Ralph A. Höger-Verlag
Dieser Verlag wurde von dem am 3. Jänner 1906 in Wien geborenen gelernten Buchhändler Ralph bzw. Rudolf A. (Adolf) Höger gegründet.[1] Höger trat mit 16 Jahren bei Rudolf Heger in die Buchhandelslehre ein und erhielt sein Gehilfenzeugnis durch einjährige Tätigkeit bei der Bukum A.G. in Wien. Im Alter von bloß 29 Jahren und mit den erforderlichen Zeugnissen ausgestattet, suchte Höger im Februar 1931 bei der Korporation um Verleihung einer Buchhandelskonzession an. Während die Korporation das Ansuchen gleich im März befürwortete, zog Höger sein Ansuchen Ende des folgenden Monats von sich aus zurück. Der Grund: er war inzwischen nach Deutschland ausgewandert und betrieb seit April 1931 das Buchhandelsgewerbe in Berlin, genauer: er gründete den „Ralph A. Höger-Verlag“, Berlin W 10, Matthaikirchstraße 16. Wann Höger genau mit der Produktion in Berlin (bzw. Leipzig) begann, ist nicht bekannt. Spätestens Ende 1934 erschienen seine Verlagswerke mit dem Impressum „Leipzig-Wien“. Im Laufe dieses Jahres muß sich Höger aus unbekannten Gründen entschlossen haben, Deutschland zu verlassen und mit seiner Firma nach Wien zu übersiedeln. In Wien begann also 1935 die zweite Produktionsphase. Anfang Jänner dieses Jahres suchte Höger in Wien bei der Korporation um eine Konzession an, die er am 20. März zum Betriebe des Buchverlages im Standort Wien III., Hetzgasse 42 (später: I., Biberstraße 22) erhielt.[2] Die nicht protokollierte Firma „Ralph A. Höger-Verlag“ dürfte noch bis zum „Anschluß“ Mitte März 1938 existiert haben. Belegbar ist diese Vermutung allerdings leider nicht. Über das weitere Schicksal Högers bzw. des Verlags ist so gut wie gar nichts bekannt. Da Höger nicht Jude war, müssen andere, vielleicht finanzielle Gründe dafür maßgebend gewesen sein, daß der „Ralph A. Höger-Verlag“ bereits am l. April 1938 unter Zwangsverwaltung gestellt und der Alleininhaber der F. Speidel’schen Verlagsbuchhandlung, Eugen Swoboda, vom kommissarischen Leiter der Zwangsgilde, Karl Berger, zum Zwangsverwalter bestellt wurde.[3]
So weit sich feststellen läßt, entfiel der Großteil der Produktion dieses Verlags auf die Wiener Zeit. Nach einer vorsichtigen Schätzung, die auf Verlagsanzeigen vor allem ab 1935 beruht, umfaßte die Gesamtproduktion etwa 52 oder etwas mehr Titel. Eine Analyse der Verlagswerke ergibt zwei für diese Zeit typische Charakteristika. Nach 1933 wurde ganz allgemein im österreichischen Verlagswesen (verstärkt natürlich im Fall von Verlagen, die mehr jüdische Autoren hatten) die durch die „Ausschaltung“ unerwünschter Autoren vom deutschen Buchmarkt entstandene „Lücke“ vielfach durch Übersetzungsliteratur gefüllt. Andere zeitgenössische Beispiele neben Höger: E.P. Tal, Verlag Dr. Rolf Passer, Herbert Reichner, Amonesta & Co.
Bei Höger erschien Übersetzungsliteratur aus dem Ungarischen (L. Székely), Englischen (D.H. Lawrence, Arthur Weigall, B. Morris), Italienischen (R. Calzini, G. Papini, L. Bianchi) und Russischen (A. Awertschenko).
Das zweite Phänomen – und Högers Verlagsprogramm ist durch dieses Genre vor allem ab 1935 geradezu dominiert – ist das Schwergewicht auf historisch-biographischen Werken, d.h. entweder deklarierten „Biographien“ oder sonstigen Bearbeitungen historischer Stoffe, Werken über zeitgenössische und verstorbene Persönlichkeiten. Ohne jedoch alle diesbezüglichen Verlagswerke zu autopsieren, scheint es wichtig, festzuhalten, daß die historischen Werke des Höger-Verlags sich von denen der F. Speidel’schen Verlagsbuchhandlung (Jelusich Cäsar, Cromwell etc.; Ellert) bzw. des Zsolnay Verlags (etwa: Wladimir von Hartliebs Fridericus Rex) abheben. In diesem Zusammenhang sprach ein zeitgenössischer Autor vom „Mißbrauch historischer Gestaltung“.[4] So finden wir in der Verlagspalette des Höger-Verlags Werke über historische Figuren wie Dante, Marconi, Peter den Großen, Mona Lisa, Wilhelm Tell, den Sohn der Marie Antoinette, Johannes Kepler, Oswald von Wolkenstein, Theodor Herzl, Marie Louise, Nero, Radetzky, Kaiser Karl I usw. Auch über Zeitgenossen verlegte Höger biographisch-historische Werke, wie etwa über Benito Mussolini, Otto von Habsburg, Grete Garbo und Edward, Herzog von Windsor.
Daß diese Wende zum Historischen im Verlagsprogramm – wie es überhaupt dem literarischen Zeitgeist teilweise entsprach – kein Zufall war, sondern daß die Produktion zielbewußt in diese Richtung gesteuert wurde, zeigt ein Preisausschreiben, das der junge Verleger Mitte 1935 veranstaltete.
Es ging Höger nicht nur darum, neue Werke zu bekommen, sondern unentdeckten dichterischen Talenten eine Chance zu gehen. Außergewöhnlich an diesem Preisausschreiben war neben der Festlegung auf „den besten historischen Roman“ auch das hohe Preisgeld, das mit einer Dotierung von 5.000 Schilling genau fünfmal größer war als der Österreichische Staatspreis für Literatur![5] Wegen des dokumentarischen Werts wird die diesbezügliche Zeitungsmeldung in extenso zitiert:
5000 Schilling für einen Dichter!
Wie der „Morgen“ als erstes Blatt mitteilen kann, hat der junge Wiener Verlag, Ralph A. Höger, soeben ein Preisausschreiben erlassen. Der ambitionierte Verleger sucht für seine Herbst-Produktion den besten historischen Roman in deutscher Sprache und sichert dem auserwählten Einsender außer den Tantiemen einen Preis von 5000 Schilling zu. Bis zum 31. August 1935 müssen die Manuskripte beim Wiener Verlag eingesandt werden. Die endgültige Entscheidung wird bereits vierzehn Tage später, also am 15. September, bekanntgegeben, da der Roman bereits Ende dieses Jahres erscheinen wird.
Nur deutsche Autoren
„Jawohl ich setze 5000 Schilling für den besten historischen Roman aus, der mir bis Ende August eingereicht wird. Die Einsendungen haben unter voller Namensnennung zu erfolgen“, erklärt der Verleger, der mit dem preiszukrönenden Roman für den Herbst Werke wie D.H. Lawrence „Der weiße Pfau“, und ein neues Calcini-Werk, „Klassischer Vollmond“, erworben hat. Außer einer „Maria-Luise“-Biographie von Gertrude Aretz hat Höger dann noch einen neuen ungarischen Autor, Székely, nämlich dessen Roman „Tropenfieber“, erworben.
„Nur in deutscher Sprache geschriebene Manuskripte kommen in Frage. Übersetzungen oder Bearbeitungen können nicht konkurrieren. Ich suche neue Namen, neue Menschen, einen neuen Dichter – es soll mich freuen, wenn es ein Österreicher ist.“
Sogar handgeschriebene Romane konkurrenzfähig
Höger verlangt nicht einmal Manuskripte, die mit der Maschine geschrieben sind; er will wirklich denen eine Chance geben, die noch ganz unentdeckt sind. Es ist schön, daß es gerade ein junger Wiener Verleger ist, der auf Entdeckungssuche geht.
Es ist nicht das erstemal, daß der Ralph-A.-Höger-Verlag von sich Reden macht; aber er hat sich völlig umgestellt und beabsichtigt nunmehr, nicht nur der politischen Literatur ein Obdach zu gewähren. Es ist keine Zeitflucht, die ihn gerade historische Romane suchen läßt. Die tiefe Erkenntnis, daß die heutigen Leser von den schweren Zeiten in geschichtlichen Parallelen „Erholung“ und Entspannung suchen, leitet das Preisausschreiben.
Der Morgen (Wien), 1.7.1935, 4)
Gerade die letzten Feststellungen sind interessant: Ob man von den historischen Romanen eines Mirko Jelusich oder eines Franz Spunda behaupten könnte, sie dienten nur der „Erholung“ oder „Entspannung“, kann stark bezweifelt werden. Wer den Preis gewann, war nicht zu eruieren.
Zu den zeitgenössischen österreichischen Autoren des Höger-Verlags gehörten u.a. Alexander Lernet-Holenia (Mona Lisa), Fred Eggarter, Hilde Spiel,[6] die ihr zweites Buch hier erscheinen ließ (Verwirrung am Wolfgangsee, 1935), und Edith Zellweker, die, als ihr Erstlingswerk Und seine Tochter ist der Peter 1935 erschien und mit dem Julius Reich-Preis ausgezeichnet wurde, erst 19 Jahre alt war.
Ob der Höger-Verlag Schwierigkeiten hatte, seine Bücher nach Deutschland einzuführen, ist nicht bekannt. Daß er – im Vergleich zu manch anderen Verlagen dieser Zeit – den österreichischen Markt zur Kenntnis nahm, geht daraus hervor, daß er sich öfter des schwachbrüstigen Anzeigers als Werbeträger bediente.
Anmerkungen
[1] Die hier folgenden Ausführungen sind zur Gänze dem Akt Ralph A. Höger-Verlag der ehemaligen Korporation entnommen.
[2] Siehe Gutachten vom 21. Jänner 1935: „Mit Rücksicht auf die mehrjährige Tätigkeit als 1. Sortimentsgehilfe besitzt der Gesuchswerber die entsprechende Allgemeinbildung und die erforderlichen Erfahrungen, womit der Befähigungsnachweis erbracht erscheint.“
[3] Schreiben des Kommissarischen Leiters an die Handelskammer Wien, vom 1. April 1938. (Archiv Buchgewerbehaus Wien, V 1938, Mappe 504.)
[4] AVA, Vaterländische Front (VF), Karton 38. Denkschrift über die Lage und die Wünsche des österreichischen Schrifttums, vorgebracht beim Österreichischen Dichtertreffen am 16. November 1936 von Dr. Theodor Heinrich Mayer, S. 2.
[5] Während also Höger 1935 ein Preisausschreiben veranstaltete und der Wiener Krystall-Verlag 1937 im Rahmen der Wiener Festwochen einen „Dichterwettbewerb für Lyrik 1937“ organisierte (s.d.), gab es in diesem Jahrein „Preisausschreiben der Stadt Wien für Romane“. Für die Literaturpolitik des Ständestaates auf kommunaler Ebene mag dieses Ereignis stellvertretend sein. Hier einige Auszüge aus den „Bestimmungen über den von der Stadt Wien auszuschreibenden Romanwettbewerb“: „1. Die Stadt Wien schreibt für das Jahr 1938 einen Preis in der Höhe von 2000 S für den besten Roman aus, der in gewählter oder echt volkstümlicher Sprache und in künstlerischer Form ein Thema aus dem Wiener Milieu (Geschichte oder Gegenwart) in ethisch hochstehender Art behandelt.“ Zur Preiszuerkennung wurden zwei Jurys eingesetzt: eine „Volksjury“ und eine „Schriftstellerjury“. Während die Volksjury aus „Volkskreisen“ gebildet wurde, setzte sich die Schriftstellerjury aus drei vom Kunstbeirat gewählten Persönlichkeiten zusammen. Der Schriftstellerjury oblag die erste Sichtung, der Volksjury oblag es, „die gesichteten Werke auf ihre volkstümliche Wirkung zu prüfen“. Schließlich hatten die Schriftsteller die Aufgabe, in Form von Gutachten dem Bürgermeister die ausgewählten Werke zu präsentieren. Einsendeschluß war der 15. Februar 1938, und die Jurys mußten ihre Urteile bis 15. Juni 1938 abgeben. (Siehe: Österreichische Rundschau. Land-Volk-Kultur (Wien), 3. Jg., 1937, S. 188 f.) Näheres zum Preisausschreiben geht aus dem entsprechenden Sammelakt der Städtischen Sammlungen (St.S. 150/37) hervor, der sich heute im Archivbestand der WrStLb befindet. In diesem Akt finden sich neben den Bewerbungsschreiben (genauer: mit Kennworten versehenen Zetteln) der einzelnen Autoren auch die gesamte amtliche Korrespondenz, die zur Wettbewerbsausschreibung führte. Das Preisausschreiben geht auf einen Beschluß des Wiener Bürgermeisters vom 7.3.1936 zurück, wonach die Sektion für Literatur des Kunstbeirates eingeladen wurde, Aufgaben und Bestimmungen für einen solchen Preis vorzuschlagen. Da heißt es beispielsweise in einem Schreiben vom 27.I.1937 an den Bürgermeister: „Ferner seien den Romanschriftstellern bestimmte Themen (aus der Wiener Geschichte; Heimatliebe, Staatstreue, Familiensinn) als Preisaufgabe zu stellen.“ Als Beispiel wurde „Die Spinnerin am Kreuz“ angeführt. Auf etablierte Wiener Autoren übte dieses neue Preisausschreiben so gut wie keine Faszination aus. Die überwiegende Mehrheit der nicht sehr zahlreichen Bewerber war schon damals nicht allzu bekannt und rekrutierte sich vielfach aus denjenigen „Hobbydichtern“, die seit dem Jahre 1924 sich fast jährlich um den Preis der Stadt Wien für Dichtkunst erfolglos bewarben. Während die Bewerbungen vom literarhistorischen Standpunkt aus von geringem Interesse sind, beanspruchen die Vorgänge rund um die Nominierung der Schriftstellerjury mehr Interesse. In Frage kamen – wie sich herausstellt – Autoren, die z.T. mit einem Bein im katholischen, mit dem zweiten im nationalen Lager standen. Dem allerersten Vorschlag zufolge sollten Franz Nabl, Max Mell und Rudolf List in der genannten Jury sitzen. Nabl lehnte die Berufung in das Ehrenamt in einem Schreiben vom 5.7.1937 mit der Begründung ab, daß „ich selbst mit größeren Arbeiten beschäftigt bin, die keinerlei Ablenkung und auch keinen Aufschub vertragen“. In seiner Ablehnung vom 29.6.1937 schrieb Max Mell u.a.: „Ich allerdings habe eigener Arbeiten wegen, die mir die Zeit zum Lesen naturgemäß einschränken, keine Möglichkeit, als Preisrichter mittätig zu sein.“ Ersatzleute für die Genannten standen gleich von Anfang an fest. Für Nabl waren es Theodor Heinrich Mayer und Friedrich Schreyvogl, für Mell waren es Josef Weinheber und Herbert Strutz und für List Josef Neumair. Für die Libretti-Jury war auch Franz Karl Ginzkey vorgeschlagen worden. Ginzkey teilte den Städtischen Sammlungen in einem Brief aus Salzburg vom 21.7.1937 mit, er sei „mit bestem Willen nicht in der Lage“, in die Jury einzutreten. „(…) es ist mir aber ganz unmöglich, im Hinblick auf meine, meine Zeit völlig erschöpfenden zahlreichen Nebenbeschäftigungen auch noch die Muße zur Prüfung von Operettenlibrettis aufzubringen.“ Mit Hinweis auf seine Mitgliedschaft im Preisgericht für den Staatspreis des Unterrichtsministeriums könne er „kaum noch eine Minute erübrigen“. Josef Weinheber hingegen war „gerne bereit“, in die Schriftstellerjury einzutreten, wie aus den zwei im Akt enthaltenen Briefen des Autors hervorgeht. Die Preisrichter für den Librettowettbewerb waren: Julius Bittner, Dr. Karl Lahr, Max Millenkowich, Robert Prosl und Julius Horst. Beim Romanwettbewerb setzte sich die Jury aus Theodor Heinrich Mayer, der selber Bewerber war, Josef Weinheber und Rudolf List zusammen. Nach Einsendeschluß gab es „96 Einreichungen von Librettoentwürfen“ und 42 eingelangte Romane. Sowohl die Prüfung der eingereichten Arbeiten durch die Jury als auch das Preisausschreiben an sich wurden durch die Ereignisse im März 1938 komplizierter gemacht. Das Problem läßt sich am besten durch ein längeres Zitat aus einem Schreiben der Städtischen Sammlungen an den Herrn Bürgermeister vom 22.4.1938 präsentieren: ;,Die gefertigte Direktion erlaubt sich nun die Anfrage an den Herrn Bürgermeister, ob die Preisausschreiben eingestellt oder ob sie geändert werden sollen, da sie mit der nun herrschenden Beurteilung des Schrifttums insoferne nicht in Einklang stehen, als sich das Recht der Teilnahme nicht auf deutschblütige Schriftsteller beschränkte. Da die Einreichungen unter Kennwort erfolgten und die verschlossenen Kuverts mit Namen und Adressen erst nach dem Schiedsspruch eröffnet werden sollen, ist eine Preiszuerkennung an nichtarische Schriftsteller nicht ausgeschlossen. Nach dem Schiedsspruch der Preisrichter aber von den Preisträgern einen Abstammungsnachweis zu fordern, wäre sehr kompliziert und würde nicht sicher zum Ziele führen. Es ergeben sich nach Ansicht der gefertigten Direktion zwei Möglichkeiten die Schwierigkeit zu lösen; die erste wäre, die Wettbewerbe ganz einzustellen, mit der Begründung, daß die Ausschreibung auf die in Deutschland erforderliche volkhafte Bindung der Literatur keinen Bezug genommen habe. Das könnte umso leichter geschehen, wenn gleichzeitig ein neues Preisausschreiben in Aussicht gestellt würde, an dem sich nur arische Wiener Schriftsteller beteiligen können. Die zweite Möglichkeit wäre, daß nur jene Kennworte von den Preisgerichten in Berücksichtigung gezogen werden, deren Träger sich in einer an die Direktion der Städtischen Sammlungen zu richtenden Erklärung der Nachprüfung ihrer arischen Abstammung unterwerfen.“ Um sich diese mögliche Peinlichkeit zu ersparen, haben die Verantwortlichen sich entschlossen, das Preisausschreiben einzustellen.
[6] Frau Dr. Hilde Spiel, Wien (dzt. London), bin ich für eine Reihe von interessanten Details zu Höger und seinem Verlag sehr zu Dank verpflichtet. „Ralph A. Höger habe ich dadurch kennengelernt, daß er eine Weile mit meiner Freundin (…) verheiratet war (…). Höger war eine sonderbare, zwielichtige Erscheinung. Er kannte Göring als junger Mann, war aber kein Nazi, sondern ein gläubiger Katholik (…). Er hatte aus einer nie genau eruierbaren Quelle in Italien, ganz gewiß einer faschistischen, Geld für einen Verlag bekommen und eine Weile lang in Wien Bücher publiziert, darunter ausgezeichnete. (…) Ich könnte mir denken, daß seine Beziehungen zu Italien, seine einige Jahre dauernde Ehe mit einer Jüdin und seine möglicherweise bestehenden Bindungen an eine Heimwehr oder ähnliche Organisation ihn in Schwierigkeiten brachten, als die Nazis kamen.“ Durch die Vermittlung von Frau Dr. Spiel erschien 1935 der 700seitige historische Roman Wolkenstein oder Die ganze Welt von CARL JOHANN LEUCHTENBERG. Hinter diesem Pseudonym verbirgt sich ihr erster Mann Peter de Mendelssohn, und das wiederum wirft ein anderes Licht auf viele „Autorennamen“ , die einem ansonsten nicht sehr geläufig sind und die bei österreichischen Verlagen in den 30er Jahren aufscheinen. Eben durch diese „Tarnung“ gelang es manchem entsprechend gesinnten Verleger, „unerwünschte“ Autoren doch noch auf den reichsdeutschen Markt zu bringen. Ernst Peter Tal versuchte dasselbe über Emigrantenverlage in Amsterdam.