Verlag Karl Harbauer (Wien-Leipzig) [1]
Die Verlagsszenerie im Österreich der Zwischenkriegszeit weist eine Vielzahl von kleinen Unternehmen auf, deren Firmenname mit dem des Inhabers identisch ist. Ein weiteres Beispiel hiefür ist der Verlag Karl Harbauer.
Der am 1.5.1877 in Göseg/Ungarn geborene Kaufmann Karl Harbauer erhielt am 5.3.1912 von der zuständigen Behörde, der k.k. n.ö. Statthalterei, eine Konzession für das Verlagsgeschäft. Kurze Zeit darauf, nämlich am 29. März, gründete er den „Verlag Karl Harbauer“.
Nach dem Ersten Weltkrieg, während dessen der Verlagsinhaber und Hauptmann Karl Harbauer mehrfach ausgezeichnet wurde, ließ er sein Unternehmen wegen des größeren Geschäftsumfangs handelsgerichtlich protokollieren. Die Firma wurde sodann am 26. Juli1928 unter Register A, Band 37, pagina 156 ins Wiener Handelsregister eingetragen.
Bis 1922 entwickelte das Verlagshaus mit Sitz in Wien 8., Pfeilgasse 32 (nach 1924: 4., Große Neugasse 29) eine rege Tätigkeit. In den Jahren danach – 1924 erschien das letzte nachweisbare Werk – und, womöglich durch die ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnisse und Kapitalmangel bedingt, flaute das Geschäft völlig ab. Am 4. März 1929 mußte der Schuldner Karl Harbauer die Eröffnung des Ausgleichs beim Handelsgericht beantragen. Der Verlag hatte Schulden – meist ausstehende Rechnungen und Rückstände in der Höhe von S 3802,50. Beendet wurde das Verfahren im August desselben Jahres.[2]
Nach dem Tod Harbauers in Wien am 5.9.1937[3]
Die Produktion
Die Hauptzweige des Verlags waren von allem Anfang an politische, militärische, juristische, historische und kriminalistische Werke. Doch sind auch „Wienerisches“ und (österreichische) Belletristik in der Verlagsproduktion vertreten. Karl Harbauers Karriere als Weltkriegsoffizier spiegelt sich in der Produktionspalette seines Verlags deutlich wider. In diesem Zusammenhang seien ein paar Titel von Zeitschriften genannt, die Harbauer entweder selber herausgab oder redigierte und die in seinem Verlag erschienen: Der Berufsunteroffizier, K.K. illustrierte Feldzeitung der 4. Armee, Der Gendarm. Illustrierte Wochenschrift, Handbuch der österreichischen Bundesgendarmerie, Volk und Heer usw. Besonders aber fällt das Erscheinen der Zeitschrift Die Rettung. Blätter zur Erkenntnis der Zeit auf, die von den KPQ-Veteranen Franz Blei und Paris Gütersloh herausgegeben wurde. Die erste Nummer, die ausnahmsweise 16 Seiten stark war und eine Krone kostete, erschien am 6. Dezember 1918. Harbauer hat selber die neue Zeitschrift in der Buchhändler-Correspondenz angezeigt und folgendermaßen vorgestellt:
Diese Wochenschrift (erscheint jeden Freitag) ruft den Menschen auf den Plan, der über der Partei und Klassengenossen vergessen wurde. Herz und Kopf machen die Welt, nicht Zufuhr und Abfuhr der Nahrung; nur der Geist regiert. Zu einem Patriotismus des Lebens ruft „Die Rettung“ auf, nicht zu einem Patriotismus irgendwelcher Institutionen, seien diese staatlicher oder kirchlicher Art. Der Mensch ist gut, Platz für seine Güte! Nicht die Mütze macht den Republikaner, sondern was darunter ist. (Nr. 50, 11.12.1918, 596)
Blei und Gütersloh, die eine Wahlempfehlung für die Sozialdemokraten ausgaben (Nr. 10, 7.2.1919), wechselten mit der Nummer 10 zum „Selbstverlag der Herausgeber“ über, blieben jedoch bei derselben Druckerei. Wie im Fall der meisten anderen Zeitschriften dieser Zeit wurde auf Zeitungspapier gedruckt. Die Rettung stellte ihr Erscheinen mit der Nr. 12/14 vom 21.3.1919 ein. Die steigenden Druck-, Papier- und nicht zuletzt Personalkosten, die 1919 einsetzten, führten dazu, daß viele Verlage, darunter auch der Verlag Karl Harbauer, Billigbuchreihen initiierten. Und was Belletristik anlangt, machten zwei Reihen bzw. Serien mehr als die Hälfte der Produktion von etwa drei Dutzend Titel aus. 1921/22 erschienen z.B. fünf Verlagswerke (zwei von Pankraz Schuk, je eins von Hermann Drawe (1867 – nach April 1942), Helene Weilen, und Günter Hoffmann) in der Reihe Das Wiener Buch. Trotz Ankündigungen sind mehr Bände nicht erschienen. Großer Erfolg war der Reihe Wiener Volksbücher beschieden. Dazu Harbauer:
Die breiten Schichten des Volkes können Klassikerausgaben oder Auszüge aus denselben sowie sonstige Unterhaltungslektüre infolge der durch die hohen Herstellungskosten berechtigten großen Preiserhöhung nicht erwerben – wohl der Hauptgrund weshalb auf meine billigen „Wiener Volksbücher“ so stark gegriffen wurde, zumal die Ausstattung derselben wohlgefällig ist. [4]
In dieser Reihe erschienen zu einem niedrigen Preis Goethes Faust, Grillparzers Der arme Spielmann, Das Kloster bei Sendomir und Weh“ dem, der lügt sowie Werke von Karl Stieler, Ludwig Anton, Karl Gutzkow, Joseph Viktor von Scheffel, Hermann Drawe, Heinz Steinrück, Viktor Gustav Cordon (Die sterbende Stadt. Eine Phantasie, 1920) usw. Außerhalb dieser Reihen erschienen Werke von folgenden Autoren im Verlag Karl Harbauer: Ida Maria Deschmann, Hermann Drawe, Robert Michel, August Ernst Rouland, Fritz Wehr, Erwin von Janischfeld (d.i. Karl Lustig-Prean] (Blutgerüst. Verschnörkelte und kahle Skizzen. Mit einem Vorworte von Karl Hans Strobl, 1918), Heinz Slawik (Seehistörchen, 1918; Erdsternfrieden. Eine un-wahrscheinliche Geschichte, 1919, Aufl.: 10.000), Friedrich Porges und Karl Wache (Die Künste. Ihr Wesen und Werden, 1919).
Anmerkungen
[1]Quellenhinweise: Handelsgericht Wien. Registerakt A 37, 156 (WrStLa); Handelsgericht Wien. Ausgleichsakt Sa 79/29 (WrStLa); Gremium/Verlag Karl Harbauer.
[2]Ausgleich Handelsgericht Wien Sa 79/29 (WrStLa).
[3] WZ, 7.11.1937, S. 6. (Nachruf)
[4] BC,Nr. 45, 5.11.1919, S. 671.