Verlag Rudolf Cerny

Verlag Rudolf Cerny (Verlag für Volksaufklärung Rudolf Cerny) (Wien-Leipzig) [1]

Der Verlag Rudolf Cerny bzw. der „Verlag für Volksaufklärung Rudolf Cerny“ wurde im Juli 1920 von dem am 7.3.1898 in Wien geborenen Rudolf Cerny gegründet. [2] Cerny war in der Verlagsgenossenschaft „Neue Erde“ beschäftigt, was dann die Linie seines späteren Verlags verständlich macht. Seine erste Konzession – zum Betrieb des Verlagsbuchhandels beschränkt auf den Handel mit den im eigenen Verlag erscheinenden Werken fremder Autoren im Standort Wien 16., Liebhartsgasse 46 – erhielt Cerny erst am 10.2. 1921. Etwa ein Jahr später wurde ihm eine weitere Konzession (Vollkonzession) zum Betrieb des Buchhandels im selben Standort verliehen. Trotz zweier Konzessionen blieb Cerny ein „kleines Unternehmen“. Im August 1931 legte er seine Gewerbeberechtigung zurück. Nach dem Zweiten Weltkrieg (1954) nahm Cerny seine Tätigkeit als Verleger wieder auf.

Cerny Signet

Die Produktion

Von den ca. 50 Publikationen dieses Verlags in den Jahren 1920 bis einschließlich 1928 erschienen weitaus mehr als die Hälfte in den letzten drei Produktionsjahren. Belletristik spielte dabei eine sehr untergeordnete Rolle. Vielmehr standen die meisten Verlagswerke im Zeichen der Freidenker-Bewegung, und auch sonst ähnelt die Palette der Publikationen der des Anzengruber-Verlags. Der Verlag Rudolf Cerny bzw. der Verlag für Volksaufklärung Rudolf Cerny stand der revolutionären Bewegung nach dem Krieg bzw. den Sozialdemokraten in vielen Belangen nahe. Genauso sind Affinitäten zwischen Cerny und der Verlagsgenossenschaft „Neue Erde“ offenbar, wenn man auf pazifistische Schriften wie Gewalt oder Gewaltlosigkeit? (1920) von Fritz Oerter oder Schriften zum Thema Siedlerbewegung (Paul Robien, Die Siedlungsaktion, 1921, in der Reihe Neubau für eine freie Erde) verweist. Aber bei weitem die meisten Schriften waren dem Freidenkertum gewidmet. So verlegte Cerny zeitweise die „Freidenker-Bücherei“ (Als Übernahme von Wiener „Freidenker-Verlag“), die „Freidenker-Lichtstrahlen“ mit Werken von Angelo Carraro und Johann Ferch und den Bücherfreund. Literarische Rundschau für Naturwissenschaft, Atheismus und Sozialismus (1923). Besonders auffallend ist die 1926-27 bei Cerny erschienene Reihe der Gottlosen Bücher. Unter den sechs Bänden finden sich Werke wie Theodor Hartwig Jesus oder Karl Marx?, Ludwig Eldersch, Der Irrgang des Glaubens, Michael Bakunin, Freidenkertum und Otto Wolfgang, Biblischer Stumpfsinn. Weitere Werke dieser Art: Johann Ferch, Der Kulturkampf (1922), Johann Most, Die Gottespest (1922) und Pierre Ramus, Bauer, Pfarrer und Christus (1921). Erwähnenswert ist auch eine weitere, 1925 begonnene Reihe, die von Karl F. Kocmata herausgegeben wurde und die im „Verlag für Volksaufklärung Rudolf Cerny“ erschien: Großstadt- u. Menschheitsdokumente. Von der Konzeption her kann diese Reihe als Fortsetzung der 1920-1921 ebenfalls von Kocmata herausgegebenen Reihe Stimmen aus der Zeit. Flugschriften des ,Ver!“ angesehen werden:

In dieser Sammlung finden Großstadtexistenzen und Großstadtereignisse, Großstadt- und Menschheitsdokumente ihre wahrheitsgetreue Schilderung und Beschreibung. Als erster Band in der Reihe der Dokumente ist der vorliegende erschienen. In Vorbereitung befinden sich in dieser Sammlung folgende Abhandlungen und Studien, Schilderungen aus dem sozialen Leben und seinen Niederungen:

Nikolaus Strehm, Das verblutende Wien
Karl F. Kocmata, Der Lustmörder Christian Voigt. Dirnenlieder aus alter und neuer Zeit.
Egon Erwin Kisch, Emile Zola und der Sozialismus.
Ferner Arbeiten von Rudolf Geist, Erich Mühsam, Hugo Sonnenschein u.a. [3]

Es blieb aber bei Band 1, 1925 von Karl F. Kocmata, Die Prostitution in Wien. Streifbilder vom Jahrmarkt des Liebeslebens.

Was die Belletristikproduktion betrifft, so handelt es sich um weniger als 10 Werke, die man so charakterisieren könnte. Vielversprechend hat es jedoch schon 1920 begonnen mit der ersten (und letzten) Folge einer Reihe „Moderner Dichterbilder in zwangloser Folge“ Die Sonnenblume. Nr. 1 war Josef Kitir gewidmet mit einer Einleitung von Dr. Kurt Sonnenfeld. Die Reihe wurde allerdings nicht fortgesetzt. Im folgenden Jahr erschien das von Max Hayek herausgegebene Werk Die verwandelte Erde. Ein Buch der Verheißung mit Umschlagzeichnung von Richard Teschner in einer Auflage von 4.000 Exemplaren. Auch die weiteren „belletristischen“ Werke kann man kaum als gängige Marktartikel bezeichnen. Hier finden sich Werke wie:

Josef Mayerhöfer, Spartakus. Hist. Drama in 5 Akten (1925). Anton Putz zu Adlersthurn, Moloch Christentum. (1927).
Anton Putz zu Adlersthurn, Die Insel der Nackten. (1927).
Charles Wood, Der Dichterin der Wüste. (Poet in the desert). Übertr. u. eingel. von Max Hayek (1927).

Auch in den 50er Jahren gab es bei Cerny eine sehr gemischte Buchpalette, die z.T. der aus den 20er Jahren ähnelte.

Dem Ratgeber- und Aufklärercharakter des Verlags wurde in der Wahl des Signets – einer Fackel – und im Spruch „Fiat lux“ Rechnung getragen.

Anmerkungen

[1] Quellenhinweise: Akt Gremium/Rudolf Cerny; Publikationsliste Verlag Rudolf Cerny bzw. Verlag für Volksaufklärung Rudolf Cerny der Deutschen Bücherei Leipzig sowie Verlagsanzeigen.

[2] Das Protokoll Cernys bei der Korporation der Wiener Buch-, Kunst- und Musikalienhändler ist mit 9. Juli 1920 datiert.

[3] Anzeige in Band 1, 1925 (Kocmata).

Ergänzungen zur Buchveröffentlichung von 1985

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