C. Barth-Verlag

C. Barth-Verlag (Wien) [1]

Die sporadisch als Verlag betriebene Firma C. Barth hat eine abwechslungsreiche Geschichte. Sie wurde im Jahre 1816 von einem Bilderhändler und Kupferdrucker gleichen Namens in Gumpendorf gegründet. Am 4.12.1863 wurde die Firma ins Wiener Register für Einzelfirmen Band 5, pagina 130 eingetragen. Die Firma wurde „von seinem Sohn Josef Barth zugleich mit einer größeren Papierhandlung betrieben (…). Ursprünglich beschränkte sich die verlegerische Tätigkeit auf die Herausgabe von Devotionalien und ging dann später auf leichtere Belletristik über, die hauptsächlich das alte Wien zum Gegenstand hatte. Seit dem Jahre 1860 wurde das Unternehmen von Friederike Benesch, der Enkelin des Begründers, geleitet und später von deren Sohn, Walter Benesch [Eintragung: Mitte 1920], übernommen“. [2]

Am 7.April 1922 wurde die Einzelfirma über Löschung des Inhabers nach Register A, Band 64, pagina 217 übertragen. Am 1. d.M. hatte der promovierte Historiker Dr. Leo (Lewek) Landau[3] zusammen mit Robert Coen die Verlags- und Großbuchhandlung C. Barth mit dem Sitz in Wien 6., Luftbadgasse 11 samt Warenlager, Einrichtungsgegenständen und Materialien übernommen. Der Betriebsgegenstand blieb annähernd gleich: Bilderhandel und Kupferdruckerei sowie Buchhandel und Verlag. Am 20.11.1923 wurde Coen als Gesellschafter gelöscht, sodaß Landau Alleininhaber der Firma blieb. Am 22.9.1925 wurde die Firma gemäß § 39 des Goldbilanzengesetzes gelöscht. Trotz Löschung aus dem Handelsregister trat in der Weiterführung der Firma keine Unterbrechung ein. Da das Geschäft 1927 einen großen Umschwung nahm und unter dem Firmenwortlaut C. Barth eingeführt und bekannt war, stellte Landau den Antrag beim Handelsgericht am 28.4.1928 um die neuerliche Eintragung der Firma C. Barth ins Handelsregister. In einem von der Kammer für Handel, Gewerbe und Industrie in Wien angeforderten Gutachten vom 13.6.1928 heißt es u.a.:

Die von Dr. Leo Landau betriebene Verlagsbuchhandlung umfaßt ein größeres Lokal und daran anschließende Magazine. Außer dem Geschäftsinhaber sind noch fünf Personen im Betriebe tätig. Das Unternehmen ist finanziell gut fundiert und verfügt über eine doppelte Buchführung. Das Unternehmen besitzt sowohl in Berlin (bei der Firma Varia-Verlag), als auch in Leipzig (bei der Firma Robert Hoffmann) ein Auslieferungslager ihrer Verlagswaren. [4]

Die „neue“ Firma wurde sodann am 19.5.1928 unter Register A, Band 50, pagina 22a ins Wiener Handelsregister eingetragen. Betriebsgegenstand war nunmehr: Verlags- und Versandbuchhandlung mit Ausschluß des offenen Ladenverkehrs. Die nächste Änderung erfolgte erst im Jahre 1936, als der am 1.6.1893 im Burgenland geborene Kaufmann und Buchdruckereibesitzer Béla Hess die Firma C. Barth übernahm (Eintragung: 24.9.1936).

Da die Firma in „jüdischen“ Händen war, kam sie nach dem „Anschluß“, und zwar am 1. Juni 1938, offiziell unter kommissarische Verwaltung. Es wurde Pg. Dkfm. Carl Heinz Puschner, der nicht in der Verlagsbranche tätig gewesen sein dürfte, zum kommissarischen Verwalter bestellt (Eintragung: 21.6.1938).

Hess, der auch Inhaber einer Buch- und Kunstdruckerei im 3. Bezirk war, wurde gezwungen, „infolge notwendiger Arisierung“ seine Betriebe zu „verkaufen“. Es gelang ihm, im April 1939 nach England auszuwandern. Ein Wiedergutmachungsverfahren nach dem Zweiten Weltkrieg wurde angestrengt.

Die Abwicklung des C. Barth Verlags zog sich aus nicht dokumentierbaren Gründen erheblich in die Länge: Die amtswegige Löschung erfolgte erst am 22.6.1944.

Die Produktion

Eine Verlagstätigkeit des C. Barth Verlags konnte nur für die Zeit 1919-1921/22 nachgewiesen werden. Insgesamt dürften etwa 20 Werke erschienen sein, wobei alle Autoren (bis auf eine Ausnahme) Österreicher sind und einige von ihnen den jüngeren Generation angehören. Zu den Verlagsautoren zählten H. Frankenstein (Verwegenes Spiel. Der Roman einer Ehe), Rudolf Kalmar (Vater Ramsauer), Lenore Pany (Veritas), Pankraz Schuk (Der Weg nach Mayerling. Roman eines Kronprinzen; Wiener Walzer. Roman), A.E. Sedlmayr (Das Gift der Borgia. Phantastischer Roman), Hugo Salus (Vergangenheit. Novellen; Die Beschau. Eine Ghettogeschichte. Mit Bildern von Axel Leskoschek), Johann Ferch (u.a. Am Kreuzweg der Liebe). Nur einige Werke sind nicht Belletristik: A-B-C Bilderbuch, Richard Smekals Grillparzer und Raimund. Funde und Studien, Ubald Tartaruga (d.i. Edmund Otto Ehrenfreund) Aus der Mappe eines Wiener Polizeibeamten, Cornel Zimka, Die Wahrheit über den Tschechenstaat. 1919 kündigte der Verlag „Eine neue Sammlung spannender Kriminal- und Detektivgeschichten“ (,Argus-Bücher“) an, von der ein Band pro Monat erscheinen sollte. Es ist lediglich eine Folge erschienen, und zwar von Harald Toren: Der vermißte Millionär.

Der neue Inhaber Landau wahrte die alte Tradition, insofern als er den „Wiener Pitival“ herausgab. [5]

„Aber schon im Jahre 1923 wurde die Verlagsrichtung mit der Herausgabe des Lehrbuch der Reklame von K. Lauterer vollständig geändert. Seither erschienen eine Reihe von Werken, die sich hauptsächlich mit jeder Art moderner Werbung beschäftigten.“ [6] Ein Hinweis darauf, daß der C. Barth Verlag die vorhin erwähnte belletristische Produktion aufgab, findet sich im Anzeiger: Im Oktober 1924 gingen 12 Werke des C. Barth Verlags an den Josef Rubenstein Verlag in Wien über. [7]

Anmerkungen

[1] Quellenhinweise: Handelsgericht Wien. Register für Einzelfirmen, Band 5, pagina 130; Handelsgericht Wien, Register A, Band 64, pagina 217; Handelsgericht Wien. Registerakt Band 50, pagina 22a (WrStLa); Akt Gremium/C. Barth; ÖSta, AVA, BMfHuV, VVSt, Kt. 92, V.A. Béla Hess; Lexikon der deutschen Verlage. Leipzig: C. Müller Verlag, 1930, S. 310 f.

[2] Lexikon (zit. Anm. 1), S. 310.

[3] Phil. Diss. Wien 1913: Paris von der Juli- bis zur Februar-Revolution nach den Berichten der Deutschen. Landau ist am 2. August 1887 in Chrzanow, Galizien, geboren.

[4] Registerakt A 50, 221. Schreiben der Kammer an das Handelsgericht.

[5] Lexikon (zit. Anm. 1), S. 311.

[6] Ebenda.

[7] Anzeiger, Nr. 43, 24.10.1924, S. 516.


Ergänzungen zur Buchveröffentlichung von 1985

Literatur

Ergänzungen zur frühen Firmengeschichte

Frau Stephanie Bühlmann, eine Ururenkelin von Carl Barth, erforscht seit einigen Jahren ihre Familiengeschichte und hat auf Grund ihrer sehr gründlichen Recherchen wesentliche Informationen zusammengetragen, die nicht nur über die Firmenangaben in Peter R. Frank/Johannes Frimmel: Buchwesen in Wien 1750-1850. Kommentiertes Verzeichnis der Buchdrucker, Buchhändler und Verleger (2008) weit hinausgehen, sondern es auch erlauben, Angaben in der von mir zitierten Quelle (Lexikon der deutschen Verlage, 1930), wo die Abfolge der Vor- und Nachfahren nicht korrekt wiedergegeben ist, zu korrigieren. Ein „Josef“ Barth ließ sich z.B. bei den Recherchen von Frau Bühlmann bislang nicht ermitteln, und eine entsprechende ANNO-Suche brachte über eine solche Person nichts zutage. Die Namensgleichheit von den einzelnen Familienmitgliedern erschwert den Überblick. Frau Bühlmann war so freundlich, mir die Ergebnisse ihrer Nachforschungen mitzuteilen. So kann man einen wesentlichen Fehler im zitierten Lexikon richtigstellen. Die zitierte „Enkelin“ von Carl Barth, Friederike Smekal (geb. Benesch), heiratete 1913 mit 24 Jahren und hat, soweit bekannt, den Verlag nicht geführt. Wohl geführt hat ihn aber ihre Mutter, die auch Friederike Benesch hieß und die Tochter von Carl Barth war. Nach dem Tod des Architekten und Schwiegersohnes Gerard Benesch im Jahr 1921 hat dann der Enkel Walter Benesch den Verlag bis zum Verkauf geführt.
Als weiterer Beitrag zur Geschichte des Buchwesens in Wien 1750–1850 und mit der freundlichen Genehmigung von Frau Stephanie Bühlmann sollen die anhand gesicherter Quellen ermittelten Angaben zur Firmen- wie auch zur Familiengeschichte hier angeführt werden.

1. Franz Barth (1789 –1853) „akademischer“ Kupferstecher, verheiratet 1819 mit Theresia Berger, Eltern von:
1.1. Carl Barth (1821–1902), Kupferstecher und Bilderhändler.

Der Kupferstecher Franz Barth, Vater von Carl Barth, war bereits 1817 als befugter Bilder- und Spielwarenhändler an damaliger Adresse „zu Mariahilf 28“ tätig. Laut Das Wiener Heimatbuch. Wien: Austria Press, 1963, wurde Franz Barth 1784 geboren, allerdings ist er nach den Kirchenmatriken von Rossau/Wien am 12. Juli 1789 auf die Welt gekommen. Er starb am 7. März 1853 in Mariahilf. (Wiener Zeitung, 29.3.1853, S. 422, und Kirchenmatriken Mariahilf)
Nach dem Heimatbuch soll Franz Barth an der Akademie der bildenden Künste in Wien studiert und sich dann in Mariahilf niedergelassen haben. Nebst Heiligenbildern brachte er auch handkolorierte Gesellschaftsspiele, Ausschneideblätter für die Jugend, dann Liedflugblätter und andere Papierwaren heraus. Laut Wien. Musikgeschichte, Volksmusik und Wienerlied (2006) führte Franz Barth 1840 vermutlich als erster den Kupferstich für Liedflugblätter ein, eine Technik, die allgemein bis 1880 angewendet wurde.
Seine Gattin Theresia – sie starb am 16. Juli 1859 (Kirchenmatriken Mariahilf; Wiener Zeitung, 27.8.1859, S. 601) – war als „Spielwaaren-Erzeugerin“ selbständig tätig und hatte ihr Geschäft in der Rauchfangkehrergasse im Schottenfeld (Neubau). Nach dem Tod von Franz Barth 1853 übernahm sein Sohn Carl Barth (1821-1902) dessen Geschäft.

1.1. Carl Borromäus Barth, geboren am 23.6.1821, Sohn des Franz Barth und Theresia Berger, „befugter Kupferdrucker und Bilderhändler“ heiratete zum ersten Mal am 1.11.1853 Magdalena Zwettler (Quelle Kirchenmatriken). Magdalena Barth starb als „Kupferdruckersgattin“ an einer Lungen- und Bauchfellentzündung am 15. Juli 1863 im Alter von 35 Jahren und wurde am 17. Juli bestattet. (Quellen: Kirchenmatriken Mariahilf; Siehe auch den Hinweis zum Tod in: Fremden-Blatt, 19.7.1863, o.S.). Nach ihrem Tod heiratete Carl Barth am 24.10.1863 in Mariahilf seine zweite Frau, Antonia Thiel (Laut Kirchenmatriken). Carl Barth starb 1902, und der Verlag wurde zunächst von seiner zweiten Ehefrau, Antonia Barth, weitergeführt.

Carl Barth und Antonia, geb. Thiel, waren die Eltern von mindestens einer Tochter.
1.1.1. Friederike Antonia Benesch (geb. Barth), geboren am 19.6.1868 in Mariahilf, Windmühlgasse 26 (Quelle Kirchenmatriken), heiratete den Architekten Gerard Ferdinand Benesch um das Jahr 1886 (verstorben April 1921). Ab ca. 1900 war der Carl Barth Verlag an der Gumpendorferstrasse 51, wo auch der Schwiegersohn Gerard Benesch sein Büro hatte.

Friederike Antonia und Gerard Benesch waren die Eltern von Carl Barth’s Enkeln:
1.1.1.1. Melanie Benesch, 18.5.1888–22.10.1899 (Wien)
1.1.1.2. Friederike Smekal, geb. Benesch, 2.10.1890–22.10.1968 (Wien)
1.1.1.3. Lucy de Barros, geb. Benesch, 20.11.1893–31.1.1989 (Bern)
1.1.1.4. Walter Benesch, geb. ca. 1896 (?)

(Juli 2019)

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