf deutscher Seite lag darin, daß ein Abfließen von kostbaren, für die Rüstungswirtschaft notwendigen Devisen verhindert wurde und daß man auf Kosten des österreichischen Exporteurs (z.B. von Verlagen), der mit dem Risiko längeren Wartens auf die Auszahlung der ihm zustehenden Forderungen belastet wurde, mehr Einfuhren als entsprechende Ausfuhren tätigen konnte. Das Clearingabkommen, auf das wir im folgenden wiederholt zu sprechen kommen werden, funktionierte im zwischenstaatlichen Verkehr folgendermaßen:
Zahlungen nach dem Partnerstaat durften nunmehr nicht direkt erfolgen, sondern waren, in die betreffenden Landeswährungen umgerechnet, an eine Zentralstelle – in diesem Fall die Deutsche Reichsbank bzw. österreichische Nationalbank – auf ein sog. Clearingkonto zugunsten des ausländischen Gläubigers zu leisten. Aus diesem Konto sollten dann die jeweiligen Forderungen befriedigt werden. Der Vorteil lag darin, daß ein Hinüber- und Herübersenden der beiden Währungen eingespart wurde, was in Zeiten stark fluktuierender Währungen besonders wichtig war. Klarerweise konnte dieses System nur reibungslos funktionieren, wenn der Zahlungsverkehr beider Staaten, soweit er durch die Clearings (was in unserem Fall zutrifft) erfaßt war, vollkommen ausgeglichen erschienen bzw. wenn Aus- und Einfuhr zwischen beiden Clearingstaaten wertmäßig ausbalanciert waren. Wie sich dies auf die Existenzgrundlagen österreichischer Verlage im Laufe des Jahres 1937 nach dem Abkommen vom Jänner 1937 auswirkte, haben wir an späterer Stelle noch zu erörtern. Dies also zum Vorverständnis des Problems.
Die Devisenbewirtschaftung im Rahmen des „Neuen Plans“ brachte es mit sich, daß der letzte Rest privater Bewegungsfreiheit im zwischenstaatlichen Warenverkehr aufgehoben wurde. Diese Bewirtschaftung änderte das vorhin erwähnte Abkommen vom September 1934, insofern als die technische Durchführung eine gewisse Behinderung des österreichischen Exports durch eine Erschwerung der Zahlung an Österreich mit sich brachte. Kernpunkt des Problems war die neue zentrale Instanz, die Überwachungsstelle, die die bisherige dezentrale Organisation der Devisenbewirtschaftung (durch die Landesfinanzämter) ablöste. Der permanente Transferrückstand zuungunsten Österreichs war dem neuen System mehr oder weniger in die Wiege gelegt.
Zur Erläuterung der beistehenden Graphik über das Zahlungssystem sei folgendes festgestellt: Das Devisenrecht des Deutschen Reiches wurde von dem absoluten Devisenmonopol der Deutschen Reichsbank beherrscht. Nur sie hatte die Möglichkeit, den Interessenten fremde Währungen für Zahlungen ins Ausland zur Verfügung zu stellen. Personalmäßig war sie durch die Doppelfunktion des Reichsbankpräsidenten und Reichswirtschaftsministers, Hjalmar Schacht, verbunden. Die dem Reichswirtschaftsministerium unterstehenden Devisenstellen, deren Befugnisse, wie erwähnt, auf die Überwachungsstellen übergingen, waren bei der Erteilung von Bewilligungen an strenge Richtlinien gebunden, die auf einer genau festgelegten Dringlichkeitsskala für Importgüter beruhten. Daß hiebei Bücher nicht hoch auf der Liste standen, braucht nicht hervorgehoben zu werden. Die Überwachungsstellen gaben – soweit Einfuhrkontingente handelspolitisch zugesichert wurden – von der Reichsbank ausgehende Weisungen weiter. Wenn solche Kontingente nicht vereinbart worden waren, wurde auf Grund der Handelsstatistik früherer Jahre ein Devisenkontingent errechnet. (Auf diese Variante und deren Einfluß auf den österreichischen Verlag im Jahre 1937 kommen wir noch zu sprechen.)
Die Überwachungsstellen teilten selbst keine Devisen zu, sondern die Reichsbank disponierte diese auf Grund der von den Überwachungsstellen ausgestellten Zahlungsgenehmigungen. Die Leipziger Kommissionäre, wie z.B. Volckmar oder Fleischer, stellten sodann für ihre ausländischen Kunden (die österreichischen Verlage) zur Zahlung der eingeführten Bücher Anträge an die Überwachungsstelle für Papier in Berlin um Devisenbescheinigungen im Rahmen des Kontingents. Überdies war die Überwachungsstelle nicht verpflichtet, die Gründe für eine ev. Ablehnung mitzuteilen. Sie war mit einem Kontrollrecht ausgestattet und hatte de facto ein Einfuhrmonopol. Österreichische Verlage konnten Werke also nur innerhalb des genehmigten Kontingents an die Kommissionäre in Leipzig liefern. Denn nur wer im Besitz einer entsprechenden Devisenbescheinigung war, konnte damit rechnen, daß er die Möglichkeit zur Bezahlung der Einfuhr erhalten würde.
Im Laufe etwa der nächsten drei Jahre entstanden hieraus für Österreichs Autoren, Komponisten, Musik- und Buchverleger außerordentlich große Probleme, die existenzgefährdend wurden. Der 1934 verkündete „Neue Plan“ basierte – um, nebenbei bemerkt, die ganze Rüstungshochkonjunktur in Gang zu halten – auf der organisierten Sparsamkeit in der Verwendung ausländischer Güter. Da Bücher nicht kriegsnotwendig waren und außerdem wertmäßig bloß 1 bis 2% der Inlandsproduktion ausmachten, konnte man ja hier Devisen einsparen.
Während also die Transferierung von Geldern aus dem Warenverkehr (darunter Bücher) zwischen Deutschland und Österreich durch das sog. Clearing-Abkommen geregelt wurde, bestand hingegen in der Frage der Liquidierung von Tantiemen- und Honorarbeträgen aus Deutschland nach Österreich eine grundsätzlich andere Situation. Die Gegenseitigkeitsbestimmungen bezogen sich auf materielle Güter, nicht aber auf „geistiges Gut“. Eine Entschärfung dieser Lage wurde allerdings erst durch das im Jänner 1937 in Wien abgeschlossene Handelsabkommen in Aussicht gestellt. Dazwischen gehörten Vorsprachen und Interventionen in Berlin zur Tagesordnung.
Verfolgen wir nun dieses Problem erstens vom Standpunkt der Autoren usw. aus und zweitens vom Standpunkt des österreichischen Verlags. Gemeinsamer Nenner bzw. eine Parallele war eben die tatsächliche Sperre von Erlösen aus Honoraren oder dem Verkauf von Büchern im Deutschen Reich. Autoren wie Verlage hatten nur geringe Möglichkeit, ihr eigenes Geld aus Deutschland zu bekommen.
2. Der Kampf der Autoren
Der Kritik am reichsdeutschen Buchdumping im Herbst 1935 hielt Guido Zernatto entgegen, daß neun von zehn österreichischen Autoren ihre Werke in Deutschland verlegten und daß deren Werke für den österreichischen Käufer um 25% billiger würden. Das war auf den ersten Blick weder ein unvernünftiger noch ein unpatriotischer Standpunkt, aber was Zernatto dabei nicht erwähnte, war, daß verbilligter Absatz österreichischer Autoren in der Heimat eine Angelegenheit, die Transferierung der ihnen zustehenden Honorare aus dem Verkauf in Deutschland wieder etwas anderes war. Für solche Zahlungen wurde es eben im Rahmen der auf Rüstung und Kriegsvorbereitung ausgerichteten nationalsozialistischen Wirtschaftspolitik immer schwieriger, für weniger wichtige Wirtschaftszweige, wie z.B. das der Reichsschrifttumskammer unterstehende Schrifttumsgewerbe, Devisen zu bekommen.
Vorkämpfer und zugleich Leidgeprüfte waren in dieser Hinsicht die Vertreter (und Mitglieder) der A.K.M., der Staatlich genehmigten Gesellschaft der Autoren, Komponisten und Musikverleger. Ursache des Problems waren wirtschaftliche, zuweilen aber auch handfeste politische Momente. Ernst wurde das Problem im Geschäftsjahr 1934/35, als der „Neue Plan“ zum Tragen kam, denn A.K.M.-Einnahmen kamen nun einmal zum überwiegenden Teil aus Deutschland. Konkret sah das folgendermaßen aus:[4]
Bruttoeinnahmen 1933: | – aus Österreich: | S 730.811 |
– aus Deutschland: | S 2.525.535 | |
Bruttoeinnahmen 1934: | – aus Österreich: | S 690.159 |
– aus Deutschland: | S 2.463.454 | |
Bruttoeinnahmen 1935: | – aus Österreich: | S 826.699 |
– aus Deutschland: | S 2.607.012 | |
Bruttoeinnahmen 1936: | – aus Österreich: | S 853.053 |
– aus Deutschland: | S 2.375.256 |
So stammten ca. 78%, d.h. acht von zehn Schilling der Gesamteinnahmen, aus Deutschland, und obwohl diese Zahlen Verschiedenes und nicht nur Autorenhonorare, Nebenrechte usw. umfassen, sprechen sie, was die finanzielle Abhängigkeit für österreichische Kulturschaffende von Deutschland anbelangt, eine ziemlich deutliche Sprache. So hat sich die „österreichische Autorenschaft“ im Herbst 1934 u.a. an die Österreichische Nationalbank gewendet, um ihr Leid über die „Devisenbeschränkungen der Auslandsstaaten“ zu klagen und mit Auswanderung zu „drohen“.[5]
Im Jahre 1935 „erhielt“ die A.K.M. einen Betrag von rund 1,300.000 RM von der STAGMA[6], transferiert wurde diese Summe allerdings nur zu einem Bruchteil. Es sei „tatsächlich unter unsäglichen Mühen gelungen, im Laufe des Jahres einen Teil der Beträge in kleinen Ratenüberweisungen hereinzubekommen“, heißt es im offiziellen Organ der A.K.M.[7] Diese blieben allerdings ein Tropfen auf dem heißen Stein. Die Lage verschlechterte sich zunehmend.
Anfang Oktober 1935 begab sich der Präsident der Gesellschaft der A.K.M., Bernhard Herzmansky, nach Berlin, um mit der STAGMA wegen Transferierung der in Deutschland eingeflossenen Erträgnisse aus österreichischen Autorenrechten zu verhandeln. Seit Mai dieses Jahres war die STAGMA mit der Transferierung der Erträgnisse zu etwa 50% im Rückstand, „und zwar pro Mai mit noch 50.000 RM, sowie mit allen Erträgnissen für Juni, Juli und August (zusammen ca. 300.000 RM), für welche die Transferierung zweckmäßiger Weise erst nach Überweisung der 50.000 RM pro Mai beantragt werden könnte“.[8]
Folglich mußte die A.K.M. auf Grund der Verringerung der Einnahmen vor Ende 1936 eine 40 %ige Reduktion der Alters- und Witwenquoten verfügen und die in Aussicht stehende geringere Dotierung des Fonds zur Förderung der ernsten Musik rückgängig machen.
Die Beziehungen zwischen der österreichischen A.K.M. und dem reichsdeutschen STAGMA waren so gestaltet, daß erstere Organisation keine Rechtsmittel in der Hand hatte, letztere zu Überweisungen der rückständigen Beträge zu verhalten. Dies war nur auf gütlichem Wege zu erreichen. Zu einer Krise zwischen beiden Organisationen kam es im Jänner 1936. Zu dieser Zeit gerieten die Zahlungen „insbesondere nach dem Verbot gewisser Veranstaltungen in Wien, deren propagandistische Bedeutung die künstlerische weitaus überwog“,[9] vollkommen ins Stocken. Als gegen Ende Jänner eine Deputation der A.K.M., bestehend aus dem Präsidenten Herzmansky, dem Staatsrat Josef Marx sowie den zwei Komponisten Franz Lehár und Wilhelm Kienzl, nach Berlin fuhr, um Verhandlungen mit den zuständigen Stellen zu führen, waren die anfänglich entgegenkommenden Herren im Propagandaministerium „auf einmal für sie unzugänglich“, wie sich der österreichische Gesandte in Berlin, Stephan Tauschitz, in seinem Bericht ans Außenamt in Wien ausdrückte.[10] Lehár wurde mitgeteilt, „daß es keinen Zweck hätte, mit den Herren zu sprechen, da sie von oben die Weisung erhalten haben, mit Rücksicht auf das Konzertverbot des Herrn Reichwein in Wien mit ihnen nicht zu verhandeln“. (ebda.)[11] Herzmansky, der in Berlin geblieben war, um wegen der Flüssigmachung der eingefrorenen Tantiemen mit Staatssekretär Hinkel zu verhandeln, mußte allerdings unverrichteter Dinge nach Wien zurückkehren, nicht ohne dem österreichischen Gesandten in Berlin einen Weg vorzuschlagen, um die Auswirkungen des Reichwein-Konzert-Verbots zu beseitigen.[12]
Der Zwischenfall liefert erneut einen Beweis dafür, inwieweit „wirtschaftliche“ Fragen von propagandistischen Faktoren beeinflußt werden konnten und auch wurden und inwieweit österreichische Stellen den deutschen Behörden ausgeliefert waren. Österreichische Verlage befanden sich in einem ähnlichen Dilemma, obwohl für sie noch erschwerend hinzukam, daß die Nichttransferierung von Erlösen bzw. Guthaben aus Deutschland zwangsläufig zur Aushöhlung des Firmenkapitals führen mußte.
3. Das Handelsabkommen 1937 und die Autoren
Einen Hoffnungsschimmer schien das am 27. Jänner 1937 nach längeren Verhandlungen in Wien unterzeichnete Abkommen des Warenverkehrs zwischen Österreich und dem Deutschen Reich zu bieten, das die Angelegenheit der Überweisung von Urheberrechtsentgelten neu ordnete. Es war nämlich durch ungeheure Anstrengungen möglich, die Einbeziehung der Urheberrechtszahlungen in das Zahlungsabkommen überhaupt durchzusetzen. Immerhin gab es eine ganze Reihe von Interessengruppen, für die die Frage einer halbwegs günstigen Regelung des Marktransfers ebenfalls von vitalster Bedeutung war.
Der Artikel 12 des Abkommens hatte folgenden Wortlaut:
Die Deutsche Reichsregierung wird die Überweisung von 240.000 RM zugunsten der Staatlich genehmigten Gesellschaft der Autoren, Komponisten und Musikverleger (A.K.M.) in Wien sowie von 60.000 RM für Forderungen aus Bühnenaufführungsrechten über die derzeit bereits laufenden monatlichen Zahlungen hinaus gestatten.[13]
Die Vertreter der A.K.M. bezeichneten den „erzielten Erfolg“ als „Höchstmaß des gegenwärtigen Erreichbaren“[14], nur eine Lösung brachte das Abkommen keine. „Trotz dieses an sich erfreulichen Erfolges müssen wir Ihnen aber nachdrücklichst vor Augen führen, daß die vor längerer Zeit eingetretene Krise nicht nur nicht überwunden ist, sondern von Monat zu Monat eine noch weitere Verschärfung dadurch erfährt, daß die monatlichen Schillingüberweisungen auch nicht annähernd den uns von der Stagma fortlaufend abzurechnenden Beträgen entsprechen“, heißt es z.B. im Bericht über die 40. ordentliche Generalversammlung der A.K.M. (ebda., S. 4f.). Im Bericht über das Geschäftsjahr 1935/36, der im April 1937 vorgelegt wurde, liest man, daß die Gesamteinnahmen für die A.K.M. aus Deutschland den Betrag von S 2,375.256 ausmachten, aber: „Wir müssen Ihnen sogleich mitteilen, daß am Bilanz-Stichtage der uns gebührende Anteil aus Deutschland nur zu einem Bruchteil transferiert, also in unseren Besitz gelangt war“ (ebda., S. 4). Gemessen am damaligen Preisniveau und Lohnniveau, war das horrend viel Geld.
Hinzu kommt noch eine weitere Erschwernis, die – wie wir sehen werden – auch die Existenz nach Deutschland exportierender österreichischer Verlage gefährdete. Kurz vor Zustandekommen des Zahlungsabkommens wurde von den deutschen Devisenstellen ein Erlaß herausgegeben, wonach österreichische Guthaben in Deutschland nicht nur nicht ohne Schwierigkeit nach Österreich transferiert werden konnten, sondern außerdem für die österreichischen Gläubiger nicht verfügbar waren, d.h. eingefroren wurden. So durfte die A.K.M. die in Deutschland liegenden enormen Markbeträge nicht mehr wie bisher zur Liquidierung von Auslandseingängen (also aus Österreich, Italien, Frankreich usw.) an ihre in Deutschland lebenden Mitglieder verwenden. Ähnlich ging es österreichischen Verlagen bei der Auszahlung von Honoraren an in Deutschland ansässige Autoren. Die A.K.M. (wie andere österreichische Stellen auch) mußte also zwecks Durchführung dieser Zahlungen an die deutschen Mitglieder bei der Österr. Nationalbank in Wien Markbeträge gegen Schilling kaufen, obwohl sie Millionenguthaben in Deutschland hatte.
Fünf Monate vor Abschluß des Geschäftsjahres 1936/37 hatte die A.K.M. also noch nicht einmal den erforderlichen Gegenwert für die Abrechnung pro 1935/36 überwiesen erhalten. Im März 1937 betrug der nicht zur Überweisung zugelassene Rückstand in Deutschland ungefähr 1,300.000 RM. Die „geringfügige Erleichterung“, die die Transfer-Schwierigkeiten durch das Abkommen von Jänner 1937 erfuhren, wirkte sich kaum fühlbar aus. Für das Jahr 1937 wurde der A.K.M. von der reichsdeutschen Devisenstelle der Schilling-Gegenwert von 240.000 RM bereitgestellt, welcher dazu dienen sollte, die bis Ende 1936 angewiesenen monatlichen Transferierungsraten von je 45.000 RM auf 65.000 RM pro Monat im Jahre 1937 zu erhöhen. Doch selbst diese Summe reichte nicht annähernd aus, den laufenden Eingang von etwa 125.000 RM (1,5 Millionen im Jahr) zu transferieren, geschweige denn den 1,3 Millionen RM betragenden Überweisungsrückstand herbeizuführen. Man schätzte, daß dieser Rückstand auch bei pünktlicher Entrichtung der monatlichen, erhöhten Raten zu 65.000 RM „bis Ende des Jahres [1937] auf nahezu 2,000.000 Mk ansteigen wird“[15]. Mitte November 1937 belief sich dieser Transferrückstand in Deutschland auf mehr als eineinhalb Millionen Mark.[16]
Durch diese Devisenpolitik konnte man Kulturschaffende, und nicht nur sie, wenigstens für den „wirtschaftlichen Zusammenschluß“ mit dem Deutschen Reich empfänglich machen.
Aber nicht nur die A.K.M., die ein anschauliches Beispiel aus dem Kulturbereich liefert, war Opfer der deutschen Devisenbewirtschaftung. Auch österreichische Schriftsteller schlechthin waren hart betroffen. Anhand von zwei konkreten Fällen erkennt man rasch die Kehrseite der Medaille, österreichische Schriftsteller in deutschen Verlagen betreffend. Wie G. Renner nachweist, war es ab Juli 1935 für Autoren notwendig, bei der Reichsschrifttumskammer einen Antrag auf Erteilung von Devisenerwerbsgenehmigungen zu stellen. Diesem konnte nur von ihr entsprochen werden: „Von der Reichsschrifttumskammer nicht befürwortete Anträge sind abzulehnen.“[17] Wie Renner ausführt, waren Honorarzahlungen an ausländische Autoren auch ohne Genehmigung möglich, aber nur dann, „wenn der Erlös aus dem Auslandsverkauf oder Verleih von Büchern und anderen Werken ausschließlich zur Honorarzahlung an die Verfasser dieser Werke verwandt werden soll“. (ebda., S. 102) Obwohl die Quellenlage es nicht zuläßt, eine generelle Aussage über die Behandlung österreichischer Autoren in Sachen Honorarauszahlung zu treffen, braucht man nicht sehr viel Phantasie dazu, sich die Behandlung mißliebiger Autoren vorzustellen. So konnte Robert Neumann von seinem deutschen Verlag (Engelhorn, Stuttgart) nach Anfang Juli 1934 die ihm zustehenden Autorenhonorare überhaupt nicht bekommen, d.h. keine Genehmigung für die Überweisung dieser Gelder erhalten. Neumann erhielt vom Verlag das folgende Schreiben vom 4. März 1937:
Wir bedauern, Ihnen sagen zu müssen, daß wir auf unseren wiederholt gestellten Antrag auf Auszahlung Ihres Guthabens heute vom Herrn Präsidenten des Landesfinanzamtes Stuttgart – Devisenstelle – folgenden Bescheid erhalten haben: „Ich bedaure, Ihrem Antrag vom 20.1.1937 nicht entsprechen zu können.“ (ebda., S. 102)
Einer Vielzahl von Autoren wird es wohl nicht anders gegangen sein. Besonders bemerkenswert aber ist der zweite von Renner aufgezeigte Fall des prominenten „nationalen“ Dichters Karl Hans Strobl. Auch er blieb von den Beschränkungen nicht verschont. Obwohl für ihn z.B. von der Reichspressekammer ein Treuhandkonto für Geldtransfers eröffnet worden war und Beträge eingezahlt wurden, erhielt er nur gelegentlich spärliche Geldbeträge. Der Kontostand des von der RPK verwalteten Kontos betrug im September 1936 bereits 7.723 RM (ebda., S. 104). Es ist nicht verwunderlich, daß Strobl politische Argumente anwendete, um den Zahlungsverkehr zu verbessern. In einem Schreiben an die RPK stellte Strobl nämlich fest, daß
wir nationalsozialistisch gesinnte Schriftsteller in Österreich heute im schwersten Daseinskampf stehen, da uns seitens der Regierung nicht die geringste Förderung zuteil wird, da wir von allen irgendwie einträglichen Aufgaben systematisch ausgeschlossen werden und da sich das Absatzgebiet im Inlande wegen der jüdischen und vaterländischen Einstellung des größten Teiles der Presse auf ein Mindestmaß verringert hat. (…) Ich bin nun vor allem ganz auf den Absatz in Deutschland angewiesen, wenn die Honorarüberweisung aber in dieser Weise gedrosselt wird, wie es jetzt geschieht, so bin ich der schlimmsten Not preisgegeben. (ebda., S. 104)
Ein im August 1936 zwischen Deutschland und Österreich abgeschlossenes Verrechnungsabkommen (BGBl. Nr. 292/1936) brachte für Autoren wie Strobl offensichtlich eine wichtige Erleichterung, insofern als die gegenseitigen Wirtschaftsbeziehungen auf Kompensation (also keinen direkten Zahlungsverkehr) im Clearingverfahren umgestellt wurden. Das bedeutete zumindest auf dem Papier, daß Warenaustausch und Zahlungsverkehr in beiden Richtungen einander die Waage halten sollten und daß somit Importe aus dem Erlös der Exporte bezahlt werden sollten. So wurde Strobl im September 1936 mitgeteilt, daß Überweisungen nach Österreich zurzeit in unbeschränkter Höhe über das deutsch-österreichische Verrechnungsabkommen vorgenommen werden können“. (zitiert nach Renner, S. 104a) Er bekam von nun an zwar ziemlich regelmäßig Geld überwiesen, doch nicht alles, was sich auf seinem Konto angesammelt hatte. Die Situation blieb wohl selbst für „Privilegierte“ wie Strobl weiterhin unbefriedigend.
4. Not der Verlage
Ganz besonders ab Jänner 1937 traten Behinderungen in der Ausfuhr österreichischer Bücher nach Deutschland auf, die man legitim von zwei Gesichtspunkten aus betrachten und beurteilen kann. Wirtschaftliche Sachzwänge und Mittel zur Erreichung von kulturpolitischen Zielen in NS-Deutschland lassen sich nicht so fein säuberlich trennen. Im folgenden haben wir uns mit recht komplizierten Wirtschaftsvorgängen zu befassen. Diese bilden den Hintergrund für eine Reihe von erheblichen Schwierigkeiten, auf die österreichische Verlage im Verkehr mit dem Deutschen Reich stießen. Zu nennen wären folgende Umstände:
das sogenannte Kontingentensystem, das praktisch eine Einfuhrbeschränkung österreichischer Bücher bedeutete
Kürzung des vereinbarten Kontingentes um 40-60% im Oktober 1937
der schleppende Transfer von Zahlungen aus Deutschland an österreichische Verleger
das „Einfrieren“ bzw. die bedingte Verfügbarkeit in Deutschland von Erlösen aus dem Verkauf österreichischer Bücher ebendort und der daraus entstehende
„freiwillige“ Zwang auf österreichische Verlagsanstalten, Druck- und Bindeaufträge zum Schaden der heimischen Wirtschaft nach Deutschland zu vergeben
Tätigung von Papiereinkäufen in Deutschland und als Konsequenz daraus
die Verminderung des Betriebskapitals der Verlage in Österreich selber.
a) Die rechtliche Grundlage
Wir aber haben hier keine Stelle, die einheitlich über Kontingent und Einfuhr orientiert wäre oder uns in einem solchen Fall zur Seite stehen würde. (…) Wir haben keine Stelle bei uns, die in der Lage wäre, uns darüber zu informieren. Niemand weiß, was los ist und wir sind ausgeliefert. Wir brauchen eine Stelle, die unsere Rechte wahrt, aber nicht nur einmal im Jahr bei großen Verhandlungen.[18]
So beklagte sich ein Vertreter des E.P. Tal-Verlags im August 1937. Dieser direkte Vorwurf ging an zwei Adressen: den Verein der Buch-, Kunst- und Musikalienhändler und die hochrangigen österreichischen Regierungsbeamten, denn – die Akten beweisen es – es herrschte – freundlich ausgedrückt – eine gewisse Unklarheit und in manchen Fällen völliges Unwissen über die Rechtslage und die tatsächliche Handhabe der Einfuhr österreichischer Druckerzeugnisse nach Deutschland.
Die rechtliche Grundlage bildete nämlich das Abkommen zur Regelung des Warenverkehrs zwischen Österreich und Deutschland vom 27. Jänner 1937. Ihr gingen Wirtschaftsverhandlungen im August, November und Dezember 1936 und Anfang Jänner 1937 voraus. Das Ziel der Verhandlungen war die allgemeine Steigerung des beiderseitigen Wirtschaftsverkehrs im Verhältnis zum Gesamtvolumen 1936. Der an sich nicht gerade schwierigen Vergrößerung des Volumens mußte allerdings die Notwendigkeit der Aufrechterhaltung eines reibungslosen Zahlungsverkehrs Konzession machen. Nur: die Devisenlage im Reich bereitete, wie erwähnt, der Einfuhr fremder Artikel jeder Art beträchtliche Schwierigkeiten. Konkret sollte die am 27. Jänner abgeschlossene Vereinbarung eine Erweiterung des Waren- und Wirtschaftsverkehrs zwischen den beiden Staaten um je etwa 40 Millionen Schilling bringen. Österreich sollte verstärkt land- und forstwirtschaftliche Produkte sowie Industriewaren nach Deutschland exportieren. Deutschland sollte seine Ausfuhr von Kohle und Koks sowie den Export von industriellen Artikeln nach Österreich steigern. Im Rahmen der Vereinbarung hat Österreich auch de facto den deutschen Reiseverkehr nach Österreich, der längere Zeit durch die sog. „Tausendmarksperre“ beeinträchtigt wurde, zumindest teilweise finanziert. Wie bereits erwähnt, sollten für deutsche Zahlungen für Entgelte aus Urheberrechten sowie für Filmgebühren jeweils ungefähr 1 1/2 Mill. Schilling verwendet werden.
Die deutschen Vertreter erklärten sich bereit) Devisenbescheinigungen für Bücher (Stat. Nr. 647 a) in Höhe der Einfuhr des Jahres 1933 oder 1936 zuzüglich 100.000 RM (200.000 S) zu erteilen, d.h. zum Transfer freizugeben. Bei Zeitungen und Zeitschriften hingegen würden solche Bescheinigungen nur in Höhe von 80% der Einfuhr des Jahres 1933 erteilt. Vorteil für die deutsche Seite: gerade diese beiden Jahre wiesen zweifellos bei fast allen Verlagen die niedrigsten deutschen Absatzziffern auf. Nach der Machtübernahme Hitlers verhielten sich alle Verleger abwartend, und im Reich herrschte eine ausgesprochene Absatzstagnation. Im Jahre 1936 war der Absatz künstlich durch diverse Maßnahmen gedrosselt worden. Man durfte also zwischen zwei Jahren wählen, die für den Buchhandel nicht gerade günstig waren. Das dem österreichischen Verlag auf diese Weise vom Deutschen Reich eingeräumte Kontingent entsprach auch durch einen anderen Umstand nicht dem tatsächlichen Absatz dieser Jahre: Direktsendungen, die bis zum 1. Juni 1936 möglich waren, sind darin nicht erfaßt worden.
Die Einfuhr von Büchern der Stat. Nr. 674 a betrug im Jahre 1936 nach der amtlichen deutschen Einfuhrstatistik 3,790.000 RM.[19] Vergrößert wurde dieses Devisenkontingent bzw. diese „Wertgrenze“ für österr. Bücher um 100.000 RM.
Für die Verteilung der Devisenbescheinigungen war, wie erwähnt, die Überwachungsstelle für Papier verantwortlich, die diese auf Grund der allgemein für sämtliche Länder und sämtliche Waren geltenden Regeln durchführte. Sie hatte sich hiebei in der Regel nach der Einfuhr des Kommissionsgeschäftes in den vergangenen Jahren zu richten, ohne jedoch hieran gebunden zu sein. Und da keine Möglichkeit zur Einflußnahme österreichischerseits gegeben war und Österreich sich bei den betreffenden Verhandlungen auch keine ausbedungen hatte, konnte die Überwachungsstelle Österreich gegenüber schalten und walten, wie sie wollte. Der „Kontingentenkuchen“ konnte nach Belieben aufgeteilt werden.
In Österreich herrschte die irrige Auffassung, daß jede einzelne Importfirma Anspruch auf ein bestimmtes Kontingent habe. In Wirklichkeit aber hatten weder deutsche Importeure, also die Kommissionäre, noch österreichische Exporteure, also die Verlage, einen solchen Anspruch. Und darin lag eben die Wurzel des sicherlich nicht ungerechtfertigten Unmuts und Mißtrauens bei den österreichischen Verlegern. Die Überwachungsstelle hatte sich in ihren Entscheidungen nicht zu rechtfertigen, und der Freiraum für Einflußnahme durch die RSK oder das Propagandaministerium hinsichtlich Drosselung der Einfuhr der Bücher von nicht genehmen Verlagen dürfte groß gewesen sein.
Die Wertgrenze von 3,790.000 plus 100.000 RM war für das ganze Jahr 1937 vorgesehen. Nur: wer über den Produktionsablauf der Verlage und die Hauptabsatzzeiten informiert war, mußte auch wissen, daß das Jahr durch das Weihnachtsgeschäft mit ansteigendem Verkauf und die tote Sommersaison gekennzeichnet war. Auf diese Tatsache nahm aber das Kontingentensystem keine Rücksicht. Ab März 1937 traten für die Verleger schwerwiegende Änderungen ein, schwerwiegend deshalb, weil üblicherweise in Erwartung des Weihnachtsgeschäfts mehr Bücher, vor allem Neuerscheinungen, an den Auslieferer in Leipzig schickte. Fortan war das nicht gut möglich. Für die Zeit ab März hatte die Überwachungsstelle in Berlin für den Rest des Jahres nach Abzug der Devisenbescheinigungen für Jänner und Februar von 435.200 RM noch eine Wertgrenze von 3,354.800 RM übrig, zu der das vereinbarte Zusatzkontingent zuzuzählen war.[20] So wurde der Gesamtbetrag von 3,454.800 RM gleichmäßig auf die restlichen zehn Monate des Jahres verteilt, so daß für jeden Monat ein Betrag von 345.480 RM zur Verfügung stand. Das mag der leichteren Buchführung der Überwachungsstelle gedient haben, entsprach aber nicht dem Verlagsbuchhandelswesen.
b) Auswirkungen auf österreichischer Seite
Die deutsche Regierung hat sich die Aufteilung der Gesamtkontingentensumme auf die Kommissionäre der österreichischen Verleger in Leipzig und damit auf diese Verleger selbst vorbehalten. Und ob die vertraglich vereinbarten Beträge auch wirklich zum Transfer freigegeben wurden und nicht einzelne Verleger in ihren Rechten verkürzt wurden, blieb völlig undurchschaubar. Die einzelnen Verleger wußten nämlich nicht, wie hoch „ihr“ Kontingent in Wirklichkeit war und tappten, was die Handhabung betrifft, somit im Dunkeln. Und nach Ansicht der Verleger erfolgte „die Zuteilung mehr oder weniger willkürlich“[21] Etwas besser informiert waren österreichische Verleger (wie z.B. Zsolnay,[22] die eine eigene Auslieferungsstelle in Deutschland hatten und nicht zusammen mit verschiedenen anderen durch einen Kommissionär vertreten waren.
Andere hatten keinerlei Kontrollmöglichkeit. Die Zuteilung des Jahreskontingents in monatliche Abschnitte stand in Widerspruch zur verlegerischen Produktion, die sich ja nicht gleichmäßig auf alle Monate verteilte. Es konnte leicht vorkommen, daß der eine Leipziger Kommissionär „größere Kontingentbeträge zur Verfügung hat, als er im Interesse seiner österreichischen Verlage verwenden kann, ein anderer dagegen viel weniger, als er benötigt. Der nicht verwendete Kontingentanteil des Ersten kann nun nicht dem zu gering bedachten Zweiten zur Verfügung gestellt werden, sondern verfällt in den meisten Fällen.
Auf diese Weise hat es die Überwachungsstelle in der Hand, die Einfuhr von Büchern österreichischer Verlage beliebig zu beschränken oder ganz zu drosseln, ohne daß eine offizielle Maßnahme sichtbar würde. Der österreichische Verleger erfährt vielmehr, meistens erst zu dem Zeitpunkt, zu dem er das fertig hergestellte Buch nach Deutschland liefern will, daß bedauerlicherweise im Augenblick das Einfuhrkontingent seines Kommissionärs erschöpft ist und daher die Einfuhr nicht erfolgen kann.“[23] So weit die Beschreibung dieser Praxis in einem Memorandum, das österreichische Verleger über Einfuhrschwierigkeiten verfaßten und im August 1937 Staatssekretär Guido Zernatto überreichten.
Es wäre aber falsch zu glauben, daß der Leipziger Kommissionär in dieser Frage bloß Erfüllungsgehilfe der Überwachungsstelle bzw. des Propagandaministeriums war. Es stand ihm – wenn auch nur beschränkt – frei, innerhalb des ihm genehmigten Kontingents gewissermaßen zu „jonglieren“. Und man darf nicht vergessen, daß der Kommissionär auch daran interessiert war, mit gutgehenden Büchern ein Geschäft zu machen. Maßgebend war nicht die Erteilung der Einfuhrgenehmigung an den einzelnen Verlag für einzelne Werke, sondern die monatliche Wertgrenze, doch wie die Akten zeigen, war der Vorwurf in Sturm über Österreich hinsichtlich der Handhabung nicht aus der Luft gegriffen:
Im übrigen wird das Argument des Devisenmangels nur jenen Verlagen gegenüber angewandt, die nicht genehm sind, während andere, genehmere Verlage nicht die mindesten Schwierigkeiten haben. Auch mit diesem Mittel also wird die Zensurierung österreichischer Verlage durchgeführt. (22.8.37, S. 5)
c) Zahlungen
Mag die beschränkte Einfuhr österreichischer Bücher eine beträchtliche Behinderung bedeutet haben, so waren die Zahlungsmodalitäten eine Praxis, an der österreichische Verleger ohne weiteres an den Rand des Ruins getrieben werden konnten. Zur Einstimmung ein authentischer Bericht eines Wiener Verlegers:
Die Geldüberweisung setzt sich aus drei Leidensstationen zusammen: Der Kommissionär versucht zu beantragen. Das ist der Start. Zu diesem Start wird er ganz willkürlich zugelassen oder nicht. Dann kommt nach einiger Zeit die Beauftragung (das heißt, der Kommissionär erhält die Zahlungsbewilligung und beauftragt die Reichsbank, uns im Clearingwege zu überweisen). Und eines Tages die Überweisung, das heißt, die Schillinge treffen leibhaftig ein. Obwohl zwischen der Beantragung und der Überweisung oft drei bis vier Monate vergehen, wird die Beantragung schon als ein Lichtblick betrachtet. Während vor einiger Zeit zum Beispiel monatelang nichts zur Beantragung zugelassen wurde, erhielten in letzter Zeit einige Verlage häufiger Beantragungen und ziemlich rasch auch Beauftragung; die Überweisungen hingegen brauchen immer länger und länger. Im vorigen Jahre dauerte es von der Beauftragung der Reichsbank zur Überweisung bis zum Eintreffen des Geldes in Wien oft nicht einmal einen Monat, jetzt sind im April zur Überweisung beauftragte Beträge bis heute [24. August 1937] noch immer nicht eingegangen. [24]
Eine ähnliche Schilderung konnte man im Sturm über Österreich lesen:
Man sucht den österreichischen Verleger auch dadurch mürbe zu machen, daß man seine Guthaben in Leipzig so langsam durch den Clearing überweist, daß er – falls er nicht sehr kapitalskräftig ist – an dem Erfolg seiner Bücher im Reiche zugrunde gehen kann. (loc. cit.)
Und in einer Eingabe an das BMfHuV klingt es nicht gerade optimistisch:
Während der österreichische Sortimentsbuchhändler von unserer Nationalbank in kürzester Frist die Zahlungsbewilligung erhält und die bezahlten Beträge innerhalb weniger Tage dem deutschen Exporteur zufließen, erfolgt die Gutschrift beim österreichischen Verlag erst nach einem viel längeren Zeitraum nach Zinszahlung des Betrages durch den deutschen Importeur; er schwankt zwischen vier Wochen und vier Monaten, dauert aber manchmal sogar noch länger.[25]
Aber die langen Wartezeiten waren nicht unbedingt die schlimmste finanzielle Gefährdung des österreichischen Verlags im Reich, schlimmer war es, wenn man nicht oder nur bedingt über den Erlös aus dem Verkauf im Reich verfügen konnte. So konstatierte die Zwangsgilde in einem „pro memoria“ für die österreichische Regierung:
Durch die eingefrorenen Guthaben im Deutschen Reich wird die Liquidität der österreichischen Verlage ungünstig beeinflußt.[26]
Ein Ausweg stand den österreichischen Verlagen offen, nämlich einer „Empfehlung“ Leipziger Kommissionäre nachzukommen, Druck- und Bindeaufträge nach Deutschland zu vergeben, um das Guthaben aufzubrauchen. Aber:
Der aus dieser Notlage geborene Versuch, die Einfuhrschwierigkeiten dadurch zu umgehen, daß die Druck- und Bindeaufträge nach Deutschland verlegt werden, schädigt nicht nur auf empfindlichste Weise die österreichische Buchindustrie, sondern verschärft auf die Dauer auch die Notlage der Verlage selbst, da die aus den in Deutschland hergestellten Werken erzielten Erlöse nicht nach Österreich transferiert werden können. So häufen sich diese Erlöse in Deutschland immer mehr und mehr an, zwingen die Verlage, immer mehr Werke in Deutschland herstellen zu lassen, bis sie eines Tages ihr gesamtes verfügbares österreichisches Kapital nach Deutschland transferiert haben und praktisch von allen Mitteln entblößt sind.[27]
d) Vergabe nach Deutschland
Eine Reihe von österreichischen Verlagen wurde somit in eine Zwangslage gebracht und mußte vor der deutschen Devisenbeschränkung und Einfuhrkontingentierung kapitulieren. Wie das vor sich ging, zeigt das Beispiel des 1867 gegründeten Verlags Carl Fromme in Wien, eines etwas weniger prominenten Verlages, der als Verleger des Jahrzehnteprojekts einer großen illustrierten Geschichte der deutschen Literatur in Österreich-Ungarn (Castle, Nagl, Zeidler) bekannt war und erst im Spätherbst 1935 in das Verlagsgeschäft mit der österreichischen Belletristik einstieg.[28] Auch für diesen Verlag war das Korsett des Kontingents zu eng, und auch er erfuhr vom Leipziger Kommissionär, „daß sie [die Firma H. Haessel, Kommissionsgeschäft] uns die für uns eingegangenen Beträge nicht überweisen kann, weil sie im Anschluß an ihr bisheriges Kontingent für Fromme keinen besonderen Betrag bewilligt erhält“.[29] Wie andere Verlage auch wollte Carl Fromme an dem im Jänner vereinbarten Zusatzkontingent von 100.000 RM teilhaben, denn
Wir mußten in den letzten Monaten schon verschiedene Buchbinderaufträge nach Leipzig vergeben um unser Guthaben wenigstens teilweise zu vermindern, sind aber außerstande und halten es auch im Interesse unserer heimischen Gewerbe nicht für richtig, diese Arbeiten noch weiter auszudehnen. (ebda.)
Das heimische Gewerbe war sich des großen finanziellen Problems voll bewußt: Österreichische Großdruckereien, Binde-, Klischeeanstalten u. dgl. waren die Verlierer. Nach einer längeren Darstellung des Großbetriebes Waldheim-Eberle – „Betr. Abwanderung von Druckaufträgen ins Ausland“ – vom 15. Oktober 1937, die an das Handelsministerium gerichtet wurde, seien nämlich „die Druckaufträge der Wiener Verleger zum größten Teil in die Tschechoslowakei oder nach Deutschland abgewandert“.[30] Die Arbeit in der Č.S.R. kam den österreichischen Verlegern so billig, weil die dortigen Löhne niedriger waren, der Export bedruckter flacher Bögen ins Ausland vom Staat subventioniert wurde und das Papier wesentlich billiger war als in Österreich. Waldheim-Eberle sah die größte Konkurrenz der österreichischen Druckereien in der Firma Rudolf M. Rohrer, Brünn, die in Baden bei Wien eine Filiale hatte. Und von manchen österreichischen Verlegern wurden mehr als 50% ihrer Produktion von Rohrer in Brünn gedruckt. Im Impressum stand freilich „Druck in Baden bei Wien“.[31]
Da Deutschland nur sehr geringe Mittel aus dem Erlös der importierten Bücher der ausländischen Verleger freigab, war Österreich gegenüber Deutschland im Jahre 1936 z.B. mit ca. 6 112 Millionen Schilling handelspassiv. Nach Österreich wurden in diesem Jahr um 15,664.000 S Druckprodukte aus Deutschland eingeführt, während der Exportwert der österreichischen Buchausfuhr nach Deutschland nur 9,065.000 S betrug. Und während der vorerwähnte Gegenwert für die deutsche Einfuhr seitens Österreichs klaglos in der ganzen Höhe nach Deutschland überwiesen wurde, konnte man das für den österreichischen Export nicht behaupten.
Es kann daher als naheliegend aufgefaßt werden, daß reichsdeutsche Kommissionäre angesichts der vielen Klagen über zu geringe Kontingente österreichischen Verlegern empfahl, ihre Produktion nach Deutschland zu verlegen. So schrieb das große Leipziger Kommissionsgeschäft Volckmar am 20. November 1937 an seine österreichischen Kunden:
Es kann daher immer wieder nur empfohlen werden, bei verstärkter Produktion entweder einen Teil der Herstellung nach Deutschland zu verlegen oder in gesteigertem Umfange deutsches Sortiment zu beziehen.[32]
Als der Inhalt des Schreibens allgemein bekannt wurde, löste es Empörung aus. Wenige Tage später lieferte es auch Gesprächsstoff in der letzten Besprechung der hochrangigen österreichischen Vertreter vor der Zweiten Tagung des Ausschusses für kulturelle Angelegenheiten zwischen dem Deutschen Reich und Österreich ab 29. November in Berlin. Hiebei wurde beschlossen, auch diese Frage im Kulturausschuß zu behandeln,
da dieses Verlangen eine indirekte Pression und gleichzeitig eine Bedrohung des österreichischen graphischen Gewerbes (Papier, Druck, Binderei, Klischee usw.) darstellt, da nur in dem Falle, wo das österreichische Buch tatsächlich von A bis Z in Deutschland hergestellt wird, von den deutschen Devisenstellen das Buch als in Deutschland hergestellt betrachtet und die Anrechnung gestattet wird.[33]
Wenn man versucht, diese Praxis von den selbstverschuldeten Wirtschafts- und Devisenproblemen Deutschlands, die die Wurzel allen Übels war, zu abstrahieren, bleibt ein ungeheuer raffinierter kulturpolitischer Streich über, der hervorragend geeignet war, einen kulturellen Anschluß zu fördern, das Verlagswesen allgemein in Österreich zu schwächen, die Möglichkeit zu eröffnen, in Deutschland selber verstärkt Einfluß auf die Programme österreichischer Verlage zu nehmen und einen Zweig der österreichischen Wirtschaft praktisch lahmzulegen. Vordergründig aber war diese für Österreich ungünstige Entwicklung – und das muß betont werden – eine logische Konsequenz der deutschen Devisenpolitik. Nur waren diese Gegenstände des Buchhandels wichtige Kulturgüter im zwischenstaatlichen Handel und nicht mit anderen x-beliebigen Waren zu vergleichen.
Es mag aus der Erfahrung heraus überraschend sein, daß – während bei der Besprechung am 24. November die österreichischen Kulturunterhändler darin einer Meinung waren, daß man das Thema Kontingentenerhöhung bei den Verhandlungen nicht anschneiden könne, zumal „den Büchern ein ziemlich großes Kontingent reserviert sei“[34] – das Thema der de facto erzwungenen Vergabe von Druck- und Bindeaufträgen nach Deutschland sehr wohl zur Sprache gebracht wurde. Das Protokoll läßt schließen, daß am eigentlichen Problem, das an sich nur über eine eher unwahrscheinliche, vollkommene Aufhebung des Kontingentsystems für Bücher zu lösen gewesen wäre, vorbeigeredet wurde. Da heißt es:
Es besteht Einvernehmen, daß eine Gefährdung des österreichischen Buchdruckes durch die Forderung der Herstellung österreichischer Verlagswerke im Deutschen Reiche vermieden werden soll. Falls die durch Überschreitung des Einfuhr-Kontingents entstandenen „eingefrorenen“ Markbeträge zur Bezahlung von Herstellungsarbeiten im Reich freigegeben werden können, wird der österreichische Verlag Herstellungsarbeiten in diesem Rahmen gern ins Reich legen. (ebda.)[35]
So wollten die Herren Hammerstein-Equord, Wolf, Wiedling, Morawa und Herzmansky die deutsche Wirtschaft offenbar ankurbeln. Von „Forderung“ konnte man übrigens nicht gut sprechen. Die „Empfehlung“ aus Leipzig war angesichts der Sachlage ein realistischer Ausweg, so schädigend er für das graphische Gewerbe in Österreich war, denn die Vergabe von Aufträgen nach Deutschland war schließlich und endlich finanziell im Interesse des betroffenen österreichischen Verlags.
Es war eine unglaublich groteske Situation entstanden: Zuerst schränkte Deutschland die Büchereinfuhr aus Österreich generell ein (Kontingent), leistete Teilzahlungen (Marktransfer) an den österreichischen Verlag äußerst schleppend (für das Guthaben bekam die österreichische Firma keine Zinsen), und im übrigen fror man seine Erlöse aus dem Verkauf zinsenfrei ein. Statt aber zu verlangen, daß diese Praktiken aufzuhören hätten, gab man sich österreichischerseits schon zufrieden, wenn Firmenguthaben überhaupt „freigegeben werden können“; dann würde man „gern“ Herstellungsarbeiten ins Reich verlegen! Das konnte aber nur den Beginn vom Ende eigenständiger österreichischer Verlagsanstalten bedeuten. Der Schluß trog nicht. Eines muß man aber der österreichischen Seite, die sonst „mit weichen Knien“ zu verhandeln pflegte, zugute halten. Man kam Anfang Dezember mit den Deutschen überein, im Rahmen des Möglichen anzustreben, „den Austausch von Gegenständen des Buchhandels den Beschränkungen handelspolitischer Abmachungen nicht zu unterwerfen“. (ebda.) Daß es beim Anstreben blieb, kann vorausgeschickt werden. Die Praxis hat das Ansinnen Lügen gestraft. Der zweite Teil dieses Protokollabschnitts ist interessant vor allem wegen der politisch-rassistischen Obertöne und leitet uns zur Frage der emigrierten Verlage über:
Als Übergangslösung wird von österreichischer Seite der Wunsch ausgesprochen, den österreichischen Verlagen, die vor 1933 in Österreich bestanden haben, ein zusätzliches Kontingent einzuräumen. (ebda.)
In welche Richtung diese Spitze ging und wie sehr die deutsche Seite diese Gedanken begrüßen mußte, ist nicht schwer zu erraten. Wir kommen somit zu ein paar Modellfällen.
5. Die besondere Lage der „emigrierten“ Verlage: der „sonderbehandelte“ Bermann-Fischer Verlag und der benachteiligte Bastei-Verlag
Österreich wurde im Mai 1936 in einer Ausgabe der angesehenen Wirtschaftswochenzeitung Österreichischer Volkswirt als „Verlagsland“ gepriesen.[36]
Österreich, vor allem Wien haben nämlich besonders im gegenwärtigen Augenblick so viele Vorbedingungen, ein Anziehungspunkt für verlegerische Neugründungen zu werden.
(…)
Nach unserer Kenntnis erwägt eine Reihe von ausländischen Verlagen aus den geschilderten [wirtschaftlichen und rassischen] Gründen die bisherigen Stätten zu verlassen und Österreich zum neuen Sitz zu wählen. (ebda.)
Schon Anfang November 1935 waren in einer Reihe von Wiener Zeitungen Meldungen erschienen, wonach einige große deutsche Verlagsanstalten die Absicht hätten, mit ihrer Produktion nach Österreich zu übersiedeln. Neue Vorschriften des Reichspropagandaministeriums) wonach Verlagserscheinungen nunmehr der nationalsozialistischen Idee zu dienen hätten, waren in diesem Schlüsseljahr 1935 erschienen. Es begann z.B. mit der Arisierung und Gleichschaltung der Zeitungsverlage im April dieses Jahres.[37] Aber ganz besonders mit der Verkündung der Nürnberger Rassengesetze waren Buchverlage, die jüdische Besitzer oder jüdische Leiter hatten, in eine schwierige Lage geraten.[38]
Am häufigsten kolportiert in Zusammenhang mit einer Abwanderung wurden die Namen S. Fischer, Berlin; Rütten und Loening, Frankfurt/Main; Jakob Hegner, Hellerau bei Dresden; Piper & Co., München und gelegentlich auch Ernst Rowohlt, Berlin. Vertreter mehrerer dieser Verlage hielten sich Zeitungsberichten zufolge Ende Oktober/Anfang November 1935 in Wien auf, um die entsprechenden Vorarbeiten durchzuführen. In den folgenden eineinhalb Jahren ließen sich drei davon in etwas „amputierter“ Form in Wien nieder. Es waren dies der S. Fischer Verlag (nun. Bermann-Fischer Verlag), der Piper-Verlag (als Bastei-Verlag) und der Verlag Jakob Hegner (als Thomas-Verlag Jakob Hegner). In allen drei Fällen blieb der rechtlich völlig getrennte „Stammverlag“ namentlich bestehen.[39]
Man wird der Sachlage gerechter, wenn man diesbezüglich von „übersiedelten“ oder „emigrierten“ Verlagen oder von „Sezessionsverlagen“ spricht. Österreich war kein besonders guter Boden für das, was man mit dem stark überstrapazierten Begriff „Exil-“ oder „Emigrationsverlag“ oder „Emigrantenverlag“ umschreibt. Wohl gab es schon bestehende Verlage, die sich exilierter Autoren annahmen (Tal, Gsur, Reichner), aber wenige Chancen hätten Verlage in der Art von Querido und Allert de Lange in Amsterdam oder Verlag Europäischer Merkur und Editions de Carrefour in Paris gehabt, um einige prominente zu nennen. Es fehlten dafür zwei wesentliche Voraussetzungen im „Verlagsland“ Österreich. Zum einen waren die im Reich unerwünschten, verbotenen Autoren – natürlich mit Ausnahmen – aus denselben Gründen im Dollfuß/Schuschnigg-Österreich personae non gratae, und zum anderen kam der Punkt, wo es zunehmend schwerer wurde, vom österreichischen Boden aus Anti-Nazi-Literatur in all ihren Formen zu produzieren. Man darf nicht übersehen, daß der Gedanke zur Auswanderung erst im Jahre 1935 und verstärkt nach dem September gefaßt wurde und daß die „Normalisierung“ der Beziehungen zwischen Österreich und dem Deutschen Reich infolge des Juli-Abkommens 1936 über kurz oder lang Österreich gegebenenfalls als „Basis“ für Emigrantenverlage ausschließen mußte. österreichische Duldung solcher Verlage wäre in Deutschland als eine eklatante Verletzung des Geistes des Juli-Abkommens aufgefaßt worden. Wie erinnerlich war die Einwirkung auf die sog. „Emigrantenpresse“ ausdrücklicher Bestandteil des „Gentlemen-Agreement“. „Emigrantenverlage“ wären also unter diesen Bedingungen kaum besser gefahren … Eher hätten „vorsichtige“ Verleger, die sich den notwendigen deutschen Absatzmarkt nicht vorbauten, eine Chance gehabt.
Von den drei Sezessionsverlagen – Bermann-Fischer, Bastei-Verlag und Thomas-Verlag Jakob Hegner – hatte der erstgenannte eindeutig die besten Startchancen in Österreich und im Reich. Daß Bermann-Fischer Besseres widerfuhr, geht daraus hervor, daß er erstens in der Ausgabe 1937 des Adreßbuchs für den Deutschen Buchhandel aufgenommen wurde und Börsenverein-Mitglied war[40] und daß zweitens sein Verlag nicht in Zusammenhang mit Boykottierungen „jüdischer Verlage“ erwähnt wird. Als neuerrichtete Verlage in Österreich waren alle drei in Hinblick auf Einfuhrbeschränkungen in Deutschland und die fixe Kontingentierung österreichischer Verlagswerke, die letzten Endes unter den alteingesessenen österreichischen Verlegern allgemein aufgeteilt werden mußte, aus Neid- und Konkurrenzgründen nicht überall mit heller Begeisterung begrüßt worden. So bildete man sich auf österreichischer Seite ein, daß das im Abkommen vom 27. Jänner 1937 vereinbarte Zusatzkontingent von 100.000 RM „in erster Linie für Verlagsneugründungen in Frage“ komme (so der Präsident der Zwangsgilde der Wiener Buch-, Kunst- und Musikalienhändler, Wilhelm Frick, mit einer Ansicht, die auch vom Handelsministerium verbreitet wurde).[41] Denn wie sollte mit neuerrichteten Verlagen verfahren werden, die im ‚Basisjahr’ 1936 nicht nach Deutschland lieferten? Wir kommen auf diese Frage später zurück. Eine Vereinbarung über die Verwendung des zur Verfügung stehenden Betrages (100.000 RM) für Verlagsneugründungen wurde zwar angestrebt, ist jedoch nicht zustandegekommen. Von deutscher Seite wurde also eine solche Verwendung lediglich „nicht als ausgeschlossen“ bezeichnet.[42]
Hinsichtlich der drei in Rede stehenden Verlage kann man in zwei Fällen – Bermann-Fischer und Bastei – feststellen, daß sowohl deren Behandlung durch die Behörden als auch deren Behandlung in der Kontingentenfrage extrem unterschiedlich war.
a) Der „sonderbehandelte“ Bermann-Fischer Verlag
Über den Bermann-Fischer Verlag ist mittlerweile sehr viel von höchst kompetenter Seite geschrieben worden. Zu nennen wäre die Darstellung in Peter de Mendelssohns Geschichte des S. Fischer Verlags und vor allem Gottfried Bermanns eigene Erinnerungen. Daher brauchen wir uns nur auf das zu beschränken, was weder bei dem einen noch bei dem anderen in entsprechendem Detail zu erfahren ist. Und in dieser Hinsicht muß einiges an der Verlagsdramatik, wie sie Bermann beschreibt, wenn nicht korrigiert, so dann doch relativiert werden. Denn der erste Eindruck, den man gewinnt, wenn man in die offiziellen Aktenbestände der österreichischen Regierung 1936 und 1937 Einsicht nimmt, ist, daß ob so vieler „Wichtigkeit“ man dem Bermann-Fischer Verlag so etwas wie eine „staatstragende“ Bedeutung beigemessen haben muß. Innerhalb von 1½ Jahren mobilisierte Bermann-Fischer persönlich im Namen seines Verlags Bundeskanzler Schuschnigg, den Staatssekretär für ausw. Angelegenheiten Schmidt, vier Abteilungen des Bundeskanzleramts, drei Ministerien, das Bundeskommissariat für Kulturpropaganda, die österreichische Gesandtschaft Berlin, den Bund der österreichischen Industriellen (Verband der Papier- und Pappe verarbeitenden Industrie, Verband der österr. Papier-, Zellulose-, Holzstoff- und Pappenindustrie). Wie wir sehen werden, kam Bermann die persönliche Bekanntschaft mit Politiker-Schriftsteller wie Hans von Hammerstein-Equord durchaus zugute. Überhaupt lohnte sich Bermanns großer Einsatz.
Die „Sonderbehandlung“ begann wohl damit, daß ihm als teilweise Abfindung seines Vertrags mit Fischer im Laufe der Verhandlungen, die von Peter Suhrkamp bzw. von ihm selber mit der RSK geführt wurden, sein Anspruch auf die Autorenrechte und Lagerbestände der der S. Fischer Verlag A.G. gehörenden Werke von 26 genannten Autoren anerkannt wurde. In einem weder bei de Mendelssohn noch bei Bermann zitierten Schreiben des Präsidenten der RSK an Bermann vom 30. April 1936 wird auch klargestellt, wie Deutschland dem in Wien neuzugründenden Verlag gegenüberstehen würde. Da liest man:
Vorbehaltlich der devisenrechtlichen Zustimmung bestehen hiergegen seitens der Reichsschrifttumskammer keine Bedenken; es wird aber ausdrücklich festgestellt, daß das Ausscheiden der genannten Autoren aus der S. Fischer-Verlags-A.G. auf Ihre unmittelbare Veranlassung unter freiwilliger Zustimmung der Autoren oder deren Erben geschieht. In der letzten Verhandlung vom 16.4.36, an der Sie und Herr Suhrkamp teilnahmen, wurde festgestellt, daß der von Ihnen im Ausland gegründete Verlag von der Kammer grundsätzlich nicht anders behandelt werden wird als jeder andere ausländische Verlag: d.h., der Vertrieb Ihrer Verlagsproduktion kann in Deutschland unter den für den deutschen Buchhandel geltenden Bedingungen geschehen, mit Ausnahme der in Deutschland unerwünschten Autoren und Bücher.
Vom Vertrieb innerhalb Deutschlands waren zu diesem Zeitpunkt die Werke von neun der von Bermann übernommenen Autoren ausgeschlossen. Dann als größter Akt der Sonderbehandlung heißt es im RSK-Brief an Bermann abschließend:
Es wird Ihnen ausnahmsweise gestattet, die gesamten Buchvorräte einschl. der Rohbestände von Werken dieser Schriftsteller bis zum 31. Mai 1936 nach Wien abzutransportieren; Sie sind verpflichtet, der Reichsschrifttumskammer den erfolgten Abtransport zu melden. Nach diesem Termin kann dieses Zugeständnis nicht mehr aufrecht erhalten werden.
Der Vertrieb der Werke der übrigen Autoren innerhalb Deutschlands ist z.Zt. frei. Neue einschränkende Maßnahmen des Reiches würden, soweit sie die von Ihnen übernommenen anderen Autoren betreffen, selbstverständlich dieses Recht zum Vertrieb in Deutschland entsprechend einschränken.[43]
Im Auftrag:
Die relativ geringe Stammeinlage von S 20.000 (die letzten 15.000 wurden zwei Monate vor dem „Anschluß“ bar eingezahlt!) anläßlich der handelsgerichtlichen Protokollierung in Wien ist verständlicher, wenn man ihr den Wert der Lagerbestände aus Deutschland gegenüberstellt. So konnte Bermann einen Buchbestand von über 780.000 Bänden mit einem Verkaufswert von 1,572.000 RM (= ca. S 3,144 000) als ‚Sacheinlage’ in die Firma einbringen.[44] Und noch dazu: nach entsprechender Neubindung konnten diese Bestände außerhalb des Kontingents für österr. Verlage nach Deutschland eingeführt werden, weil sie als in Deutschland hergestellt galten.
b) Auswirkung des Kontingents auf den übersiedelten Verlag
Nach der „Gründung“ des Bermann-Fischer Verlags in Wien – Bermann behauptet, dies wäre am 1. Mai 1936 geschehen, obwohl die Firma erst am 9. Juni ins Wiener Handelsregister eingetragen wurde[45] – hat der Verlag seine Tätigkeit unverzüglich aufgenommen. Bereits im Juli 1936 ließ Bermann einen Prospekt über sein Sortiment erscheinen, dem er im August einen zweiten folgen ließ. Beide nahmen Werke auf, die früher zum Programm des S. Fischer Verlags gehörten. Aber die Produktion war zweigleisig angelegt: einerseits kündigte der Verlag im Oktober 1936 acht Bücher an, „die zur Gänze in Österreich hergestellt wurden“ (Bermann),[46] andererseits wurden Rohbestände, die Bermann bis zum 31. Mai 1936 aus Deutschland abzutransportieren hatte, neu gebunden und wieder nach Deutschland exportiert.
Mitte Oktober traten plötzlich Schwierigkeiten auf, als der BFV nun tatsächlich „nicht anders behandelt“ wurde „als jeder andere ausländische Verlag“. Mit einem Wort: er lernte das Kontingentsystem, das für alle nach Deutschland exportierenden Verlage ein Joch war, kennen. Wegen der Schwierigkeiten entschloß er sich, sich an die österreichische Regierung zu wenden. Am 15. Oktober verfaßte Bermann-Fischer eine umfassende Eingabe, die er an diverse Ministerien, Abteilungen und hochrangige Politiker schickte.
„In der ersten Zeit“, führte er dort aus, „waren auch in dem lebenswichtigen Absatzgebiet für die hier gedruckten Werke: in Deutschland keinerlei Schwierigkeiten bezüglich der Einfuhr zu beobachten.“[47] Die Nachfrage nach Büchern seines Verlags in Deutschland sei z.B. so groß gewesen, daß vom kleinen Buch Hermann Hesses (Stunden im Garten) bereits vier Wochen nach Erscheinen die Auflage von 6000 Ex. vergriffen war und ein Nachdruck in gleicher Höhe veranstaltet werden mußte.
Aber Bermann-Fischer wußte ganz genau, mit welchen Argumenten er den österreichischen Regierungsstellen kommen mußte: erstens mußte er betonen, ein „österreichischer Verlag“ zu sein, und zweitens mußte er zeigen, wie der Verlag für die österreichische Industrie und Wirtschaft eine beträchtliche Bedeutung habe. Er ging also in seiner Eingabe mit dem Wort „österreichisch“ nicht gerade geizig um. Er führte gleich zwei Papierfabriken, sechs Buchdruckereien, drei Buchbindereien und Kartonagefabriken, Stereotypieanstalten usw. an, denen allen er Aufträge bereits erteilt habe. Zu diesem Behuf regte Bermann bei diesen Firmen an, sie mögen zu seinen Gunsten Unterstützungsschreiben an die Regierungsstellen schicken. So kamen diesbezügliche Schreiben sowohl von Privatfirmen als auch von Interessenverbänden zustande.[48] Und als Bermann-Fischer Anfang November 1936 nach Berlin fuhr, um nach dem Rechten zu sehen, fuhr der Chef einer Großbuchbinderei (J. Strobl) gleich mit.
Das eigentliche Problem schilderte er auf folgende Weise, wobei die Dringlichkeit durch Anführung eines seiner Autoren hervorgehoben werden sollte:
Erst bei der Auslieferung beiden letzterschienenen Bücher: dem Roman des österreichischen Bundesministers für Justiz: „Die gelbe Mauer“ und der Fürstin Lichnowsky: „Der Lauf der Asdur“ und knapp vor der Auslieferung des neuen großen Romans von Thomas Mann: „Joseph in Aegypten“ (von diesem wurden 10.000 Exemplare, über 750 Seiten stark, zur Gänze in Wien hergestellt) stellten sich unerwartete Schwierigkeiten ein. Die „Überwachungsstelle für Papier“ in Berlin versagte nämlich dem Leipziger Kommissionär des Verlages die Einfuhrbewilligung und verbot ihm darüber hinaus die Einfuhr der vom Bermann-Fischer Verlag in Österreich hergestellten Bücher überhaupt.[49])
Nach Ansicht Bermanns lagen dem Verbot „keineswegs politische Motive zugrunde“:
Den klarsten Beweis hierfür liefert die Tatsache, daß die in Deutschland gedruckten Bücher des Bermann-Fischer Verlages (es handelt sich dabei um Nachdrucke älterer Werke) anstandslos ausgeliefert werden können. (ebda.)
Aber den „Trumpf“ Hans von Hammerstein spielte er dennoch aus: Mit gutem Grund. Zwei Tage später richtete nämlich „Der Bundesminister für Justiz“ ein kurzes Schreiben an den Staatssekretär für ausw. Angelegenheiten, Guido Schmidt, und die diplomatische Maschinerie kam ins Rollen.
Der Bundesminister für Justiz
Lieber Freund!
Wien, am 17. Oktober 1936.
Ich bitte Dich, die beilegende Abschrift der vom Wiener Verlag Bermann-Fischer (früher S. Fischer, Berlin) an Dein Amt gerichteten Eingabe durchzufliegen und die positive Erledigung, an der mir sehr viel liegt, auch persönlich zu unterstützen. Die Sache ist wirklich außerordentlich dringend.
Mit den besten Grüßen
Hammerstein.[50]
Die Abt. 14 a des BKA (AA) richtete am 21. Oktober einen Erlaß an die Österreichische Gesandtschaft Berlin mit der Bitte um Intervention. Da heißt es abschließend:
Zur d.a. Kenntnisnahme und eventuellen Verwertung darf bemerkt werden, daß unter den jetzt gedruckten Werken auch ein Roman des österreichischen Justizministers Hammerstein-Equord ist. (ebda.)
Daß es sich hier aber um ein „Verbot“, um ein „Einfuhrverbot“ (Bermann) oder gar eine „Einfuhrsperre“ (BMU) handelte, war nur die halbe Wahrheit. Wieder wußte Bermann, wie er argumentieren mußte:
Was ein solches Verbot nicht nur für den neuen Verlag, sondern auch für die beteiligten österreichischen Industrien und Gewerbe bedeutet braucht nicht erläutert zu werden. Das Verbot würde vor allem den Verlag zwingen in Hinkunft seine Bücher in Deutschland zu drucken, so daß auch alle Papier- und Buchbindeaufträge notgedrungen nach Deutschland abwandern müßten. Unter solchen Umständen wäre die Existenz des Verlages in Österreich für die Dauer unmöglich. (…)
(…)
Abgesehen von den angeführten rein handelspolitischen Argumenten scheint es mit der Vorstellung eines gesamtdeutschen Sprachgebietes nicht recht vereinbar, in Österreich hergestellten deutschen Büchern weltberühmter deutscher Autoren aus rein merkantilen Gründen den Eintritt in den naturgegebenen Interessenkreis zu verwehren. (ebda.)
Reichliche Sympathie für seine Causa fand Bermann sofort bei den Bundesministerien für Unterricht sowie für Handel und Verkehr: für sie und alle anderen befaßten Stellen war der BFV nun plötzlich praktisch der einzige österreichische Verlag, der Bücher nach Deutschland exportierte und dabei Schwierigkeiten hatte. Der Referent des BMU witterte gar Böses hinter der Maßnahme der Überwachungsstelle für Papier. „Nach den vom Gefertigten ergänzend und vertraulich eingezogenen Informationen“ gelte „der Bermann-Fischer-Verlag in Deutschland als sog. „Emigranten-Verlag“ und wird als solcher nicht gerne gesehen.“[51] Auch Bermanns eigene Behauptung, daß der deutschen Maßnahme keine politischen Motive zugrundelägen, wird in Abrede gestellt, denn es dürfte
doch bei deutschen Stellen die Tendenz verwalten, dem Verlag die Arbeit nach Möglichkeit zu erschweren und den Vertrieb seiner Bücher in Deutschland auf ein Mindestmaß zu reduzieren. (ebda.)
Der deutschen Erklärung, die „Sperre“ wäre „mit der Kontingentüberschreitung für die Einfuhr von Papiererzeugnissen“ motiviert, schenkte der Referent des BMU auch nicht viel Glauben, obwohl das eigentlich der Kern des Problems war. Es sei „nicht ganz ausgeschlossen (…), daß die Sperre auf Betreiben anderer österreichischer Verlage zurückzuführen (sei), die im Bermann-Fischer-Verlag eine starke Konkurrenz erblicken und daher darauf hinarbeiten, daß dieser Verlag wieder von Österreich abwandere“. (ebda.)
Wie dem auch sein mag, der wahre Grund war viel prosaischer. Als nämlich die österreichische Gesandtschaft in Berlin den Fall untersuchte, stellte sich heraus,
daß es sich bei den angeführten Schwierigkeiten keineswegs um ein Einfuhrverbot, sondern lediglich darum gehandelt hat, daß die Überwachungsstelle für Papier den Antrag des Leipziger Kommissionärs, Fleischer, auf Erteilung einer Devisenbewilligung in der Höhe von 45.000 RM mit bloß 10.000 honoriert hat.[52]
Bermanns Leipziger Kommissionär, die Firma Carl Fleischer, hat am 2. November bei der Überwachungsstelle einen neuerlichen Antrag auf 20.000 RM eingebracht, der Anfang Dezember „nach wiederholten, auch persönlichen Interventionen“[53] auch bewilligt wurde. Bermann-Fischer „zeigte sich von dieser Erledigung befriedigt und erklärte, auf dieser Basis die weiteren dringenden Lieferungen, insbesondere für das Weihnachtsgeschäft, nach Deutschland tätigen zu können“. (ebda.) So wichtig waren die Kontingentsorgen des BFV, daß bei den einschlägigen Besprechungen anläßlich der österreichisch-deutschen Wirtschaftsverhandlungen im Dezember über sie „gesprochen und die Frage der Erledigung von Devisengenehmigungen für denselben diskutiert“ wurde.[54]
Aber wie sahen nun die Einfuhrverhältnisse für den BFV wirklich konkret aus? Zwischen Ende August und Ende Dezember 1936, also in den vier Monaten seiner neuen Produktionstätigkeit in Österreich, hat der BFV für ca. 120.000 S in Österreich hergestellte Bücher nach Deutschland ausgeführt. Auf Grund der Kontingentbeschränkung mußte allerdings ein Teil der für die österreichische Industrie bestimmten Aufträge „notgedrungen nach Deutschland vergeben werden“ (Bermann).
Sie wäre, wenn die Kontingentierungs-Schwierigkeiten, die die Herstellung einiger Werke in Deutschland zur Notwendigkeit machten, nicht vorhanden gewesen wären, wesentlich größer gewesen, nämlich um den Betrag, der aus dem Verkauf der in Deutschland hergestellten Werke erlöst wurde. Es handelt sich dabei um den Betrag von ca. 60.000 S, der durch die besonderen Umstände der österreichischen Wirtschaft entgangen ist.[55]
Demnach wurden betragsmäßig in den vier Monaten des Jahres 1936 zwei Drittel der Produktion im Inland, ein Drittel in Deutschland hergestellt.
Das Jahr 1937 brachte für den BFV neuerlich Schwierigkeiten und war von der Tendenz geprägt, einen immer größeren Anteil der Produktion nach Deutschland zu verlegen. Somit lernte auch Bermann-Fischer mit den devisentechnischen Behinderungen zu leben, nicht ohne die Hilfe der Regierung im Frühjahr 1937 noch einmal zu beanspruchen.
Hatte der BFV im zweiten Halbjahr 1936 ein Kontingent von 120.000 S erhalten, war Bermann nun zu Recht der Ansicht, daß der Lieferant hinsichtlich seiner Einfuhrmenge nicht schlechter gestellt werden sollte, als er im Jahre 1936 behandelt worden wäre. Es entspreche seiner Meinung nach den nunmehrigen [handelspolitischen] Abmachungen, daß er für das Jahr 1937 mit einem verhältnismäßig gleichen Betrage von 240.000 S – zur Lieferung berechtigt sein soll“. (ebda.) Das war allerdings ein Irrtum. So wurde ein entsprechender Antrag des Kommissionärs Fleischer an die Überwachungsstelle um eine dem tatsächlichen Bedarf entsprechende Kontingent-Erhöhung für den BFV, auch unter Berufung auf die neuen Wirtschaftsverhandlungen, abgelehnt, „mit der Erklärung, daß die Firma Fleischer mit ihrem bisherigen Kontingent für die Einfuhr der Bücher des Bermann-Fischer Verlages auskommen müßte“. (ebda.) Der Hinweis, daß der BFV im Jahre 1936 weit über das frühere Kontingent hinaus eingeführt habe, wurde nicht berücksichtigt.
Dadurch konnte die Firma Fleischer dem BFV für 1937 tatsächlich nur einen Betrag von 2.000 RM (später 2.500) pro Monat offiziell zur Verfügung stellen, während der effektive Bedarf nach Einschätzung Bermanns wesentlich größer sei. Dieser effektive Bedarf wurde nämlich als etwa zehnmal so groß, d.h. auf 20.000 RM pro Monat bzw. 240.000 RM pro Jahr, geschätzt. Daraus ist zu ersehen, daß der Wiener BFV allein mit der österreichischen Produktion nach knapp sechs Monaten ein ungewöhnlich florierendes Verlagsunternehmen war. Der angepeilte und erreichte Umsatz (d.i. Inlandsumsatz, Auslandsumsatz außerhalb Deutschlands, die kontingentierte Summe für den Absatz in Deutschland – 240.000 RM – sowie der Absatz der in Deutschland hergestellten Bücher) machte den BFV neben Paul Zsolnay Verlag in einer sehr kurzen Zeitspanne zu einem der größten belletristischen Verlage Österreichs. Es blieb dem BFV daher nichts anderes übrig, als sich erneut an die Regierung und an seinen Freund, den nunmehrigen Bundeskommissär für Kulturpropaganda, Hans von Hammerstein-Equord, zu wenden. Seine Wünsche – so verständlich sie vom Geschäftsstandpunkt aus waren – überstiegen allerdings bei weitem das realistische Maß, denn nicht nur er hatte es auf das Zusatzkontingent von 1 00.000 RM (S 200.000) für 1937 abgesehen. Seine Ansprüche auf den Kontingentkuchen würden nicht nur die Einverleibung der für österreichische Verlage allgemein vorgesehenen Kontingenterhöhung bedeuten, sondern auch das Kontingent a) der alteingesessenen Verlage und b) gegebenenfalls das weiterer neuerrichteter Verlage kräftig beschneiden. Außerdem würde eine Befriedigung der BFV-Wünsche existierende Verlage der Möglichkeit berauben, auch ihre Einfuhren nach Deutschland zu steigern. Was Bermann von der Regierung erwartete, geht aus einer Eingabe von Mitte Februar hervor:
Bei dem, im Verhältnis zum zur Verfügung stehenden Gesamtkontingent kleinen Betrag, um den es sich in diesem Falle handelt (240.000.-Mk. pro anno), sollte es, angesichts der deutsch-österreichischen Vertragsverhandlungen und unter Berücksichtigung der kulturellen und wirtschaftlichen Bedeutung des Verlages, möglich sein, die Behebung der Einfuhrschwierigkeiten zu erreichen, d.h. die Zuteilung eines ausreichenden Kontingents an den Kommissionär des Verlages, die Firma Carl Fr. Fleischer, Leipzig, bei der deutschen Überwachungsstelle für Papier durchzusetzen.
Es wird deshalb an die zuständigen Stellen die ganz ergebene Bitte gerichtet, in diesem Sinne auf die in Frage kommenden deutschen Stellen mitzuwirken, und damit dem Verlag den für seine und seiner Autoren Existenz unentbehrlichen deutschen Absatzmarkt zu erhalten.[56]
Das Handelsministerium hielt den Anspruch des genannten Verlags (für die Monate März-Mai 1937) „für billig“ und ersuchte die Gesandtschaft in Berlin „bei den kompetenten deutschen Stellen einzuschreiten“.[57] Nun waren die Ansprüche etwas bescheidener.
Das erbetene Kontingent würde sich aus der vorjährigen Einfuhr des Verlages nach Deutschland 80.000 S und einem weiteren Betrag von 20.000 S aus dem Zusatzkontingent von 200.000 S zusammensetzen. (ebda.)
Der Bundeskommissär für Kulturpropaganda, Hans von Hammerstein, ließ im Jahre 1937 ein zweites Werk im BFV erscheinen (Wald. Ein Roman aus dem alten Österreich), wobei das Ironische an dieser Neuerscheinung darin lag, daß sie – im Gegensatz zum ersten Werk – bei Oskar Brandstetter in Leipzig gedruckt wurde! Hammerstein intervenierte Anfang Mai 1937. Er kontaktierte sowohl den Leiter der österreichischen Delegation bei den Kulturverhandlungen mit Deutschland, Ges. Hoffinger, als auch den Kulturattaché bei der Deutschen Gesandtschaft in Wien, Dr. Hans Bernd v. Haeften. Während dieser meinte, man sollte das Thema BFV auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung des Kulturausschusses setzen, war Hoffinger auf Grund der Feststellung der Abt. 14 a im BKA eher skeptisch. Die für die Ausweitungsmöglichkeit der österreichischen Ausfuhr ungünstige Entwicklung des österreichisch-deutschen Verrechnungsverkehrs lasse allfällige Wünsche weiterer Zusatzkontingente für die nächste Zeit „wenig aussichtsreich“ erscheinen.[58] Eine solche Ausweitung zugunsten des BFV müßte also entweder auf Kosten der Kontingente anderer österreichischer Verlage oder des Zusatzkontingents gehen.
Im August desselben Jahres stand dem BFV trotz mehrfacher Reklamationen „monatlich nur ein Betrag von 2.500 RM für die Einfuhr der in Österreich hergestellten Bücher (…) zur Verfügung“.[59] Hier die wichtigsten Passagen aus der Stellungnahme Bermann-Fischers zu diesem Problem:
Im Jahre 1937 erhielt der Bermann-Fischer Verlag nach monatelangen Verhandlungen, die durch die österreichische Gesandtschaft in Berlin geführt wurden, ein Sonderkontingent von RM. 20.000.- zugeteilt mit der ausdrücklichen Erklärung, daß dieser Betrag für das ganze Jahr reichen müsse. Da dieses Sonderkontingent durch die Einfuhr der Frühjahrsproduktion des Verlages vollständig aufgebraucht wurde, steht dem Verlage für das kommende Herbstsemester mit Ausnahme der monatlich zu, Verfügung stehenden RM 2.500.- kein weiteres Einfuhrkontingent mehr zur Verfügung. Er wäre also, falls seinem Kommissionär kein weiterer Betrag zur Einfuhr zur Verfügung gestellt wird, genötigt, seine gesamte Produktion in Deutschland herstellen zu lassen. Abgesehen von dem erheblichen Ausfall, den das für die österreichische Papier-, Druck- und Bindeindustrie bedeutet, resultiert daraus für den Verlag ein Existenz gefährdender Zustand, da die Erlöse aus diesen in Deutschland hergestellten Büchern nicht transferiert werden und die außerhalb Deutschlands erzielten Erlöse aus diesen Büchern nicht ausreichen dürften, die Verlagsunkosten und die Honorarverpflichtungen des Verlages abzudecken.
Der Verlag hat sich bisher erfolgreich gegen den auf die geschilderte Weise auf ihn ausgeübten Druck, seine Bücher in Deutschland herstellen zu lassen gewehrt, und hat auf Grund der ihm zugeteilten Sonderkontingente bisher nahezu seine gesamte Produktion in Österreich herstellen lassen. Die dadurch eintretende, den Absatz außerordentlich schädigende Einfuhrverzögerung hat er in der Hoffnung auf eine Regelung der Kontingentfragen in Kauf genommen. Es wird dem Verlag jedoch nicht möglich sein, seine erheblichen Aufträge der österreichischen Industrie in diesem Herbst zu erhalten, wenn nicht die Zuteilung eines dem Bedarf einigermaßen entsprechenden Kontingents erfolgt. (ebda.)
Da im weiteren Verlauf dieses Jahres keine Wendung zum Besseren eintrat – und im Gegenteil die Situation sich, wie wir sehen werden, dramatisch verschlechterte – kann mit relativer Sicherheit angenommen werden, daß der BFV genötigt wurde, beinahe „seine gesamte Produktion in Deutschland herstellen zu lassen“.
Diese beträchtlichen Schwierigkeiten dürfen aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß der BFV sowohl in Deutschland als auch in Österreich eine günstige Behandlung erfuhr. Er hatte doch für die Jahre 1936 und 1937 immerhin Sonderkontingentzuteilungen (wie z.B. 20.000 RM) erhalten, von denen ein zweiter, ebenfalls emigrierter Verlag, der im Reich von vornherein auf weniger Wohlwollen stieß, nur träumen konnte: der Bastei-Verlag und dessen Geschäftsführer, der ehemalige Piper-Verlag-Teilinhaber Dr. Robert Freund.
Bermann wollte einfach mehr vom „Kontingentkuchen“ haben, als realistisch oder fair war, und sein Fall zeigt erneut, wie der sanfte „Druck“, Aufträge und Herstellung nach Deutschland zu verlegen, für Deutschland – ob kalkuliert oder nicht, sei dahingestellt – einen mehrfachen Gewinn bedeutete. Ausländisches Kapital, in diesem Fall österreichisches, bzw. Wertschöpfung wurde in Deutschland verwendet, um das dortige graphische Gewerbe (kostenlos) zu finanzieren. Das Kontingent brachte den doppelten Vorteil – die Ausfuhr von Devisen, egal, wem sie gehörten, zu beschränken, und das graphische Gewerbe mit Aufträgen zu versorgen. Und das alles auf Kosten der österreichischen Wirtschaft.
c) Der benachteiligte Bastei-Verlag
Nicht einmal einen Monat nach dem Abkommen im Jänner 1937 machte die Zwangsgilde das BKA und das BMfHuV darauf aufmerksam, „daß im reichsdeutschen-österreichischen Zahlungsverkehr im Buchhandel derzeit große Schwierigkeiten auftreten, welche den österreichischen Buchhandel äußerst hart treffen“.[60] Ein Opfer war der Bastei-Verlag, der im Oktober 1936 gegründet worden war, aber erst im Jänner eine Konzession erhalten hatte. Dem neuerrichteten Verlag wurde aus Leipzig im Februar mitgeteilt, daß es derzeit unmöglich sei, Zusagen für die Zahlungsbewilligung für die nach dem Deutschen Reich einzuführenden Erzeugnisse dieses Verlags zu erhalten.[61] Die kuriose Begründung unmittelbar nach Gewährung eines Zusatzkontingents für österreichische Bucheinfuhren in der Höhe von 100.000 RM lautete: die Bucheinfuhr aus Österreich sei so stark angewachsen, daß jede Vermehrung der Einfuhr ausgeschlossen sei. Die Zwangsgilde wußte allerdings zu berichten, „daß die Büchereinfuhr nach Österreich aus dem Deutschen Reich im Jahre 1936 mengen- und wertmäßig in einem ungleich größeren Verhältnis gestiegen ist als umgekehrt“. (s.o.)
Es schien also, als ob mehr hinter der Ablehnung des Bastei-Verlags steckte als bloß Kontingentengpässe. Der von dem nicht sehr gern gesehenen „Juden“ Dr. Robert Freund geführte Sezessionsverlag sollte nun in Deutschland nicht wieder Fuß fassen dürfen, und insoferne bestand ein großer Unterschied zwischen Freund und Bermann-Fischer.
d) Wünsche des Bastei-Verlags
Der Bastei-Verlag sollte
als typischer österreichischer Kulturverlag geführt werden, wie etwa im Deutschen Reich der Piper-Verlag, der Insel-Verlag oder Diederichs. Ein derartiger Verlag fehlte bisher in Österreich.[62]
Der Geschäftsführer Freund „beabsichtigt(e) in Wien einen Kulturverlag zu gründen, der das Beste österreichischer Kultur zeigt und die Verbindung mit dem westlichen Abendland aufrecht erhält“. (ebda.) Neben Übersetzungsliteratur (Maugham, Briffault, Maurois usw.) sollten dann „Romane von Egon Friedell und jungen österreichischen Dichtern“ ins Programm aufgenommen werden. „Für ein derart großes Verlagsprogramm“ sei „die Bitte um ein Kontingent von RM. 100.000 für das Jahr 1937 zur Einfuhr in Deutschland gewiß bescheiden“. (ebda.)
Die Bitte mag „bescheiden“ und vom Standpunkt der österreichischen Wirtschaft zu begrüßen gewesen sein, nur war sie zugleich unter den gegebenen Umständen vollkommen unrealistisch. Kern des Problems war wiederum das Zusatzkontingent, aus dem ja alle zu schöpfen hofften. Ohne Zuweisung aus diesem Kontingent konnte der Bastei-Verlag überhaupt nicht nach Deutschland exportieren. Daher ersuchte das BMfHuV am 20. Mal beim BKA (AA) um Erwirkung einer Zuweisung von Devisengenehmigungen „im Ausmasse von 20.000 Mk = 40.000 S“.[63]
Die österreichische Gesandtschaft in Berlin wurde aufgefordert, in diesem Sinne einzuschreiten. Sie trug den Fall beim Referenten der Reichsstelle für Devisenbewirtschaftung, von Schaeven, vor, aber:
Bezüglich des speziellen Falles des Basteiverlages bemerkte Herr von Schaeven auch bei diesem Anlasse, der Leipziger Kommissionär der Wiener Firma möge eben trachten, soweit als möglich aus seinen erhöhten Zuteilungen allenfalls unter Kürzung anderer österreichischer Verlagsanstalten den Bastei-Verlag Importe zu ermöglichen.[64]
Auch der Kommissionär Fleischer, der auch den BFV vertritt, bemühte sich um eine Lösung, und am 22. Juni konnte er der österreichischen Gesandtschaft folgendes mitteilen:
Ich habe leider eine besondere Zuteilung für den Bastei-Verlag gegenwärtig nicht erhalten können und es ist mir anheimgestellt worden, innerhalb der gegebenen Möglichkeiten diese Einfuhr zu bewerkstelligen. Es ist mir zwar möglich gewesen, einen Betrag von ca. RM 6000 für das Jahr 1937 aus meinen zur Verfügung stehenden Mitteln herauszunehmen und für die Verlagserzeugnisse der Firma Bastei-Verlag zurückzustellen. Damit ist aber nicht weiterzukommen, und ich habe erneut Antrag gestellt, mir eine besondere Genehmigung zu erteilen.
Daß mir in der letzten Zeit auf Grund besonderer Maßnahmen irgendwelche außergewöhnliche Zuteilungen gemacht wurden, kann ich bis auf den Fall, der die Firma Bermann-Fischer Verlag Ges.m.b.H. Wien, anbelangt, nicht sagen. Alles spielt sich nach wie vor innerhalb der Möglichkeiten ab, die seit langem schon maßgebend für die Einfuhr von Erzeugnissen österr. Verleger sind. (…)[65]
Nach Ansicht der Gesandtschaft in Berlin bestand daher „keine Aussicht auf Zuweisung von 20.000 RM aus dein Zusatzkontingent und es wird leider mit weitaus geringeren Beträgen gerechnet werden müssen“.
Das Außenamt in Wien wollte aber im Juni wissen, wie dann die Einfuhrkontingente überhaupt in Anspruch genommen würden und wie es nun speziell mit dem Bastei-Verlag stehe. In einer Verbalnote des Auswärtigen Amtes in Berlin wurde am 5. August folgendes mitgeteilt:
Im Rahmen der Devisenbewirtschaftung werden Devisenbescheinigungen für die Einfuhr von Büchern aus Österreich nicht dem einzelnen österreichischen Verlag, sondern den deutschen Importeuren erteilt. Die Wertgrenze für österreichische Bücher, in die der den Österreichern zugesagte Betrag von M 100.000 einbezogen ist, wird fortlaufend voll ausgenutzt. Eine Einfuhr von Büchern des Bastei-Verlages G.m.b.H. in Wien wäre nur dann möglich, wenn dem Kommissionär des Bastei-Verlages G.m.b.H., der Firma Fleischer in Leipzig, Beträge zugeteilt würden, die bisher anderen deutschen Kommissionären zugeteilt sind. Dies würde eine unbegründete Benachteiligung der anderen deutschen Kommissionäre bedeuten. Die zuständige innere Stelle ist daher zu ihrem Bedauern nicht in der Lage, dem Wunsche der österreichischen Gesandtschaft zu entsprechen.[66]
So mußte dieser neuerrichtete Verlag im Gegensatz zum BFV mit 6.000 RM (12.000 S) für das Jahr 1937 das Auslangen finden. Obwohl man diese Einfuhrbehinderungen wie immer mit devisenpolitischen Argumenten deutscherseits begründen konnte, war innerhalb des Zuteilungssystems für Willkür reichlich Platz. Da der Grund für die Benachteiligung des Bastei-Verlags im völlig unpolitischen Programm nicht liegen konnte, dürfte er in der Person des Geschäftsführers zu finden sein. Der „Jude“ Freund wurde allerdings Ende Juli 1937 auf eigenes Ersuchen seiner Stelle enthoben.
e) Der Oktober-Schock
Angesichts der hier ausführlich geschilderten Schwierigkeiten, die österreichische Verlage insbesondere mit dem Kontingent selbst nach der Erhöhung um 100.000 RM für das Jahr 1937 hatten, muß eine deutsche Maßnahme, die im Oktober mit sofortiger Wirkung in Kraft trat, einen großen Schock ausgelöst haben, insbesondere für Verleger. „Per sofort“ sollte nämlich eine Kürzung der Devisenzuteilungen auf 60% des im Jänner-Abkommen vereinbarten Gesamtvolumens der österreichischen Warenausfuhr nach Deutschland vorgenommen werden.[67] Diese Kürzung sollte völlig gleichmäßig, also ohne Ausnahme bestimmter Waren, wie z.B. Bücher, erfolgen. Um diesen Schritt zu verstehen, müssen wir uns noch einmal kurz mit dem Abkommen über die Regelung des Zahlungsverkehrs und der weiteren Entwicklung im zwischenstaatlichen Handel und Zahlungsverkehr im Verlaufe der Monate befassen.
Wie erinnerlich, war nach der Vereinbarung im Jänner eine Steigerung des deutschen Exports nach Österreich und des deutschen Imports aus Österreich für das Jahr 1937 von ca. 40 Mill. Schilling geplant worden. Voraussetzung für den Erfolg dieses Vorhabens war also einerseits eine tatsächliche, gleichmäßige Steigerung in beiden Richtungen und andererseits ein ausgeglichener Zahlungsverkehr. Dieser Zahlungsverkehr geriet aber arg ins Stocken, weil nämlich – wie sich schon Mitte des Jahres abzeichnete – die österr. Ausfuhren nach Deutschland die Einfuhren aus Deutschland beträchtlich überstiegen. Der Forderungsüberschuß Österreichs im österreichisch-deutschen Clearing war stetig und seit dem Spätsommer beinahe sprunghaft gewachsen. Das heißt: der Zahlungsrückstand auf deutscher Seite (also Devisenbeträge – RM – um die Einfuhren zu bezahlen) war derart gewachsen, daß man schon seit dem Sommer mit einem Eingreifen hätte rechnen müssen. Im November hatte dieser Rückstand die 29. Mill. RM-Marke überschritten.[68] Um diese Clearingspitze abzubauen, hat das Deutsche Reich Österreich Ende Oktober mitgeteilt, daß es die Einfuhr aus Österreich um etwa 40 – 60% kürzen würde. Dieser Schritt hatte eine rechtliche Grundlage: Nach dem Abkommen vom 27. Jänner 1937 (Art. 7, Z. 2) war vorgesehen worden, daß jener Partnerstaat, der in erheblichem Maß in Zahlungsrückstände geraten sollte, die Einfuhr aus dem anderen Partnerland einzuschränken verpflichtet war. So wurde eine Drosselung der österr. Ausfuhr angekündigt und die Dotierung des Reiseverkehrs-Kontos um 40% herabgesetzt. Nur: das Anwachsen der Clearingspitze war nur zum Teil aus der Entwicklung des Warenverkehrs zwischen beiden Ländern zu erklären. Wohl hatte der Wert der österr. Ausfuhr nach dem Reich 1937 erheblich stärker zugenommen als der Wert österr. Einfuhr aus dem Reich (was bei Büchern allerdings nicht der Fall war). Aber das Clearing, besser gesagt: die eingetretene Mehrbelastung des Clearings, wurde in hohem Maß durch andere Posten der Zahlungsbilanz in Anspruch genommen. Zu nennen wären: die österr. Stromausfuhr, die zwischenstaatliche Bahnabrechnung und Durchfuhrfrachten, für die deutsche Zahlungen zu leisten waren, der Postabrechnungsverkehr und schließlich in erheblichem Maß die – vertragsmäßig vorgesehene – Steigerung des deutschen Reiseverkehrs nach Österreich. Diese allein hatte nämlich das Clearing um etwa 12 Mill. Schilling mehr belastet als im ganzen Jahr 1936. So stand man – als Übergangsmaßnahme – vor der Alternative: Einschränkung der österr. Ausfuhr nach Deutschland oder Steigerung der österr. Einfuhr aus dem Deutschen Reich. Wer an diesem Zustand schuld war, soll hier nicht untersucht werden. Daß aber die Einfuhr nach Österreich nicht die gewünschte Höhe erreichte, konnte im Reich wohl vom Propagandaministerium lanciert – als Beweis des „schlechten Willens“ denunziert werden.[69] Nur war auf österr. Seite angesichts der unsicher gewordenen Konjunkturentwicklung der Erhöhung der österr. Einfuhr aus dem Reich eine Grenze durch den Bedarf gezogen. Verhandlungen im Jänner 1938 sollten eine Lösung bringen.
f. Auswirkungen der deutschen Einschränkung auf die Verleger
Die konkrete Auswirkung für die nach Deutschland exportierenden österreichischen Verlage läßt sich am leichtesten aus folgendem Schreiben der größten deutschen Kommissionsbuchhandlung, F. Volckmar, an ihre österreichischen Kunden ablesen:
F. Volckmar, Kommissionsgeschäft, Leipzig
Leipzig C 1, den 11. XI. 1937
Postfach 174
Sehr geehrte Herren!
Ich teile Ihnen hierdurch mit, daß ich mit Rücksicht darauf, daß mir Devisenbescheinigungen zur Zeit nur über geringere Beträge als bisher erteilt werden können, genötigt bin, die Einfuhr, den Barverkehr und die Auslieferung nach dem Reichsgebiet entsprechend einzurichten. Daher müssen die bei mir eingehenden Bestellungen nötigenfalls gekürzt oder zurückgeschickt werden.
Soweit es sich um Lieferungen aus dem Auslieferungslager deutscher Herstellung handelt, liegen keine Einschränkungen vor.
Mit vorzüglicher Hochachtung
F. Volckmar
N.S.: Ich bitte, mir vorläufig weitere Pakete für deutsche Firmen nicht zuzusenden.[70]
Die Kürzung des ohnehin karg bemessenen Kontingents für österreichische Bücher löste dementsprechend Empörung aus. Am eindringlichsten schilderte der Salzburger Verlag Anton Pustet seine eigene Lage. In einem langen Telegramm vom 13. November an Dr. Guido Schmidt wurde u.a. mitgeteilt, daß die zuständigen deutschen Behörden eine 50%ige Kürzung der österreichischen Bucheinfuhr nach Deutschland verfügt und die gänzliche Einstellung dieser Einfuhr in Aussicht gestellt hätten.
Begruendung: Keine Zuteilung von Devisen: Durchfuehrung dieser Maßnahmen bedeutet – unmittelbare – Existenzgefaehrdung des bodenstaendigen oesterreichischen Verlagswesens Begruendung: a. Was der August fuer Fremdenverkehr bedeutet ist die Zeit der letzten 6 Wochen vor Weihnachten fuer den Buchverlag: Zwangsbewirtschaftung der oesterr Buchausfuhr nach Deutschland ist aber nicht blos einmaliger Umsatzverlust sondern Zerstoerung der Kundschaftsbeziehungen also Dauer-Verlust b. Oesterreichische Maschinen oder Holz oder Lizenzen koennen nach allen Laendern exportiert werden. Buecher die in deutscher Sprache geschrieben stehen und fallen mit dem deutschen Markt. Verhaeltniszahlen unseres Absatzes: (75% in Deutschland 15% in Oesterreich 10% im uebrigen Ausland) Unsere diesjaehrige Herbstproduktion im Wert einer viertel Million Schilling plus teures Werbematerial eventuell hinfaellig. Wir ersuchen Eure Excellenz um Intervention. Genannte Maßnahme steht in vollem Widerspruch zum Wirtschaftsabkommen vom 27.1.37 und kann sich zum Vernichtungsschlag gegen das bodenstaendige oesterreichische Verlagswesen auswirken. Hingegen ist oesterreichischer Markt von reichsdeutschen Buechern ueberschwemmt. Wir ersuchen unter Berufung auf die werten Ausfuehrungen Euer Excellenz vor dem Bundestag um moeglichst sofortige Intervention. (…)
Verlag Anton Pustet Salzburg Reinermann Direktor[71]
Wie es der Zufall haben wollte, weilte am Tag, an dem das Telegramm bei Staatssekretär Schmidt einlangte, der Leiter der Wirtschaftsabteilung des deutschen Außenamtes in Berlin, Geheimrat Dr. Karl Clodius, in Wien. Schmidt ist es zu verdanken, daß Bücher aus der genannten Regelung ausgenommen wurden. Schmidt hat nämlich von Clodius
sofort verlangt, daß die Büchereinfuhr aus Österreich als kultureller Faktor des österreichisch-deutschen Verkehrs aus der allgemeinen Importkürzung aus finanziellen Gründen ausgeschaltet werde, widrigenfalls Österreich die Einfuhr deutscher Bücher sperren würde.
Geheimrat Clodius ließ am 16. November telefonisch dem Herrn Staatssekretär sagen, daß dem Wunsch Österreichs entsprechend die Büchereinfuhr im bisherigen Umfange zugelassen werde.[72]
Und am 16. November erging folgendes Telegramm nach Salzburg:
Verlag Anton Pustet zuhanden Direktor Reinermann Salzburg
Telegramm vom 13. erhalten bitte versichert zu sein dass ich Interessen österreichischen Verlagswesens selbstverständlich jederzeit rückhaltslos vertreten werde. Auf Grund von mir durchgeführter Intervention erlaube ich mir eine soeben eingelangte Mitteilung aus Berlin bekanntzugeben wonach die Ueberwachungsstelle ihre Weisung wegen Beschränkung der Bucheinfuhr aus Oesterreich zurückgezogen hat.
Staatssekretär Guido Schmidt[73]
Diese erfolgreiche Intervention hat die Reichspost, die die Meldung anderntags verbreiten durfte, gleich als „Ein Buchverkehrsabkommen mit Deutschland“ ausgegeben.[74] Es hätte in der letzten Zeit „Verhandlungen“ gegeben, die „zu einem durchaus befriedigenden Abkommen geführt“ hätten. Das einzig Stichhaltige an dieser Jubelmeldung war, daß die Mitteilung der Leipziger Kommissionäre vom 11. November „überholt“ sei. Dieses „Abkommen“, das nichts anderes war als die Ausklammerung des österr. Bücherexports von der Drosselung, beschrieb die Reichspost besonders deutschfreundlich. Es sei „in den Besprechungen von reichsdeutscher Seite alles bei den gegebenen Umständen zu erwartende Entgegenkommen bewiesen worden“ (ebda.). Am 20. November schickte Volckmar in Leipzig ein Rundschreiben an seine Kunden, in dem es u.a. hieß:
im Anschlusse an mein Rundschreiben A vom 11. November 1937 kann ich Ihnen erfreulicherweise mitteilen, daß die in Aussicht gestellte Kürzung der Bestellungen fortgefallen ist, und daß ich seit dem 18. ds. Mts. wieder in vollem Umfange liefere.
Ich gestatte mir aber den Hinweis, daß die Wünsche der österreichischen Exporteure auf vermehrte Einfuhr in letzter Zeit stark gestiegen sind, daß die Einfuhr aber wie bisher nur in beschränktem Umfange, etwa im Rahmen des Vorjahres möglich ist. (…)[75]
Diese Zurücknahme erstreckte sich also auf Bücher und (noch) nicht auf Musikalien, deren Kontingent um 40% gekürzt wurde. Die Nichtkürzung bei Büchern, die am Umfang der Clearingspitze keinerlei „Schuld“ trugen – im Gegenteil – war zwar ein kleiner „Sieg“, löste das Grundproblem aber nicht. Immerhin erreichte das Passivum im Außenhandel mit Büchern in den ersten 7 Monaten 1937 1,9 Mill. Schilling.[76] Sowohl die allgemeine Wirtschaftslage in Österreich als auch die Einfuhrverhältnisse im Deutschen Reich haben gewiß dazu beigetragen, daß seit August 1937 auffallenderweise gegenüber dem Vorjahr ein ständiger Rückgang in der österr. Verlagsproduktion eingetreten war, der bis über 10% ausmachte. Gemessen an der Bucherzeugung des Jahres 1936 hat sich z.B. für Oktober 1937 eine Verlustziffer von 12%, für November eine solche von 21,8% ergeben.[77] Mit ein Grund für diese Entwicklung dürfte die wirtschaftliche Notwendigkeit gewesen sein, Druck- und Bindeaufträge nach Deutschland zu geben, und die Verminderung des Betriebskapitals (Investition!) durch Einfrierung der Erlöse in Deutschland.
6. Die zweite (und letzte) Tagung des Kulturausschusses
Die Mitteilung über die Aufhebung der Kürzung des Kontingents führt thematisch zur zweiten und letzten Tagung des Ausschusses für kulturelle Angelegenheiten zwischen dem Deutschen Reich und Österreich, abgehalten zu Berlin vom 29. November bis 3. Dezember 1937 unter der Leitung des Vortragenden Legationsrats Fritz von Twardowski. Hiezu waren natürlich Vorbereitungen notwendig. Nach den Juli-Tagungen in Wien trafen sich – wie bereits mehrfach erwähnt – österreichische Vertreter zwei Mal um – z.T. mit den unmittelbar Betroffenen – „eine weitgehendste Konzentration im Auftreten gegenüber dem Deutschen Reiche zu erzielen. Als Aufgabe der Sitzung [über Bücher am 6. Oktober 1937] wurde die Präzisierung der österreichischen Forderungen auf dem Gebiete des Buchwesens gegenüber dem Deutschen Reiche und die Aufteilung der Behandlung nach der Zuständigkeit umrissen“.[78] Außer dem bereits Mitgeteilten sprach der Buchhändler-Syndikus Dr. Wisloschill von drei Fragengruppen: finanzielle, politische und administrative Fragen.
Zum zweiten Punkte regte er an, es möge von österreichischer Seite eine Milderung von Maßnahmen gegen österreichische Autoren und Verläge gegenüber den Stellen im Deutschen Reiche in dem Sinn vertreten werden, daß die Verbote gegenüber Autoren, die sich nur durch einzelne Stellen, nicht aber durch ihr gesamtes Verhalten, sowie gegen Verläge, die sich zwar durch Herausgabe einzelner Werke, aber nicht in ihrer Gesamtproduktion im Reiche unbeliebt gemacht haben, zurückgenommen würden. (ebda., S. 2)
So interessant diese Vorstellung gewesen sein mag, die Regierungsbeamten sind ihr nicht nähergetreten. Die in der Sitzung des Unterausschusses für Buchfragen des Ausschusses für die kulturellen Angelegenheiten zwischen Österreich und Deutschland im Juli angeregte engere Zusammenarbeit zwischen den Buchhändlerorganisationen beider Staaten bei der Veranstaltung der Woche des Buches wurde von den Vertretern der österreichischen Buchhändler interessanterweise als „nicht ‚in österreichischen Interesse liegend’ bezeichnet“. Mit Rücksicht auf die Notwendigkeit der Reziprozität sei „diese Frage mit großer Vorsicht zu behandeln“. „Es wird für die nächste Zeit besser sein, wenn Österreich keine zu enge Verbindung in dieser Hinsicht mit Deutschland sucht.“[79] Das bedeutete aber gegenüber dem Verhandlungsprotokoll vom Juli eine Kehrtwendung um 180 Grad. Auch in der Frage „Weimarer Konvention“ blieb der Verein weiterhin kühl und distanziert. In einem „pro memoria“ vom 12. November legte die Zwangsgilde ihre Beschwerden und Forderungen schriftlich dar. Hier verdienen einige Punkte Aufmerksamkeit, und zwar unter „finanzielle Beschwerden“ – die Forderung nach Außerkontingentstellung des Buches, bezw. Erhöhung des Kontingents. Freigabe von Devisen für Bücher, bezw. Buch-Clearing. Beschlagnahmte Bücher sind dem Verleger zum Rücktransport nach Österreich unbedingt freizugeben.[80]
Unter „administrative Beschwerden“ wurde als Mittel zur Behebung des leidigen Kontingentproblems vorgeschlagen:
Zuweisung aus dem Kontingent an die einzelnen Verleger durch das österreichische Handelsministerium und Bindung der reichsdeutschen Devisenstelle an diese Zuweisung. (ebda.)
Es wird daher festzustellen sein, welche von diesen vernünftigen und berechtigten Forderungen den Deutschen gegenüber überhaupt zur Sprache gebracht werden.
In der Woche vor der Berliner Tagung kam man erneut zusammen, um das von der Gilde den interessierten Stellen übermittelte „pro memoria“ punkteweise zu besprechen. Die Kontingentprobleme wurden von Regierungsvertretern prompt gestrichen, da „Verhandlungen hierüber im Kulturausschuß wohl nicht geführt werden könnten“.[81] Auch die Aufhebung der 10 Mark Freigrenze könne „nicht so ohne weiteres behandelt werden“. Was „Kontingentaufteilung“ und eine vorgeschlagene Neuordnung betrifft, konnte man, wie die Beamten erwiderten, „diesbezüglich selbstverständlich den Deutschen keinerlei Vorschrift machen“ (ebda.). Eines wollten die Kulturunterhändler aber doch: nämlich wissen, was da diese Reichsschrifttumskammer in Deutschland die ganze Zeit eigentlich tue. Denn sie war ihnen ein Buch mit sieben Siegeln. Trotz so viel Unwissen und Ahnungslosigkeit der österreichischen Vertreter war man wenigstens darin einig, daß die RSK eine „immerhin wichtige Rolle“ spiele, die „unbedingt geklärt werden müsse“. Eine solche Frage – wie geplant – im Kulturausschuß zu stellen, wäre gewiß nur mit schallendem Gelächter auf deutscher Seite beantwortet worden. Gelegentliche Lektüre des Börsenblatts durch die zu ständigen Ministerialbeamten in Wien hätte viel früher zur „Aufklärung“ beigetragen.
Die Tagung:
An der Tagung nahmen teil:
auf deutscher Seite:
Vortragender Legationsrat Dr. Fritz von Twardowski vom Auswärtigen Amt
Legationsrat Dr. Karl Resenberg vom Auswärtigen Amt
Geheimer Regierungsrat Arthur Gürich vom Reichs- und Preußischen Ministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung
Regierungsrat Dr. Heinrich Busse vom Reichs- und Preußischen Ministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung
Regierungsrat Franz Baron von Weyssenhoff vom Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda
Dr. Karl Megerle
Attache Oswald Freiherr von Richthofen von der Deutschen Gesandtschaft in Wien.
auf österreichischer Seite:
a.o. Gesandter und bev. Minister Max Hoffinger vom Bundeskanzleramt (Auswärtige Angelegenheiten)
Bundeskommissär Hans Hammerstein-Equord
Sektionschef Dr. Egon Loebenstein vom Bundesministerium für Unterricht
Sektionsrat Dr. Wilhelm Wolf vom Bundeskanzleramt (Bundespressedienst)
Sektionsrat Dr. Franz Marenzi vom Bundeskanzleramt (Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit)
Legationsrat Dr. Rudolf Seemann von der österreichischen Gesandtschaft in Berlin.
Das Zusammentreffen der Vertreter beider Seiten, um über gegenseitige Kultur- und Buchfragen zu diskutieren, sollte auch sonst ein diplomatisches Ereignis sein. Die deutsche Seite hatte vor der konstituierenden Sitzung im Februar in Wien, für eine entsprechende gedruckte Stimmung gesorgt. Als „Auftakt“ zwei Tage vor Ankunft des Reichsdeutschen Außenministers Neurath in Wien hatten die Herren im Propagandaministerium in Berlin den Einfall, sofort die Verbreitung der Neuen Freien Presse, die sogar vor dem 11. Juli 1936 und auch weiterhin gestattet gewesen war, auf einmal zu verbieten. Die formelle Begründung lautete, daß sie im Abkommen vom 11. Juli nicht als zugelassen erwähnt war. Mündlich und unter der Hand wurde zugegeben, daß die Blitzmaßnahme der Pression zur Erweiterung der Freiliste deutscher Zeitungen in Österreich diene.[82] So glaubte auch der österreichische Gesandte in Berlin nicht zu Unrecht an einen „absichtlichen Störungsversuch des Propagandaministers“.[83] Gleich Spektakuläres ließ sich die deutsche Seite auch im November/Dezember 1937 einfallen, mit dem kleinen Unterschied, daß die Boykottaktion gegen österreichische Verlage im Reich erst bekannt wurde, als die österreichischen Vertreter wieder in Wien waren. Aber zu diesem Zusammentreffen gehörte freilich mehr als nur „Sitzungen“. Im Frühjahr in Wien wurden die deutschen Kulturreferenten zu Führungen zu den Stiften Heiligenkreuz, Klosterneuburg und Göttweig eingeladen, aber nicht nur um der Kultur willen. Der Sekretär von Dr. Guido Schmidt, Dr. Albin Eugen Lennkh, wurde nämlich „haftbar gemacht, daß kein Mitglied der kulturpolitischen Delegation mit den illegalen Nationalsozialisten in Verbindung kam“.[84]
Nach einem viertägigen Aufenthalt reiste die Delegation von Wien ab. Ich habe Herrn Dr. Schmidt gemeldet, daß kein Teilnehmer der Delegation mit einem Illegalen in Berührung gekommen ist. Während der Anwesenheit dieser Männer in Wien habe ich die Leute keinen Augenblick aus den Augen gelassen. (ebda., S. 73 f.)
Das Programm für die Zweite Sitzung in Berlin war dichtgedrängt. Hier eine „Begrüßung“, dort ein „Frühstück“, hier ein „Geselliges Beisammensein“ und noch eine „Begrüßung“, abends ein „Besuch der Staatsoper“, darin ein „Abendessen“ im Hotel Bristol, dann ein „Diner“ usw. Zwischendurch fanden auch „Sitzungen“ statt. Bis auf den „Führer“ persönlich traten praktisch alle hochrangigen Nazis auf, um die österreichischen Gäste willkommen zu heißen: eine Reihe von Ministern, darunter Propagandaminister Goebbels, der Preußische Ministerpräsident Hermann Göring und eine Reihe von Staatssekretären.
a) Die Verhandlungspunkte
Ausgangspunkt der letzten Tagung vor dem „Anschluß“ war die Erkenntnis, daß der kulturelle Zusammenschluß Österreichs auf deutscher Seite, nicht so vonstatten gegangen war, wie man es sich erwünscht und erhofft hatte. Denn es galt noch „Mittel und Wege zu finden, um im Sinne des mehrfach von beiden Regierungen bekundeten Willens zu einer engeren Zusammenarbeit zwecks Förderung der gemeinsamen deutschen Kultur zu gelangen“.[85]
Obwohl die österreichische Seite im gesamten kulturellen Bereich, was Deutschland selber betrifft, kaum Wünsche, bestenfalls kleine Beschwerden vorzutragen hatte, war die deutsche Seite in vielen Bereichen unzufrieden. Die Zementierung der „gemeinsamen deutschen Kultur“ war eine Einbahnstraße von Deutschland nach Österreich. Und wenn man die betreffenden Protokolle ansieht, so gewinnt man den Eindruck, daß das Ziel die Legalisierung des Nationalsozialismus als „Staatsweltanschauung“ in Österreich war. Während bei „Wissenschafts- und Unterrichtsangelegenheiten“ eine gewisse Harmonie herrschte, war in den weiteren acht behandelten Punkten iii. der Regel das Gegenteil der Fall. Das läßt darauf schließen, daß das offizielle Österreich an der deutschen Einmischung nicht interessiert war. Der „deutsche Kurs“ verpflichtete Österreich aber zu Konzessionen, was die Betätigungsfreiheit der Austronazis und der Reichsdeutschen in Österreich betrifft. Ein Problem war das „Vortragswesen“. Besonders verärgert war die deutsche Seite über die Behinderung reichsdeutscher Vorträge in Wien und in den Bundesländern. Nur konterten die österreichischen Mitglieder, „daß es bei solchen Vorträgen – wenn auch ohne Zutun des reichsdeutschen Vortragenden – wiederholt zu Kundgebungen mit einer unerwünschten politischen Tendenz gekommen sei“. (Protokoll, S. 4) Daß diese „nichtparteipolitischen“ reichsdeutschen Vorträge der Anlaß zu Nazi-Kundgebungen und Provokationen waren, lag ja auf der Hand. Der Kulturausschuß bezeichnete „eine großzügige Beurteilung der Zulässigkeit von Vorträgen als wünschenswert“ (ebda., S. 5). Auch im „Filmwesen“ war – aus deutscher Sicht – nicht alles zum besten bestellt. Trotz heftiger deutscher Beschwerden im Februar und Juli dieses Jahres „über ungleichmäßige und mitunter übermäßig strenge Handhabung der Filmzensur in Österreich“ sei das Problem in der Zwischenzeit nicht behoben worden. „Befriedigende Ergebnisse“ hingegen seien – aus deutscher Sicht – im Bereich „Rundfunk“ erzielt worden. So sei der im Sommer beschlossene Gedankenaustausch zwischen der Reichsrundfunkgesellschaft und der Ravag-Wien in die Wege geleitet. Auch der „Sport“ sollte dem Zusammenrücken beider Länder dienen. Immerhin wurde ja „die gemeinsame Förderung der körperlichen Ertüchtigung (…) als wertvolles Mittel zur Pflege der gesamtdeutschen Kultur betrachtet“ (Protokoll, S. 7). Das sei alles „unpolitisch“, versteht sich. Aber: „Das Zeigen der Staatsflaggen [Hakenkreuz!] und Spielen der Nationalhymnen soll im Rahmen des zwischenstaatlich allgemein üblichen gegenseitig gestattet sein.“ (Protokoll, S. 8) „Volksdeutsche Zusammenarbeit“ mußte auch gepflegt werden, was einer gewissen Aufwertung von altbekannten gesamtdeutsch-nationalsozialistisch ausgerichteten Organisationen wie dem „Deutschen Schulverein Südmark“ gleichkam. Zu „pflegen“ galt es natürlich auch die „Frontkämpfer-Kameradschaft“. „Die reichsdeutschen und österreichischen Ausschußmitglieder stimmten in der Ansicht überein, daß die Pflege der Erinnerung an die Waffenbrüderschaft im Weltkrieg ein wertvolles Mittel zur Vertiefung der freundschaftlichen Beziehungen zwischen dem Deutschen Reiche und Österreich darstellt.“ (Protokoll, S. 10) Sie diente wahrscheinlich aber zu mehr als nur dazu.
Und schließlich behandelte der Ausschuß „Kulturverträge“. Die Vertreter „empfahlen“, daß die beiden Regierungen sich „vertraulich“ kontaktieren sollten, wenn sie mit dritten Staaten Kulturabkommen zu schließen gedachten. Obwohl Österreich sicherlich nicht übermäßig neugierig war, zu erfahren, mit wem NS-Deutschland Kulturverträge abschloß, wollte die andere Seite über den außenpolitischen Kurs Österreichs bestimmen und über, wie es heißt, „die damit verbundenen gemeinsamen Probleme“ informiert werden. (Protokoll, S. 10f.)
Man sieht also, wie breit das Spektrum „kulturelle Beziehungen“ war, das Spektrum, in dem auch „Buchfragen“ untergebracht waren.
b) Buchfragen
An der Sitzung des Unterausschusses für Buchfragen nahmen folgende Herren teil:
Dr. Karl Megerle (Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda)
Dr. Paul Hövel (Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda)
Bundeskommissär Hans Hammerstein-Equord (Bundesministerium für Unterricht) Sektionsrat Dr. Wilhelm Wolf (Bundeskanzleramt)
Sektionsrat Dr. Franz Marenzi (Bundeskanzleramt)[86]
Auch an der Bücherfront dürften die Dinge nicht so gelaufen sein, wie die reichsdeutsche Seite es sich vorgestellt hatte. Der Präambel des Berichts dieser Sitzung ist nämlich zu entnehmen, daß „auf Grund der bisherigen Erfahrungen“ das Ziel der Verhandlungen – „die Normalisierung des Bücheraustausches und der weitgehende Abbau der bestehenden Behinderungen“ – „neuerlich“ „bekräftigt“ werden mußte. Also ein Wink mit dem Zaunpfahl in Richtung Österreich. Dieser Grundauffassung sollte bei der künftigen Verbotspraxis dort „mehr als bisher Rechnung“ getragen werden. In der Zwischenzeit waren ja zu den bestehenden Verboten noch mehr hinzugekommen. Österreich gab sich in diesem Punkt eher konziliant und flexibel. Ein Hindernis für die Aufhebung von Verboten in Österreich war die Praxis der gerichtlichen Beschlagnahme, die ein Umstoßen von Gerichtsurteilen bedingen würde. Man sicherte der deutschen Seite also zu, daß „zu diesen Formen der Bücherverbote nur in den unumgänglichsten Fällen gegriffen“ werde (Bericht, S. 2). Die Vertreter nahmen nun die Beratung der Liste 2 der reichsdeutschen Bücher, deren Verbreitungsverbot aufgehoben werden sollte, auf. Die österreichische Seite wußte, womit sie zu rechnen hatte, und war zum zweiten Mal mit dem Problem konfrontiert, „Gegenforderungen“, also auf Wiederzulassung verbotener österreichischer Bücher in Deutschland, zu stellen.
Die internen Vermerke und Noten deuten auf dieselbe Ratlosigkeit hin. Beamte der Generaldirektion stellten eine Liste von „Kandidaten“ zusammen, darunter Bücher über Dollfuß, Reden von Starhemberg usw. Der großdeutsch gesinnte Dr. Wilhelm Wolf – er wurde, wie erinnerlich, der letzte österreichische Außenminister vor dem „Anschluß“ – wehrte sich allerdings gegen diese Vorschläge:
Wie dem Bericht über die Sitzung des Unterausschusses für Bücherfragen im Juli d. J. zu entnehmen ist, (…) wurde von österreichischer Seite die Aufhebung des Verbreitungsverbotes von Büchern, die das Leben des Reichskanzlers Hitler darstellen, (…) abgelehnt. Auf h.o. Seite ist mit einer Wiederholung dieses Ansuchens zu rechnen, trotzdem empfiehlt es sich, die entsprechenden Gegenforderungen auf Freigabe von Werken über Kanzler Dollfuß nicht zu stellen, da einem solchen Antrag eventuell Folge gegeben werden könnte und Österreich dann kompensierend die entsprechenden Werke über den deutschen Reichskanzler freizugeben genötigt wäre. Die Verbreitung der Bücher über Dollfuß in Deutschland wäre aber nicht in Vergleich zu stellen mit der propagandistischen Wirkung der Verbreitung der Bücher über Hitler in Österreich.
Die Freigabe des von Hofrat Weber herausgegebenen Werkes „Dollfuß an Österreich. Eines Mannes Wort und Ziel“ könnte wohl mit dem Hinweis auf die in Österreich erfolgte Freigabe des Werkes „Mein Kampf“ von Hitler verlangt werden, doch scheint es taktisch fraglich, ob nicht auf das Erscheinen des Buches von Bundeskanzler von Schuschnigg „Drei Mal Österreich“ zugewartet werden sollte. In dem Buche des Kanzlers Schuschnigg dürfte noch mehr als das in den Reden des Bundeskanzlers Dollfuß der Fall ist, eine zusammenhängende großzügige Widerlegung der Thesen von „Mein Kampf“ erfolgen.[87]
Diese Überlegungen Wolfs sind von Ende Oktober 1937. Weder die Liste der österreichischen Programmpunkte noch die Sitzungsprotokolle der Zweiten Tagung lassen darauf schließen, daß die österreichischen Unterhändler das Schuschnigg-Werk in die diplomatische Waagschale warfen. Während die österreichische Seite einer Reihe von Verbotsaufhebungen zustimmte, war ihre Hauptstoßrichtung die Erwirkung der Verfügung eines Verbotes von neun „gegen Österreich gerichteten Werken“. Im Gegenzug beantragte die deutsche Seite ein Verbreitungsverbot von weiteren Büchern und Zeitschriften. Lediglich in einem einzigen Fall verlangte die österreichische Seite die Freigabe eines in Deutschland verbotenen Werkes. Es war dies das im Grazer Styria-Verlag erschienene Buch „Mönchtum heute“. Bloß „Aufklärung“ hingegen wollte man „über die tatsächliche Behinderung an der Verbreitung einer Reihe anläßlich der Berliner Tagung bekanntgegebenen, in Deutschland nicht verbotenen Werke, darunter F. Th. Csokors (Über die Schwelle)“ und über „eine Reihe von Werken des Verlages Reichner, Wien“.
Obwohl die österreichischen Vertreter nicht bereit waren, eine Anregung der Zwangsgilde aufzugreifen, dahingehend, daß die Deutschen nicht „alle Werke eines Autors und alle Werke eines Verlages auf den Index“ setzen sollten, „wagten“ sie für die „österreichischen Schriftsteller“ etwas vorzupreschen. Im Protokoll liest man folgendes:
Die Nichtaufnahme verschiedener österreichischer Schriftsteller in den bekannten Literaturkalender Kürschner, Ausgabe 1937, wurde von österreichischer Seite mit dem Hinweis zur Kenntnis gebracht, daß sie darin eine Schädigung der betroffenen Schriftsteller und eine Beeinträchtigung des kulturellen Austausches erblicke. Von reichsdeutscher Seite wird diese bisher unbekannte Tatsache mit Bedauern zur Kenntnis genommen und bei nächster gegebener Möglichkeit eine Abhilfe zugesagt. (Bericht, S. 5)
Daß diese Praxis eine der Reichsschrifttumskammer und dem Propagandaministerium „bisher unbekannte Tatsache“ war, war – gelinde gesagt – unglaubwürdig. Selbst dann – die „Schädigung“ der österreichischen Schriftsteller, genauer: derer, um die es sich in Wirklichkeit handelte, war beim besten Willen kaum darauf zurückzuführen, daß ein paar Dutzend „Namen“ nicht im Literaturkalender 1 aufschienen. So naiv scheinen die österreichischen Herren aber gewesen zu sein. Die von deutscher Seite in Aussicht gestellte „Abhilfe“ war sowieso bald hinfällig …
Was aus der „Besprechung zur Klärung wirtschaftlicher Fragen im Bereich des Bücher- und Zeitschriftenvertriebes am 1. Dezember 1937 in Berlin“[88] herauskam, waren eher unverbindliche Absichtserklärungen deutscherseits auf österreichische Wünsche. Auf österreichischer Seite nahmen an dieser Besprechung folgende Herren teil: Bundesminister von Hammerstein-Equord, Sektionsrat Dr. Wolf, Kommerzialrat Wiedling, Dr. Morawa, Herzmansky und auf deutscher Seite: Dr. Hövel, Schulz (Börsenverein, Leipzig), Verlagsdirektor Korth, München, Dr. Anders (Reichsverband deutscher Zeitungsverleger). Ein konkretes Ergebnis war, daß Musikalien, die von der Rückgängigmachung der Verfügung über die 40%ige Senkung der Einfuhr von Druckwerken aus Österreich nach Deutschland ausgenommen wurden, eben ausgenommen wurden. Man kam überein, daß eine Gefährdung des österreichischen Buchdruckes durch die Forderung der Herstellung österreichischer Verlagswerke im Deutschen Reich vermieden werden sollte. Außerdem sollte angestrebt werden, „Bücher“ aus handelspolitischen Abmachungen herauszunehmen. Absichtserklärungen drei Monate vor dem „Anschluß“ Österreichs brachten sehr wenig …
Es diente gewiß als Vorzeigen einer „Einhelligkeit“ nach außen hin, daß die Buchhandelsvertreter beider Länder bekanntmachten, nach der Berliner Tagung sei nun alles beim alten:
Die unterzeichneten Organisationen geben aus Anlaß der am 3. Dezember 1937 beendeten Verhandlungen der deutschen und österreichischen Regierungsausschüsse bekannt: Erzeugnisse aus österreichischen Buch-, Kunst- und Musikalien-Verlagen können nach Deutschland im Rahmen der hierfür gültigen Wirtschafts- und Devisenbestimmungen unbehindert eingeführt, angeboten und verkauft werden. Das gleiche gilt für die reichsdeutsche Produktion an Gegenständen des Buchhandels bei der Einfuhr nach Österreich. Selbstverständlich sind ausgenommen alle Werke, deren Einfuhr von den zuständigen Behörden in Deutschland oder Österreich verboten ist. Von dieser Mitteilung wird die freie Entscheidung des einzelnen Buchhändlers über seine eigenen Vertriebsmaßnahmen nicht eingeschränkt.
Wir bitten, alle anderslautenden Nachrichten zu widerlegen und den Vertrieb beiderseits nach Kräften zu fördern.
Leipzig/Wien, den 15. Dezember 1937
Börsenverein der Deutschen Buchhändler
Baur, Vorsteher
Zwangsgilde der Wiener Buch-, Kunst- und Musikalienhändler
Frick, Präsident
Die „Bekanntmachung“ erschien am 16. Dezember im Börsenblatt, aber erst am 8. Jänner 1938 im Anzeiger.
Beide Seiten kamen in Berlin noch überein, daß der Unterausschuß für Buchfragen diese zweite Tagung Anfang Februar 1938 in Berlin fortsetzen sollte, um restliche Fragen zu erledigen. Es war die letzte „Besprechung“ beider Seiten in der gegebenen politischen Zusammensetzung.
7. Februar 1938 in Berlin
An der „Besprechung“ – sie hatte keinen formellen Charakter – nahmen lediglich Wilhelm Wolf und ein Diplomat der Gesandtschaft in Berlin sowie Karl Megerle und ein Legationsrat des deutschen Außenamts teil.[89] Sie diente lediglich dem Informationsaustausch über Aufhebungen bzw. Bestätigungen von jeweiligen Verboten. Zu wesentlichen österreichischen Fragen, wie z.B. zur Verbreitungsbehinderung von in Deutschland zugelassenen österreichischen Büchern, vermochte Megerle vom Propagandaministerium allerdings nicht Stellung zu nehmen. Sein „einzig mit diesen Fragen“ befaßter Kollege, Hövel, von der Abteilung Wirtschaftsstelle des deutschen Buchhandels, befände sich auf Urlaub.
Resümee:
Versucht man nun aus der Tätigkeit des anläßlich des Berliner Besuches von Dr. Guido Schmidt im November 1936 und als „logische“ Folge des Juli-Abkommens ins Leben gerufenen Kulturausschusses ein Resümee zu ziehen, kann man sagen, daß Deutschland aktiv bemüht war, weite Kulturbereiche in Österreich in seine Entscheidungssphäre miteinzubinden und daß Österreich eine Art passiven Widerstands leistete. Angesichts eines vorprogrammierten kulturellen Zusammenschlusses, den Österreich sich mit dem Juli-Abkommen eingebrockt hatte, tat man wahrscheinlich das einzige, was man tun konnte: hinhalten, verzögern. Und wie aus den deutschen Beschwerden bei der letzten Tagung in Berlin ersichtlich ist, war diese österreichische Taktik nicht ohne – anstelle eines besseren Worts – „Erfolg“. Die deutschen Beschwerden waren insofern diplomatisch geharnischt, als man es vermied, von „Vertragsbruch“ zu sprechen. Der konstruierte Bruch des Juli-Abkommens gehörte auf anderem, vor allem wirtschaftlichem Gebiet, zum Propagandaarsenal Hitler-Deutschlands, um einen Einmarsch gegebenenfalls zu rechtfertigen. Die kulturellen Beziehungen beider Länder spielten sich natürlich nicht bloß auf höchster Regierungsebene ab, und daher spiegelt das österreichische Verhalten im Kulturausschuß nicht die ganze Wirklichkeit der innerösterreichischen Lage wider. Und auf deutscher Seite klafften die Theorie der Ausschußmitglieder und die Praxis im Buchhandels- und Verlagswesen – was österreichische Verlage betrifft – oft sehr weit auseinander. Das war weniger auf das Formalgesetzliche als auf das Informelle zurückzuführen.
Österreich hatte sich in eine auf Dauer unhaltbare Position versetzt. Es erhebt sich daher zum Schluß die Frage, was Österreich aus den Kulturverhandlungen zu „gewinnen“ und was es zu „verlieren“ hatte. Da der „Gewinn“ davon abhing, was man forderte, war – wie die Praxis und die Taktik zeigten – wenig drin. Man ging davon aus, daß, je weniger man forderte, desto weniger man an Gegenforderungen zustimmen müßte. Zu gewinnen war also kaum etwas oder nichts, und zu verlieren war alles, einschließlich der (kulturellen) Eigenständigkeit. Aber wie wir gesehen haben, waren kulturelle Angelegenheiten vielfach von handfesten wirtschaftlichen Sachzwängen überlagert. Die Diskussion über den autonomen „österreichischen Verlag“, der auf dem außerdeutschen Absatzgebiet von geschätzten 20 Millionen Menschen aufbauen sollte, war zwar Nazi-Abwehr in Reinkultur, aber unrealistisch, wirtschaftlich schwer durchführbar, lobenswürdig, aber dennoch mehr intellektuelle Spielerei, die obendrein die herrschende Geisteshaltung vieler österreichischer Verlage verkannte.
Anmerkungen
[1] Siehe dazu Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, 101. Jg., Nr. 222, 22. September 1934, S. 829.
[2] Ebenda, Nr. 265, 13. November 1934, S. 995.
[3] Dazu „Deutsch-österreichisches Clearingabkommen“. In: Börsenblatt, Nr. 186, 11. August 1934, S. 719. Dieser zwischenstaatliche Verrechnungsverkehr war eine verhältnismäßig junge Einrichtung, die in dieser Form aus der Weltwirtschaftskrise Ende der 20er Jahre stammte. Der erste solche zwischenstaatliche Vertrag wurde im November 1931 zwischen der Schweiz und Ungarn abgeschlossen. Das Wort „Clearing“ stammt von dem englischen „clear“, klären, ins Reine bringen. Das erste Clearinghaus im ursprünglichen Sinn haben eine Reihe Londoner Bankiers 1775 als private Verrechnungsstelle gegründet, wo sie täglich ihre gegenseitigem Verpflichtungen und Forderungen „erklärten“ und untereinander verrechneten. Zu diesem Thema s. u.a. Wiener Zeitung, 16.9.34, S. 14; 5.10.34, S. 11; 4.7.37, S. 12. WALDEMAR SWOBODA, Clearingfragen. In: Der österreichische Volkswirt, 30. Jahr, Nr. 13/14, 25. Dezember 1937, S. 256-259; PAUL SIMON, Das Clearingsystem des Deutschen Reiches. In: ebda., 28. Jahr, Nr. 43, 25. Juli 1936, S. 842-844.
[4] Entnommen aus den jeweiligen Jahresrechnungen. In: Österreichische Autorenzeitung, VIII. Jg., Heft 1, Juli 1936, S. 4 und ebenda, IX. Jg., Heft 1, Juni 1937, S. 5.
[5] „Die österreichischen Autoren drohen mit Auswanderung“. In: Das Echo (Wien), Jg. 1, Nr. 204, Mo., 22. Oktober 1934, S. 3.
[6] Die staatlich genehmigte Gesellschaft zur Verwertung musikalischer Urheberrechte, die zum Einflußbereich des Propagandaministeriums gehörte, war nach dem Reichsgesetz vom 4. Juli 1933 aus den beiden früheren Gesellschaften GEMA und GDT hervorgegangen. Nach dem „Anschluß“ im Jahre 1938 fungierte STAGMA, die mehrfache „Totengräberin“ der erwähnten Gesellschaften, auch als Totengräberin der österreichischen Gesellschaft A.K.M. Diese registrierte Genossenschaft wurde von der STAGMA im August 1938 liquidiert und existierte nur mehr als eine von deren Abteilungen („AKM in Liquidation“): Die letzterschienene Nummer der Österreichischen Autorenzeitung, des offiziellen Organs der A.K.M., war vom Juni 1937, IX. Jg., Heft 1.
[7] Österreichische Autorenzeitung, VIII. Jg., Heft 1, Juli 1936, S. 3.
[8] AVA, BMfHuV, Grundzahl: 106.248-9/35; Geschäftszeichen: 570, Geschäftszahl: 109.254-9/35. Schreiben des BKA (AA), ZI. 190.474-14a/35 vom 17. Oktober 1935 an das BMfHuV.
[9] „Österreichische Autoren kämpfen um deutsche Tantiemen“. In: Wiener Sonn- und Montags-Zeitung, 74. Jg., Nr. 6, Mo., 10. Februar 1936, S. 5.
[10] Schreiben Zl. 29/Pol der österreichischen Gesandtschaft, Berlin, 30. Jänner 1936. HHSta, N.P.A., Karton 13, fol. 67.
[11] Kapellmeister Leopold Reichwein, der sich in deutschen Zeitungsinterviews als „nationalsozialistischer deutscher Künstler“ bezeichnete, stand an der Spitze des Wiener Konzertvereines. Mitte Jänner wurde ihm die Leitung der Jugendkonzerte und die von drei Hauptkonzerten von der Bundespolizeidirektion Wien „aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung untersagt“. (WZ, 27.1.36, S. 3; s. auch WZ, 16.I.37, S. 8.) Darauf kam es zur erwähnten Weisung im Reichspropagandaministerium. Zum Hintergrund siehe: „Der ‚deutsche Nationalsozialist’ Leopold Reichwein.“ In: Die Stunde (Wien), 31.7.1934, S. 5. Siehe auch ebda., 12.9.1934, S. 5.
[12] HHSta, N.P.A., Karton 13, Schreiben Zl. 32/Pol, Österreichische Gesandtschaft, Berlin, 4. Februar 1936, fol. 71. Herzmansky erklärte dem österreichischen Gesandten, daß er noch eine Möglichkeit „in der Veranstaltung eines Konzertes eines hervorragenden deutschen Dirigenten in der nächsten Zeit in Wien sieht. Er würde mich sehr bitten, ihm die Möglichkeit zu verschaffen, mit dem Herrn Bundeskanzler als Unterrichtsminister darüber zu sprechen, dem er auch einen ausführlichen Bericht über die Verhandlungen, als auch insbesondere über seine Eindrücke, die er hier bei den verschiedenen Gelegenheiten sammeln konnte, erstatten möchte. ich beehre mich nun, Herr Generalsekretär [Peter], Sie zu bitten, dem Bundeskanzleramt, bezw. dem Unterrichtsministerium eine Vorsprache des Präsidenten der AKM Herzmansky beim Herrn Bundeskanzler zur geneigten Erwägung stellen lassen zu wollen“.
[13] Zitiert nach: ÖSta, HHSta, N.P.A., Karton 629, BKA, Abt. 14a, Zl. 118.606-14a/37, Gegenstand: Marktransfer-Urgenz. Grundzahl: 107.845/37; Geschäftszeichen: Handel Dt. Reich.
[14] Österreichische Autorenzeitung, IX. Jg., Heft 1, Juni 1937, S. 4 f.
[15] Schreiben der A.K.M. an das BKA vom 2. März 1937. ÖSta, HHSta., N.P.A., Karton 629, BKA, Abt. 14 HP, BKA 107.845-14a/37. Siehe auch Anm. 14, S. 5.
[16] Abschrift eines Schreibens der A.K.M. an die österreichische Nationalbank vom 13. November 1937. ÖSta, HHSta, wie Anm. 15.
[17] GERHARD RENNER, Österreichische Schriftsteller und der Nationalsozialismus: Der „Bund der deutschen Schriftsteller Österreichs“ und der Aufbau der Reichsschrifttumskammer in der „Ostmark“. phil. Diss. Wien 1981, Kapitel: ‚Probleme der Autoren im Verhältnis zu Deutschland’, S. 101-104a; bes. S. 101. Die folgende Darstellung über Neumann und Strobl ist der Arbeit von Renner entnommen.
[18] Schreiben vom 24. August 1937 an Hofrat Dr. Konrad Thomasberger im Unterrichtsministerium. AVA, BMU, Zl. 25.962-37.
[19] Die Darstellung über die Handhabung des Kontingentsystems in Deutschland ist zum großen Teil einer Verbalnote des Auswärtigen Amts in Berlin entnommen, die am 3. Juli 1937 an die österreichische Gesandtschaft geschickt wurde. Es handelte sich um „eine grundsätzliche Unterrichtung“ der österreichischen Seite. Die hier genannten Importzahlen stammen aus der Verbalnote. (ÖSta, HHSta, N.P.A., Karton 629, BKA, Abt. 14a, Grundzahl: 101.485-37; Geschäftszahl. 173.903-14a/37; Verbalnote W 111 SE 5194.)
[20] Siehe ebenda. Im Gegensatz zu anders lautenden Meinungen in Österreich war die deutsche Regierung der Ansicht, bisher ihrer vertraglichen Verpflichtung voll nachgekommen zu sein. Für die Monate Jänner und Februar waren Devisenbescheinungen in der Höhe von RM 435.200 erteilt worden. Ebenfalls in diesen zwei Monaten wurden von der Überwachungsstelle noch Sonderkontingente in Höhe von RM 45.000 zur Verfügung gestellt. Nach deutscher Darstellung war die ab März geltende Monatswertgrenze von RM 345.480 bisher in folgender Höhe ausgenutzt worden: März 1937 – RM 363.885 (die Überschreitung voll ca. RM 20.000 ist durch eine Sonderzuteilung gedeckt worden); April 1937 – RM 344.789; Mai 1937 – RM 310.754 (Der Differenzbetrag ist für Saisonbedarf auf den Monat Juni übertragen worden). Es bestand jedoch eine auffallende Diskrepanz, wenn man die über die Österr. Nationalbank geleisteten Zahlungen zugunsten österreichischer Firmen für aus Österreich exportierte Bücher und Zeitschriften mit den deutschen Angaben verglich. Die korrespondierenden Zahlen der Nationalbank sahen für diese drei Monate folgendermaßen aus: März 1937: S 780.000; April 1937: S 469.000; Mai 1937: S 621.000. Wohl ist zu bemerken, daß eine Trennung innerhalb der Kategorie „Bücher und Zeitschriften“ von der Nationalbank nicht vorgenommen werden konnte. Daher haben wir die getrennten deutschen Ziffern für Bücher und Zeitschriften im folgenden zusammengelegt, um den Vergleich zu ermöglichen. So betrugen die Zahlungen nach deutschen Angaben für März 1937 insgesamt S 861.022 (= minus S 81.022), für April 1937 S 819.340 (= minus S 350.340) sowie für Mai 1937 S 755.508 (= minus S 134.508). Das ergibt sodann folgendes Bild: die bei der Nationalbank (d.h. Sonderkonto der Deutschen Verrechnungskasse) registrierten Eingänge fluktuierten sehr stark, wie z.B. im Monat April, wo nach deutschen Angaben S 350.340 mehr für Bücher und Zeitschriften transferiert wurden, als die Nationalbank in Wien buchte. Die Sprunghaftigkeit läßt sich wahrscheinlich leichter erklären als die Differenz von über S 350.000. Eine Teilerklärung lag nach Ansicht der Österr. Nationalbank darin, „daß im Verlagsbuchhandel vielfach auch noch Aski-Konti oder separate Verrechnungsgenehmigungen gegen den Bezug deutscher Bücher nach Österreich vorkommen, welche bekanntlich nicht über das Sonderkonto der Deutschen Verrechnungskasse laufen“. (= BKA (AA), ZI. 184.887-14a/37 vom 13. August 1937; Schreiben an die Österr. Gesandtschaft Berlin. In: ÖSta, AVA, BMfHuV, Gdzl. 92.040-9a/37; Geschäftszeichen: 552; Geszl. 106.096-7/37) Die Sprunghaftigkeit der bei der Nationalbank in Wien gebuchten Zahlungen setzte sich im Juni und Juli 1937 fort: Die Ziffer für Juni war S 702.000, die für Juli S 456.000. Die Diskrepanz zwischen deutschen und österreichischen Zahlen läßt Zweifel an der Richtigkeit der deutschen Angaben, ein Zweifel, der von allen hier herangezogenen Fällen und Dokumenten her berechtigt erscheint, aufkommen.
[21] „Memorandum zu den Einfuhrschwierigkeiten österreichischer Bücher nach Deutschland“, S. 2. (ÖSta, HHSta, N. P. A., Karton 134, BKA 43.118-13/1937.)
[22] Es erscheint geradezu paradox, daß angesichts der breiten Beanspruchung der österr. Ministerien und Diplomatie durch österreichische Verlage der Name Paul Zsolnay Verlag nirgendwo in den Akten aufscheint, obwohl Zsolnay mit einigen Ministern, vom Bundeskanzler ganz zu schweigen, befreundet war. Zsolnay war der größte und renommierteste Belletristikverleger in Österreich und wohl der größte Exporteur österreichischer Bücher nach Deutschland (prozent- wie mengenmäßig). Eine teilweise Erklärung dafür, daß Zsolnay offensichtlich mit dem Kontingent keinerlei Probleme hatte, ist darin zu sehen, daß er schon am 23. Mai 1924 die Paul Zsolnay Verlag Ges.m.b.H. in Berlin gründete und sie auch handelsgerichtlich eintragen ließ. Die Gesamtauslieferung für Deutschland mit Ausnahme von Groß-Berlin erfolgte durch F. Volckmar in Leipzig. Praktisch war dann Zsolnay eine deutsche Firma, und obwohl die Quellenlage keine dezidierte Aussage zuläßt, ist anzunehmen, daß Zsolnay einen erheblichen Teil seiner Produktion nach Deutschland verlegte. Maßgeblich ist, wo – laut Impressum – der Druck erfolgte.
[23] S. Anm. 21, Memorandum, S. 3.
[24] S. Anm. 18.
[25] Undatierte, nicht adressierte Eingabe über die Erschwernisse österreichischer Verlage im Jahre 1937. In: Archiv, Buchgewerbehaus Wien, V 1937; Mappe 464.
[26] Datiert Wien, 12. November 1937. ÖSta, AVA, BMU, Zl. 39.644-37.
[27] S. Anm. 21, Memorandum, S. 5.
[28] Das Programm begann mit Büchern von Karl Adolf Mayer, Franz Nabl, Erich August Mayer und Theodor Heinrich Mayer. S. Anzeiger, 76. Jg., Nr. 26, 26. Oktober 1935, S. 143.
[29] Schreiben des Verlags Carl Fromme vom 8. Mai 1937 an das BMfHuV. In: ÖSta, AVA, BMfHuV, Gdzl. 92.040-7/37; Geschäftszeichen: 552; Geszl. 100.498-7/37, Karton 3663.
[30] Schreiben Großdruckerei und Verlag Waldheim-Eberle A.G. an das BMfHuV vom 15. Oktober 1937. (ÖSta, AVA, BMfHuV, Gdzl. 92.040-9a/37; Geschäftszeichen: 552; Karton 3663, Zl. 109.291.)
[31] Nach der Darstellung von Waldheim-Eberle (s. Anm. 30) stand ein ausgeklügeltes System dahinter: Der österr. Verlag erteilte der Badner Firma den Auftrag zu einem Buch, dessen Satz auf einem Papierstreifen – ähnlich einem telegraphischen Streifen – der Monotype-Setzmaschine hergestellt wurde. Dieser Streifen wanderte nach Brünn, wo das Papierband in den zweiten Teil der Monotype-Setzmaschine eingespannt und der Satz ausgegossen wurde. Dann wurde das Werk auf tschechischem oder englischem Papier gedruckt und in flachen Bögen nach Österreich importiert. Da der Papierstreifensatz in Österreich hergestellt wurde, hieß es dann immer im Impressum „Druck in Baden bei Wien“, obwohl – außer dem Buchbinder – nur ein einziger österreichischer Arbeiter an dem betreffenden Werk gearbeitet hatte.
[32] Abschrift, in: ÖSta, HHSta, N.P.A., Karton 629, Zl. 215.810-14a/ 1937. Gegenstand: Buch- und Zeitungsfragen im Verhältnis zum Deutschen Reich.
[33] Amtsvermerk. Sitzung vom 24. November 1937, S. 4 f. (ÖSta, HHSta, N.P.A., Karton 629, BKA 215.810-14a/37.)
[34] Amtsvermerk, ebenda, S. 1. Eine Vergrößerung dieses Kontingents hätte nach Ansicht Hoffingers und Hergets „nur bei neuen Handelsvertragsverhandlungen erörtert werden“ können.
[35] Protokoll der „Besprechung zur Klärung wirtschaftlicher Fragen im Bereich des Bücher- und Zeitschriftenvertriebes am 1. Dezember 1937 in Berlin“, S. 1 f. (ÖSta, HHSta, N.P.A., Karton 131, BKA 96.690-13/1937.)
[36] Dr. DAVID BREUER, Österreich als Verlagsland, 28. Jahr, Nr. 34, Wien, 23. Mai 1936, S. 669-670.
[37] Am 24. April erließ der Präsident der Reichspressekammer, Max Amann, der zugleich Geschäftsführer des Zentralverlags der NSDAP Franz Eher Nachf. war, des Verlags, der 1933-34 den Ullstein-Verlag übernahm, drei Verordnungen „zur Wahrung der Unabhängigkeit des Zeitungsverlagswesens“ (Keesings Archiv der Gegenwart vom 24. April 1935, 2002 F). Unter dem Schlagwort „Unabhängigkeit der Presse“ sollte nach Ansicht des österreichischen Gesandten in Berlin, Tauschitz, „verhindert werden, daß irgendwelche Sondergruppen mittels der Presse Einfluß auf die öffentliche Meinung nehmen“, Nach der NS-Ideologie waren laut Tauschitz „darunter sowohl konfessionelle, wie wirtschaftliche Verbände aller Art zu verstehen. (…) Entsprechend dem Führerprinzip und dem Grundsatz der persönlichen Verantwortung dürfen auch Aktiengesellschaften, Gesellschaften m. b. H., Genossenschaften und Stiftungen nicht mehr als Zeitungsverleger auftreten. Verhindert soll vor allem auch werden, daß von den tatsächlich Berechtigten, also den eigentlichen Geldgebern, sogenannte Strohmänner vorgeschoben werden, daher die Bestimmung, daß Personen und Personengesamtheiten, die die Rechte am Verlag nicht für sich selbst, sondern für Dritte wahrnehmen nicht mehr Zeitungsverleger sein dürfen. (…) Obwohl der Arierparagraph im Wirtschaftsleben nicht zur Anwendung gelangen darf, muß der Nachweis der arischen Abstammung nicht nur für die als Herausgeber auftretenden Personen und ihre Ehegatten bis zum Jahre 1800 erbracht werden, sondern auch für etwa bestehende Aufsichtsräte (…)“ Dieser 5seitige Bericht befindet sich in: ÖSta, HHSta, N.P.A., Karton 13, Österreichische Gesandtschaft, Berlin, 2. Mai 1935, Zl. 12 I/Pol. (Die Bedeutung der Verordnungen über die Neuregelungen im Zeitungsverlagswesen, fol. 264 ff.). „Alle oben angeführten Personen und Körperschaften können nicht Mitglieder der Reichspressekammer sein und müssen, soweit sie es bereits sind, ausscheiden. Mit diesem Ausscheiden entfällt die Befugnis, eine Zeitung zu verlegen“ (Keesings Archiv, zit. Anm. 37.)
[38] In Zusammenhang mit dem unerwünschten Piper-Verlag-Geschäftsführer Dr. Robert Freund heißt es z.B.: „In diesem Jahr begann das Drängen offizieller Stellen auf ein Ausscheiden Robert Freunds aus dem Verlag. In einem Schreiben der Reichsschrifttumskammer hieß es: ich bitte, mich über die Besitzverhältnisse Ihres Verlages zu unterrichten. Angeblich arbeitet in Ihrem Unternehmen nichtarisches Kapital.“ (Brief vom 14. 11. 1935, Archiv des Piper-Verlages; zitiert nach: 75 Jahre Piper. Bibliographie und Verlagsgeschichte. 1904-1979. Hrsg. K. PIPER. München/Zürich: R. Piper, 1979, S. 50 f.)
[39] Die S. Fischer Verlag A.G. wurde in eine Kommanditgesellschaft unter dem Namen S. Fischer Verlag K.G. umgewandelt. Der Verlag Jakob Hegner blieb weiterhin bestehen, nachdem der Inhaber und Gründer (1913) das Unternehmen und den Namen dem Leipziger Verlag und der Buchdruckerei Oskar Brandstetter Ende 1935 übergab. Beim Piper-Verlag änderte sich auch nichts. Was diesen betrifft, konnte man in der Wiener Tageszeitung Das Echo am 8. November 1935 folgendes lesen: „Was den zweiten großen Verlag Piper & Co. in München betrifft, so ist es in eingeweihten Kreisen kein Geheimnis, daß der finanziell an dem Verlag stark interessierte Direktor Freund, ein Pisener, den russischen Wünschen der Machthaber des Dritten Reiches nicht entspricht. Auch er hat deshalb schon mehrfach Auswanderungsabsichten geäußert, und auch in diesem Fall ist eine Sitzverlegung nach Österreich, dem großen deutschen Kulturzentrum, nicht unwahrscheinlich. Bindende Beschlüsse sind aber noch nicht gefaßt.“ (2. Jg., Nr. 259, 8. XI. 1935, S. 3.) Diese Vorgänge wurden vom „Gralshüter der ‚artreinen’ Literatur“ (Dahm), Will Vesper, genauestens verfolgt. So schrieb er z.B. im Februar 1937: „Die jüdische Literaturherrschaft in Deutschland ist beseitigt. Die jüdischen Verlage sind verschwunden oder in deutsche Hände übergegangen. Auch die noch hier und da im Hintergrund an verborgenen Fäden ziehenden jüdischen Finger werden mit der Zeit das Spiel aufgeben müssen – wenigstens im Inland. Um so schärfer gilt es nun, die jüdischen Verlage des Auslandes, namentlich die emigrierten, zu beobachten. (…) Und da die jüdischen Verlage sich vielfach geschickt zu tarnen wissen, auch im Inland sich offenbar noch manche nach der alten jüdischen Kost sehnen, so erleben wir zur Zeit eine Überschwemmung des deutschen Büchermarktes mit Literatur aus außerdeutschen jüdischen Verlagen. (…) Warum erhebt sich nicht aus dem Buchhandel selbst heraus ein fester gesunder Widerstand gegen diese Juden- und Emigrantenverlage, die besonders von Wien aus den zwar bitter gehaßten aber doch so zahlungswilligen deutschen Michel mit ihren Angeboten bestürmen? Es gilt einen Weg zu finden, das deutsche Volk vor der schleichenden Hinterhältigkeit aller jüdischen Verlage der Welt unbedingt zu schützen. Bücher aus Judenverlagen müssen in deutschen Buchhandlungen als jüdische gekennzeichnet werden (…).“ Die Neue Literatur, Heft 2, Februar 1937, S. 103 f. In nationalsozialistisch eingestellten publizistischen Kreisen in Wien blieben die diversen Übersiedlungen auch nicht unbemerkt. So meinte ein Nazi-Schreiber namens Karl Inhauser: „Die rasche und mit deutscher Gründlichkeit besorgte Säuberung des Verlagswesens im Reiche hat nun hier in Wien seltsame Blüten gezeitigt. Mehrere Semigranten-Verleger aus dem Deutschen Reiche sind gegenwärtig hier aufgetaucht. Aufklärung scheint vonnöten. Auch Beermann-Fischer (sic!), der Schwiegersohn des Berliner Juden S. („Sami“) Fischer, der seinerzeit die Wiener Juden Arthur Schnitzler und Peter Altenberg (recte Richard Engländer) verlegt hat, entschloß sich, als Exilort Wien zu wählen, nachdem er den jüdischen Kreisen in Zürich nicht so ganz willkommen gewesen sein soll.“ (Österreichische Volkspresse, Wien, 12. Juni 1937.) Über den neugegründeten Bastei-Verlag schrieb Vesper schließlich: „Hinter diesem Bastei-Verlag, Wien, steht der vor einiger Zeit aus dem R. Piper-Verlag ausgeschiedene Jude Dr. Freund, der so seinen aus dem Piper-Verlag ausgeschifften Rasse- und Gesinnungsgenossen eine neue ‚Bastei’ schuf, übrigens ein bemerkenswerter Verlagstitel, der nicht harmloser wird, wenn man an Dr. Freunds gute Beziehungen zu Prag denkt.“ (Die Neue Literatur, Heft 3, März 1938, S. 154.)
[40] Der Bastei-Verlag und der Thomas-Verlag Jakob Hegner sind in der Ausgabe 1937 des Adreßbuchs des Deutschen Buchhandels nicht aufgenommen worden. Daß Bastei nicht aufgenommen wurde, erklärt sich daraus, daß trotz längerer Vorbereitung im Jahre 1936 die Verlagskonzession erst im Jänner 1937 erteilt wurde, also bereits nach Redaktionsschluß. Anders im Fall Thomas-Verlag. Angemeldet zur Inkorporierung war der Verlag schon im August 1936. Ins Handelsregister wurde er am 3. November 1936 eingetragen.
[41] Schreiben der Zwangsgilde an das BKA vom 22. Februar 1937. (ÖSta, HHSta, N.P.A., Karton 629, BKA, Gdzl. 101.485-37; Zl. 123.271-14a/37.)
[42] Dazu ebenda, BKA, Zl. 165.885-14a/1937.
[43] Abschrift liegt bei: ÖSta, AVA, BMfHuV, Gdzl. 92.040-7/1937; Geschäftszeichen: 552; Ges. Zl. 96.067-7/37.
[44] PETER DE MENDELSSOHN, S. Fischer und sein Verlag. Frankfurt/M. 1970. S. 1324 sowie GOTTFRIED BERMANN-FISCHER, Bedroht – Bewahrt. Weg eines Verlegers. Frankfurt/M.: Fischer Bücherei, 1971 (Bd. 1169), S. 101.
[45] Das Datum „1. Mai 1936“ gibt Bermann in allen Eingaben an Regierungsstellen an. Hier in Stichworten die tatsächlichen Vorgänge: Laut Notariatsakt übernahm Bermann am 1. April den Mantel einer Ges.m.b.H. inklusive Konzession. Er erwarb hiedurch sämtliche Anteile der 1930 gegründeten Firma Zentraleuropäische Verlags- und Werbe Ges.m.b.H. Da es auf solche Weise zu keiner Vermehrung der Konzessionen kam, die Wettbewerbsverhältnisse nicht ungünstig beeinflußt wurden und außerdem keine Bedenken gegen die Führung des Firmenwortlauts erhoben wurden, hat die Buchkaufmannschaft Wien am 8. Mai 1936 das Ansuchen Bermanns befürwortet. In einem Gutachten der Kammer für Handel, Industrie und Gewerbe in Wien vom 22. Mai wurden ebenfalls keine Bedenken gegen den Firmenwortlaut erhoben. Am 3. Juni fand eine Generalversammlung der Zentraleuropäischen Verlags- und Werbe-Ges.m.b.H. statt, bei der es zu einer Abberufung der bisherigen Geschäftsführer und zur Bestellung Dr. Gottfried Bermann-Fischers zum alleinigen Geschäftsführer kam. Sechs Tage später wurde die Firma Bermann-Fischer Verlag unter Reg. C 4, 40 in das Handelsregister Wien eingetragen. Alle diese Vorgänge sind Schriftstücken im Akt des Handelsgerichts Wien, der im WrStLa deponiert ist, entnommen.
[46] Nach einem Prospekt der Neuerscheinungen „Herbst 1936“ (Ausgabetermin: Oktober 1936) waren dies: THOMAS MANN, Joseph in Ägypten; MECHTHILDE LICHNOWSKY, Der Lauf der Asdur; HANS v. HAMMERSTEIN, Die gelbe Mauer; HERMANN HESSE, Stunden im Garten; JOHANNES v. JENSEN, Dr. Renaults Versuchung; JULIEN GREEN, Mitternacht; JEAN GIRAUDOUX, Kein Krieg in Troja; RALPH ROEDER, Savonarola. Insgesamt gab es 1936 10 „österreichische“ Neuerscheinungen. Hinzu kamen: THOMAS MANN, Freud und die Zukunft und CARL ZUCKMAYER, Salware oder die Magdalena von Bozen. S. Eingabe Bermann-Fischers vom 15. Oktober 1936 an das BKA, Abt. 14a. ÖSta, AVA, BMU, Gdzl. Bermann-Fischer Verlag, Ges. Zeichen: 24a; Ges. Zl. 36.034-1, 6b/1936.
[47] S. ebenda, Anm. 46.
[48]Siehe BKA 219.964-14a/1936. Schreiben des Verbands der Papier und Pappe verarbeitenden Industrie (4. November 1936) und des Verbands der Österr. Papier-, Zellulose-, Holzstoff- und Pappen-Industrie (17. Oktober 1936) sowie Schreiben J. Strobl an das BMfHuV (ÖSta, AVA, BMfHuV, Gdzl. 92.112-7/36; Zl. 110.222-7/36).
[49] Eingabe Bermann-Fischer, 15. Oktober 1936, S. Anm. 46.
[50] ÖSta, HHSta, N.P.A., Karton 629, BKA Gdzl. 104.378/36, ad Zl. 213.082-14a/36.
[51] S. Anm. 46. Referentenschreiben vom 7. November 1936.
[52] ÖSta, HHSta, N.P.A., Karton 629, BKA 219.964-14a. Bericht der österr. Gesandtschaft Berlin, am 5. November 1936, Zl. 7407/A.
[53] Ebenda. Bericht der Österr. Gesandtschaft Berlin, am 2. Dezember 1936. Zl. 8093/A.
[54] ÖSta, HHSta, N.P.A., Karton 629, BKA 238.158-14a/36. Diese Behauptung war Teil eines pro domo-Vermerks zu einem Schreiben der Buchkaufmannschaft vom 22. Dezember 1936. Darin wurde behauptet: „Nach uns zugekommenen Mitteilungen plant das Deutsche Reich ein Einfuhrverbot für die Erzeugnisse jener österreichischen Verlage, die ihre Produktion in Österreich neu aufgenommen haben, soferne diese Erzeugnisse nicht im Deutschen Reiche hergestellt wurden.“ Die Bemerkung des BKA, Abt. 14a dazu: „Von deutscher Seite ist in keiner Weise davon gesprochen worden, daß beabsichtigt sei, für diesen Verlag, der zur Kategorie der neugegründeten Verläge gehören würde, ein Einfuhrverbot zu erlassen.“ Das Beispiel zeigt überhaupt, wie wenig man auf österr. Seite über das Kontingentenwesen informiert war.
[55] ÖSta, HHSta, N.P.A., Karton 134, BKA 35.866-13/1937. Gegenstand: Bermann-Fischer Verlag, Benachteiligung in der Kontingentzuteilung. Eingabe Bermann-Fischer.
[56] ÖSta, AVA, BMfHuV, 96.067-7/37; Geschäftszeichen: 552; Gdzl. 92.040-7/37. „Memorandum“ vom BFV.
[57] ÖSta, AVA, BMfHuV, Kt. 3662, Gdzl. 92.040-7/37. Geschäftszeichen: 552; Ges. Zl. 96.067-7/37. Gegenstand: Ausfuhr von Büchern des Bermann-Fischer Verlages nach Deutschland. Schreiben des Sekt. Chefs Johann Inama vom 5. März 1937 an das BKA (AA).
[58] ÖSta, HHSta, N.P.A., Karton 134, BKA 38.993-13/1937 (= Zl. 152.174-14a/1937).
[59] ÖSta, AVA, BMU, ZI. 25.962-6b/1937. Der BFV war ebenso wie der Verlag E.P. Tal & Co von der Abt. 6b des BMU nach Erscheinen des Essays „Glanz und Elend des österreichischen Buches“ im Sturm über Österreich im August 1937 aufgefordert worden, Stellung zu nehmen und einen Bericht zu verfassen. Die folgenden Ausführungen Bermann-Fischers sind diesem Bericht entnommen.
[60] Schreiben vom 22. Februar 1937. ÖSta, HHSta, N.P.A., Karton 629, BKA, Gdzl. 101.485-37; Geszl. 123.271-14a/1937.
[61] Eine ganze Reihe von anderen österr. Verlagen hatte Ende Februar einen ähnlichen Bescheid aus Leipzig erhalten. Der Direktor des Verlags Anton Pustet, Salzburg z.B. teilte dem Bundespressedienst mit, „daß Ende Februar 1937 sein Kommissionär in Leipzig die Annahme von Verlagswerken mit dem Hinweis verweigert habe, daß keine Devisen zur Verfügung stünden“. (ÖSta, HHSta, N.P.A., Karton 629, BKA 127.884-14a/37. Gegenstand: Absatzschwierigkeiten für österreichische Bücher in Deutschland.)
[62] Eingabe Bastei-Verlag Ges.m.b.H. an das BMfHuV vom 11. März 1937. ÖSta, AVA, BMfHuV, Gdzl. 92.040-7/37; Geschäftszeichen: 552; Zahl 96.990-7/37.
[63] BMfHuV, Zl. 96.990-7/1937.
[64] Schreiben BKA (AA) an BMfHuV vom 12. Juli 1937. BMfHuV, Karton 3663, Zl. 104.464-37 (BKA 165.885-14a/1937).
[65] Abschrift liegt bei: ÖSta, HHSta, N.P.A. Karton 629, Zl. 165.815-14a/1937.
[66] Auswärtiges Amt. Berlin. Verbalnote W 111 S.E. 60 00. Liegt bei BMfHuV 96.990-7/1937. S. Anm. 62.
[67] S. dazu den „sehr dringenden“ Bericht der österr. Gesandtschaft in Berlin vom 23. Oktober 1937/Zl. 1660/Res. 1 Wirtschaftsverhandlungen mit dem Deutschen Reich. Abschrift liegt bei: ÖSta, AVA, BMfHuV, Gdzl. 92.040-7/37; Geschäftszeichen: 552; Zl. 109.702-7/37.
[68] Diese Darstellung beruht auf einem einleuchtenden Artikel in Österreichischer Volkswirt, 30. Jahr, Nr. 7, Wien, 13. November 1937, S. 134-136.
[69] Österreichischer Volkswirt, 30. Jahr, Nr. 9, Wien, 27. November 1937, S. 166.
[70] Abschrift. ÖSta, HHSta, N.P.A., Karton 629, Zl. 215.810-14a/1937.
[71] Ebenda, Zl. 228.054-14a/1937.
[72] ÖSta, HHSta, N.P.A., Karton 134, BKA 96.016-13/1937.
[73] Siehe Anm. 71.
[74] Reichspost, 44. Jg., Nr. 316, Mi., 17. November 1937, S. 3.
[75] Abschrift liegt bei BKA 215.810-14a/1937. S. Anm. 70.
[76] „Der österreichisch-deutsche Kulturaustausch in Ziffern“, in: Sturm über Österreich, 5. Jahr, Folge 39, 3. Oktober 1937, S. 9.
[77] Ludwig SCHÖNROCK, Vom Buchhandel im Lande Österreich. In: Börsenblatt f. d. Deutschen Buchhandel, Nr. 76, 31. März 1938, S. 264-266; bes. S. 264.
[78] Sitzungsprotokoll vom 6. Oktober 1937, ÖSta, Karton 134, HHSta, N.P.A., BKA 42.418-13/1937.
[79] Referentenbericht über die Sitzung vom 6. Oktober 1937. ÖSta, AVA, BMU, 15 Vereine, Gdzl. Wien, 35.091-6b/37.
[80] ÖSta, AVA, BMU 39.644/37.
[81] Amtsvermerk über die Sitzung am 24. November 1937. ÖSta, HHSta, N.P.A., Karton 629, BKA 215.810-14a/37.
[82] ÖSta, HHSta, N.P.A., Karton 109, „Neurath Besuch Gesprächsthemen“, fol. 708.
[83] ÖSta, HHSta, N.P,A., Karton 14, Bericht an BKA (AA), vom 20. April 1937.
[84] Der Hochverratsprozeß, loc. cit., S. 73. Vernehmung des Zeugen Dr. Eugen Albin Lennkh am 5. März 1947.
[85] Präambel zum Protokoll über die zweite Tagung des Ausschusses für kulturelle Angelegenheiten zwischen dem Deutschen Reich und Österreich, abgehalten zu Berlin vom 29. November bis 3. Dezember 1937, S. 3. (ÖSta, HHSta, N.P.A., Karton 131, BKA 96.690-13/37. Im folgenden als „Protokoll“ mit Seitenzahl zitiert.)
[86] BKA 96.690-13/37. „Anlage 2“ zum Protokoll. „Bericht über die Sitzung des Unterausschusses für Buchfragen des Ausschusses für die kulturellen Beziehungen zwischen Österreich und Deutschland vom 30. November bis 2. Dezember 1937 in Berlin.“ Im folgenden als „Bericht“ mit Seitenzahl zitiert.
[87] ÖSta, HHSta, N.P.A., Karton 134, BKA 44.575-13/1937. Gegenstand: Wiederzulassung verbotener österreichischer Bücher im Deutschen Reiche.
[88] Protokoll der Besprechung liegt bei BKA Siehe Anm. 85.
[89] ÖSta, HHSta, N.P.A., Karton 131, BKA 51.715-13/1938. Gegenstand: Unterausschuß für Buchfragen des Ausschusses für die kulturellen Beziehungen zwischen Österreich und Deutschland. Besprechung in Berlin am 7. II., fol. 19612 ff.