Literaria A.G.

Literaria A.G.

Wenn der österreichische Buchhandel dereinst einen Geschichtsschreiber finden sollte, so wird dieser der Entwicklung der Literaria A.G. einen ganz besonders breiten Spielraum einräumen müssen. Denn das Schicksal, das die Literaria nach einer fast an amerikanische Verhältnisse erinnernden Entwicklung genommen hat, spiegelt zu einem großen Teile die Lage des österreichischen Buchhandels in den Nachkriegsjahren wider, und deshalb ist es ja so besonders erfreulich, daß sich dieses von allem Anfang an so verheissungsvoll ins Dasein getretene Unternehmen, das für den österreichischen Buchhandel eine unbedingte Notwendigkeit bildet, aus der seinerzeitigen Krise in verhältnismäßig so schneller Zeit wieder zu seiner heutigen Bedeutung emporschwingen konnte. (…)
(Der Blaue Bücherkurier (Wien), Nr. 572, 1.10.1925, S. 4.)

Mindestens zwei Unternehmen standen der Gründung des „Literaria“-A.G.-Konzerns im Jahre 1922 Pate. Das waren die Firmen: „Buchhandlung und Zeitungsbureau Hermann Goldschmiedt Ges.m.b.H.“ und „Literarische Vertriebs- und Propaganda-Gesellschaft m.b.H.“

Das „Zeitungsbureau Hermann Goldschmiedt in Wien“ – wohl heute unter dem Namen „Morawa“ , unter dem es seit 1934 firmiert, bekannt – wurde von dem am 10.1.1843 in Böhm.-Leipa geborenen Kaufmannssohn Hermann Goldschmiedt am 1. Dezember 1877 in Wien gegründet. Er war von Prag, wo er als Journalist tätig war, nach Wien übersiedelt und begann, eine neue Idee auszuführen: eine Zentrale für den internationalen Zeitungs- und Zeitschriftenverkehr zu schaffen. Zu diesem Zweck vereinigte er sich mit dem Prager Journalisten Alexander Thorsch und gründete mit ihm im Eckhaus der Wollzeile und Strobelgasse in einem kleinen Laden das Zeitungsbureau, das das erste größere Unternehmen dieser Art in Wien darstellte. Anfänglich hatte die Firma höchstens 25 verschiedene Tageszeitungen und eine kleine Anzahl von Zeitschriften zu expedieren. Bald nach der Gründung trat Thorsch aus dem Geschäft aus, und Hermann Goldschmiedt führte es meist allein, später mit seinen zwei Söhnen Walter und Felix weiter. Von Anfang an bearbeitete Goldschmiedt einen Teil des Absatzmarkts konsequent, nämlich den der größten Zeitungsabnehmer, d.h. der zahlreichen großen Kaffeehäuser. Diese wurden zu Dauerkunden, vor allem durch die Errichtung eines Zustelldienstes von unerreichter Pünktlichkeit und Schnelligkeit. Im Jahre 1900 übersiedelte das Geschäft in das Haus Wollzeile 11, wo heute die Zentrale der Firma „Morawa“ untergebracht ist.

1910 beschäftigte das Unternehmen 81 Personen und expedierte über 1.000 verschiedene Zeitungen und Zeitschriften in einer jährlichen Gesamtzahl von mehr als zehn Millionen Exemplaren. Täglich wurden 18.000-20.000 Zeitungsexemplare expediert.

Im hohen Alter entschloß sich Hermann Goldschmiedt im Herbst 1913, sein Unternehmen in eine Ges.m.b.H. umzuwandeln [1] und ein Buchsortiment [2] anzugliedern. 1918 galt die Firma als „Größtes Zeitungsbureau der österreichisch-ungarischen Monarchie“.[3] Goldschmiedt und seine Familie schieden am 1. Juli 1921 aus dem Unternehmen aus. Der Firmagründer verstarb kurz darauf am 8.2.1922.[4]

Erste Geschäftsverbindungen zwischen der Firma Goldschmiedt und der „Literarischen Vertriebs- und Propagandages.m.b.H.“ bestanden bereits 1920, als der Prokurist für Literatur, Theodor Krühne (1882-11.I.1930, Wien), zugleich Prokurist bei Goldschmiedt wurde.[5] Am 6. Dezember 1921 schließlich traten Erwin und Robert Müller als neue Geschäftsführer in die Firma ein,[6] und somit wurde der Anschluß der Literaria, der auch aktenkundig ist, an die Firma Goldschmiedt vollzogen. Erst 1924 ging die Hermann Goldschmiedt Ges.m.b.H. in andere Hände über.[7]

Literarische Vertriebs- und Propaganda-Gesellschaft m.b.H.

Eine wesentliche Quelle zur Entstehung „im Herbst jenes Revolutionsjahres“ und zur weiteren Entwicklung bilden einerseits die Ausführungen des maßgeblich Beteiligten, Robert Müller (29.2.1887, Wien-27.8.1924, ebda.), andererseits der Registerakt dieser protokollierten Firma im Handelsgericht Wien.

Die eine Quelle informiert über die kulturpolitische, die andere über die geschäftliche Seite des Unternehmens. Der Gründung ging „ein berstender Wille zur Aktivität“, der „Drang zum Schaffen“ voraus.

In den Tagen der Revolution bildete sich in Wien ein Kreis von Künstlern und kulturpolitisch ausgerichteten Aktivisten. Er hieß: „Die Katakombe“ und erweiterte die pazifistisch-antimilitaristischen und marxistischen Ideen des Umsturzes durch breite Kulturprogramme auf alle Gebiete, auf Rechtssprechung, Ehe, Schule, Geschäft, Geselligkeit. Die „Katakombe“ beschloß ihre ersten gründenden Agenden in der Privatwohnung eines der jetzigen Geschäftsführer der Literaria. Von diesen Geschäftsführern ist der eine Publizist [Robert Müller], der andere, von der Industrie und dem Bankfach herkommend [Erwin Müller], wohnte den Sitzungen als volkswirtschaftlicher Experte bei. Die „Katakombe“ stellte zu gleicher Zeit sozusagen einen Corner im modernen Wiener Zeitschriftenwesen dar, sie war so organisiert, daß von den Zeitschriften Der Anbruch, Das Flugblatt, Der neue Daimon, Die Rettung, Die Neue Wirtschaft (Der Wirt zum reinen Geiste) wenigstens je ein Vertreter kooptiert war; denn um die neuen Ideen zu verbreiten, brauchte man eine fachliche Basis; und diese sollte durch eine praktische Zusammenlegung der kleinen Zeitschriftenbetriebe und einen energischen und ingeniösen Vertriebsapparat gewonnen sein.
Aus dieser ursprünglich reinen aktivistischen Ideologie, die aber sofort die grifffestesten Realisierungen suchte, entstand die Literaria. (…) Die „Katakombe“ zerfiel aus einem Übermaß an Geistigkeit, ihr praktisches Leitmotiv, der gedachte Vertriebsmechanismus, war noch nicht fermentierend genug, es fehlte in einer Zeit, wo alles Geschäft aus den Angeln ging, an der nächsten täglichen Erfahrung. (…)
Die Literaria begann als kleiner Vertrieb literarischer Zeitschriften. (…)[8]

Die „Literaria“ war von vornherein nicht bereit, auf dem Markt bloß mit dabeizusein. Sie wollte, um die stark abgegriffene Phrase zu gebrauchen, die „Nummer eins“ sein. Für die träge österreichische Buchhandelsszene muß sie revolutionär gewirkt haben, und das äußerte sich vor allem in der Eigenwerbung wie in der Werbung. Der Motor dieser Neugründung, Robert Müller, wollte sich von der Idee leiten lassen, mußte aber mit dem „diesseitigen“ Kapitalismus auskommen.

In der Verfallszeit des Geschmackes war bei größter Energie und Geschicklichkeit auf diesem Wege ein Resultat nicht zu erzielen. Die „Literaria“ mußte sich merkantilisieren. Um ihren Betrieb dominierend zur Geltung zu bringen, mußte sie mit den vorhandenen kaufmännischen Formen Kompromisse schließen. Der Weg war der richtige;(…) (Literaria-Almanach 1921, 107 f.)

Aber wir eilen der Entwicklung ein wenig voraus.

Zur Errichtung eines Gesellschaftsvertrages für die neue zu protokollierende Firma kam es anläßlich einer Versammlung am 28. Juli 1919 in Wien, die am 6. August von einer zweiten gefolgt wurde. Es hatten sich neun Geldgeber eingefunden, die für das Stammkapital von K 120.000 aufkommen sollte. Mit Ausnahme von Erwin Müller stand offensichtlich keiner der Investoren in enger Verbindung mit der Buchhandelsbranche. Müller brachte seinen Anteil von K 10.000 in Form einer Sacheinlage ein. Diese bestand aus einer vollständigen Herrenzimmereinrichtung zur Ausstattung des von der Gesellschaft zu führenden Büros (Wert K 9.000), dem Adressenmaterial, das Müller als Herausgeber des Wochenblatts Die Neue Wirtschaft zur Verfügung stand, sowie den Verlags-rechten dieser seiner periodischen erscheinenden Druckschrift. Die Gesellschafteranteile sahen wie folgt aus:

Gustav Harmer, Fabrikant in Spillern K 15.000
Paul Köller, Reg-Rat., Direktor der Hofapotheke K10.000
Josef Hänisch, Obstlt. in Stockerau K 15.000
Leopold Schaller, Rittmeister in Stockerau K 10.000
Otto Pellech, Rechtsanwalt in Wien K 10.000
Oskar Zitnik, Ing. d. n.ö. Landesbahnen K 10.000
Robert Schmotzer, Rechtsanwalt in Völklabruck K 20.000
Leopoldine Gutruf, Inh. d. Firma English house Gutruf & Co. K 20.000

Erster Geschäftsführer der Firma war Erwin Müller. Sein Bruder Robert, der keinen Geschäftsanteil hatte, wurde erst anläßlich einer am 6. August 1919 abgehaltenen Versammlung zum 2. Geschäftsführer gewählt. Die Existenz der revolutionären Neugründung vermeldete die Müller nahestehende Wiener Mittags-Zeitung am 20. August 1919 unter der Überschrift: „Die Generation und ihre Zeitschrift“:

Ein Unternehmen, das die Schriftsteller Erwin Müller und Robert Müller soeben begründeten, hat den Zweck, zurückgebliebene geistige Verbindungen mit dem Ausland Zu organisieren. Die Literarische Vertriebs- und Propaganda-Gesellschaft m.b.H., Wien 1., Tuchlauben 11, beschäftigt sich mit der Organisation des Zeitschriftenbetriebes, wobei besonders an die speziellen Fachblätter, die jetzt in Betracht kommen, gedacht wird und wobei auch die jüngsten Erscheinungen auf dem Gebiete der Politik, der Kunst, der Literatur und der Unterhaltung besonders berücksichtigt werden. (S. 3)

Die Firma „Literarische Vertriebs- und Propaganda Ges.m.b.H.“ wurde sodann am 26. August 1919 unter Reg. C, Bd. 32, pag. 218 ins Wiener Handelsregister eingetragen. Der „Gegenstand des Unternehmens“ entsprach auch den hochfliegenden Plänen, dem neuen Geist, dem „Drang zum Schaffen“, und war sehr umfassend:

Die Herausgabe und der Verlag einzeln, periodisch oder täglich erscheinender Druckschriften (Zeitungen). Der kommissionsweise Vertrieb von Zeitschriften und Broschüren jeder Art und Richtung, die Übernahme von literarischen Arbeiten jeder Art (Ausarbeitung und Übersetzung etc.) das Abonnenten- und Inserate-Aquisitionsgeschäft, die Durchführung von literarischen Propaganda-Arbeiten jeder Art, die Aufnahme und Pflege des gesamten Druckschriften- und Verlagsgeschäftes, die Übernahme von Finanzierung auf literarischem Gebiete, sowie die Durchführung sämtlicher in den Rahmen dieser Literarischen Vertriebs- und Propaganda-Gesellschaft m.b.H. fallenden Arbeiten.

Bereits hier ist – durch die enorme Spannweite quer durch den Buchhandel – der Konzern Literaria A.G. als logische Expansion vorweggenommen. Vielmehr ist die A.G. bloß eine Fortsetzung der bestehenden Ges.m.b.H. mit der Rechtsform einer A.G. und erhöhtem Kapital. Und der Name „Literaria“ taucht sehr bald in der Firmenbezeichnung auf: am 7. Juli 1920 wird die Umbenennung in: „‚Literaria“. Literarische Vertriebs- und Propaganda Ges.m.b.H.“ ins Handelsregister eingetragen. Als Sitz der Firma dienen vorerst Büroräumlichkeiten der Firma „Internationaler Nachrichtendienst“ in Wien 1., Tuchlauben 11. Ein entscheidender Schritt in Richtung Großkonzern erfolgte anläßlich der ersten Generalversammlung am 29. Dezember 1920. Es kam nämlich zu einer kräftigen Erhöhung des Stammkapitals, was sich angesichts der rapiden Geldentwertung wohl weniger dramatisch auswirkte. Dies geschah einerseits durch die Erhöhung einzelner Gesellschafteranteile, andererseits durch den Eintritt neuer, kapitalkräftiger Gesellschafter. Eingetreten sind:

Dr. Moritz Chlumecky-Bauer, Gutsbesitzer in Wien K 340.000
Friedrich Neuhauser, Chefredakteur in Wien K 130.000
Franz Stern, Prok. der Deutschen Bodenbank, Wien K 20.000
Franz Neidl, Dir. d. Granitwerke Anton Poschacher K 5.000

Die vorhin erwähnte Internationale Nachrichtendienst Gesellschaft ist bei gleicher Gelegenheit mit einer Sacheinlage (K 100.000) der Literaria beigetreten.[9] Somit war das Stammkapital von K 120.000 auf K 1,500.000 erhöht worden.

Etwas mehr als ein halbes Jahr nach der Umbenennung wurde der Betriebsgegenstand auf die „Ausübung des Buchhandelsgewerbes auf Grund der von der Gesellschaft zu erwerbenden Konzession“ erweitert. Dazu lag ein konkreter Anlaß vor: am 15. Dezember 1920 wurde in der BC dem Gesamtbuchhandel bekanntgegeben,

daß wir zwecks weiteren Ausbaues die bisher unter der Firma Erwin Müller, Buchhandlung in Wien I., Tuchlauben Nr. 11 betriebene Firma käuflich erworben haben und daß wir nunmehr das Alleinauslieferungsrecht von Werken der folgenden Verlage für Deutschösterreich und die Sukzessionsstaaten besitzen: (…)[10]

Es folgt hier eine Liste von 13 Verlagen, darunter Erich-Reiß-Verlag (Berlin), Roland-Verlag (München), Verlag der Wiener Graphischen Werkstätte usw. Nach derselben Anzeige bestand das Unternehmen aus folgenden Sparten: Grosso-Buchhandlung, Sortimentsbuchhandlung, Verlagsauslieferung, Broschüren- und Zeitschriftenvertrieb. Ab 1. Jänner 1921 scheint die Literaria Geschäftsverbindungen mit Hermann Goldschmiedt gepflogen zu haben, denn kaum einen Monat nach der gerade zitierten Bekanntmachung war der „Betriebsumfang“ wie ausgewechselt: Grosso-Buchhandlung, Reise-Buchhandlung, Verlagsauslieferung, und das Neue: Trafiken- und Provinzvertrieb in- und ausländischer Zeitschriften. Die Literaria hatte nun die Alleinauslieferung von 18 Verlagen für Deutschösterreich und die Sukzessionsstaaten sowie die Hauptauslieferung für drei weitere.

Die Eigenwerbung der „Literaria“ 1919/20 ist durchaus bemerkenswert. Sie pries drei Abteilungen an: Zeitschriftenvertrieb und Versand, Verlagsvertretung und Literarisches Bureau und bot ihre Dienstleistungen in folgender Weise der Buchhandelsbranche an:

Im Zeitschriftenvertrieb steigert sich der Umsatz jeder Zeitschrift, ob wirtschaftlichen, politischen, technischen, juridischen, künstlerischen, literarischen Inhaltes, durch planmäßige Organisation des Leserkreises. Verlage erfahren eine energische Propagierung und Ausbreitung ihrer Werke.
Das Literarische Bureau verfaßt außer Übersetzungen usw. auch Prospekte, Almanache, Kataloge für Industrien, Verkehrsunternehmen, touristische Spezialitäten. – Umfassende Reklamemöglichkeit. – Interessentenmaterial in allen Schichten für alle Kategorien der Publizistik. – Ein geistiger Organisations- und Anknüpfungspunkt. – Wichtig für Verleger, Redaktionen, Fachleute, Schriftsteller, Reklamechefs aller Industrien, Politiker, Geschäftsleute![11]

Wie bereits in der Liste der neueingetretenen Gesellschafter angedeutet, war die „Hausbank“ der Literaria Ges.m.b.H. und A.G. die Deutsche Bodenbank. Sie war eine jener Nachkriegsgründungen, deren Zahl Legion war und die beinahe so spurlos verschwanden, wie sie gekommen waren. Sie war am 20. Jänner 1919 mit einem Grundkapital von 5 Millionen Kronen ins Handelsregister eingetragen worden.[12] Wie andere Inflationsgründungen hatte sie eine bewegte Geschichte, die sich u.a. im Personalkarussell und ständigen Besitzerwechsel ausdrückte. Am 19. Mai 1924 mußte die Deutsche Bodenbank schwer verschuldet den Ausgleich anmelden.[13]

Die Literaria hatte – weder als Ges.m.b.H. noch später als A.G. – die Absicht, selber groß ins Verlagsgeschäft einzusteigen, und zwar aus Gründen, die wir noch erläutern werden. Zwei Publikationen sind aber durchaus erwähnenswert: die eine ist der 1921 im Eigenverlag erschienene Literaria-Almanach, aus dem bereits zitiert wurde. Der Almanach erschien bloß einmal, obwohl er eigentlich zweimal jährlich hätte erscheinen sollen. Aufsätze, literarische Erstveröffentlichungen (z.B. aus Robert Musils erst 1927 Der Mann ohne Eigenschaften benanntem Roman) und Buchbesprechungen bildeten den Inhalt.

Zu den Propagandamitteln des dynamischen Unternehmens gehörte die seit Anfang Juli 1921 erscheinende Literaria-Rundschau, „Gratis für alle Buchhändler“, dreimal im Monat (gelegentlich als 4fach Nummer) herauskommen sollte und sich grundsätzlich mit dem Kulturgut bzw. der Ware „Buch“ auseinandersetzte. So strahlt der „Leitartikel“ zur Messenummer – im Rahmen der Wiener Internationalen Messe vom 4.-25. September 1921 fand erstmals seit Kriegsende bzw. seit der Bugra 1914 eine Buchmesse statt – Sendungsbewußtsein aus:

Die Wiener Buchmesse ist der helle Punkt am Ende eines langen Tunnels, in den (sic!) wir zweieinhalb Jahre lang verschüttet waren. Er ist das erste Anzeichen für ein Aufblühen des Buchgewerbes zumal in Deutschösterreich. (…)
Nun aber scheint es, als hätten wir uns noch vor der materiellen Renaissance schon zu einer neuen moralischen Haltung hinaufgearbeitet; Unternehmungslust, Geist, Phantasie, Geschmack, künstlerischer Wille in der Buchherstellung, solides Urteil, strenge Kritik, wählerische Auslese und eine fortreißende Energie in der Aufmachung und Ausbeutung der zu neuen Konsumkomplexen zusammengeballten Massen beseelen die Träger des Buchgewerbes in allen seinen Funktionen. Die Verlage leisten eine eminente kulturelle Arbeit und der Sortimenter vermag es wieder, die Produktion aufzuschleußen in ein neues der Bildung und dem traditionellen österreichischen Geschmack zustrebendes Publikum. Die Wiener Buchmesse ist der Auftakt zu einer besseren Zukunft und ist sie unter noch immer materiellen Mißumständen zustande gekommen, noch immer nicht zu vergleichen mit den historisch verankerten Leistungen des reichsdeutschen Verlags- und Buchhandelsgewerbes, so spricht dies umso mehr für die geistige Dynamik, die hier ausgedrückt ist und gerade die kleinen Umstände zeigen die Gewalt- und Schaffensfreude eines neuen Geistes an: (…)[14]

Wer Förderer des „neuen Geistes“ war, bleibt zwar aus Bescheidenheit oder Selbstverständlichkeit ungenannt, doch war einzig und allein die Literaria gemeint. Auch Robert Musil, Angehöriger des Literaria-Vorgängers, der „Katakombe“, war von dem neuen Geist, den die Literaria ausstrahlte, von der völligen Umkrempelung des österreichischen Buchhandels in der Nachkriegszeit begeistert. In seinem Bericht über die Messe in der Prager Presse meinte er, Robert Müller habe sich

gemeinsam mit einem kaufmännisch bedeutenden Bruder auf den Buchhandel gestürzt und hier in Wien mit der ganzen Speedigkeit seines Stils eine Art Kommissionsgeschäft gegründet, das amerikanisch anwuchs. Ziel ist, den Teufel durch Beelzebub auszutreiben und die Zustände der Literatur zu bessern, nicht indem man Zeitschriften gründet, sondern indem man den Betrieb beherrscht und mit seinen eigenen Giften behandelt. Es ist ganz über Wien hinaus für die Literatur das weitaus interessanteste Unternehmen.[15]

Die Literaria-Rundschau stellte ihr Erscheinen offenbar mit Nummer 14 des 1. Jahrgangs vom 5. Jänner 1922 ein. Aber nur vorübergehend. Das „Organ des Vereins der österreichisch-ungarischen Buchhändler“, Buchhändler-Correspondenz, mußte im 63. Jg., mit der Nr.5-8 vom 10. März 1922 sein Erscheinen einstellen. Daran schuld waren die „Verhältnisse“: In der letzten Nummer liest man:

Die außerordentlich hohen Herstellungskosten der „Buchhändler-Correspondenz“ verhindern vorläufig ein weiteres Erscheinen unseres Blattes. (…)

Wir nehmen daher nicht Abschied, sondern sehen uns nur gezwungen, eine andere Form der Verbindung mit unseren Lesern zu wählen.

Die andere Form der Verbindung, das Wiedererstehen eines offiziellen Organs, verdankt man, wie es scheint, der Literaria. Sieben Monate später erscheint erstmals am 20. Oktober 1922 der Anzeiger für den Buch-, Kunst- und Musikalienhandel. (…) Mit dem Wahlzettel für den öst.-ung. Buchhandel und der „Literaria“-Rundschau. Selbst das Geleitwort „Zum Beginn“ entspricht dem gewohnt aktiven Literaria-Propagandaton. Gewand und Name seien anders geworden, „weil die Zeit und die Verhältnisse es verlangten“.

Die „Literaria“-A.G.

Die Literaria A.G., die anläßlich einer konstituierenden Generalversammlung am 30. September 1922 gegründet wurde und am 10. Oktober 1922 unter Reg. B, Bd. 13, pag. 77 ins Wiener Handelsgericht eingetragen wurde, war im Grunde genommen nichts anderes als eine reine Fortsetzung der Agenden und Ambitionen der „,Literaria“. Literarische Vertriebs- und Propaganda-Ges.m.b.H.“. Doch war der Betriebsgegenstand zugleich umfangreicher und unüberschaubarer. So gut wie alles im Buchhandel Mögliche war vorgesehen:

Die Vervielfältigung und der Handel von auf mechanischem oder chemischem Wege hergestellten literarischen oder artistischen Erzeugnissen aller Art, daher insbesondere die Herstellung, der Verlag und der Vertrieb von Büchern, Zeitschriften, Tageszeitungen, Musikalien und allen Erzeugnissen der graphischen Künste und Gewerbe; ferner die Errichtung und der Betrieb von Buch- und Kunsthandlungen, Antiquariaten, Lesehallen, Lesezirkeln, Bücherstuben, Leihbüchereien, Zeitungs- und Zeitschriftenabonnements, Annoncen und Inseratenvermittlungsbüros, Briefmarkenhandlungen, die Veranstaltung von Auktionen in allen Geschäftszweigen des gegenständlichen Unternehmens, ferner der Verlag und der Vertrieb von Bühnenwerken aller Art, der Erwerb und die Veräußerung von Aufführungs- und Vortragsrechten für Darbietungen aller Art, ferner Herstellung, Ankauf, Vertrieb und Verleih von Filmwerken, insoweit es dem Zwecke der Gesellschaft förderlich ist, Betrieb von Theater- und Konzertagenturen, Theater- und Konzertkartenbüros, ferner Errichtung und Betrieb von Buchdruckereien, Buchbindereien und sonstigen in der graphischen Industrie erforderlichen Werkstätten, endlich der Ankauf von und die Beteiligung an im In- oder Auslande gelegenen Unternehmungen, welche einem oder mehreren der oben angeführten Sonderzwecke oder einem verwandten Zwecke dienen.

Gegenstand des Unternehmens ist ferner überhaupt jede gewerbliche oder geschäftliche Tätigkeit, die mittelbar oder unmittelbar den Zweck der Gesellschaft zu fördern geeignet ist. Der Betrieb von Bankgeschäften ist aber unter allen Umständen ausgeschlossen.

Die Gesellschaft kann alle in den Rahmen ihrer Betätigung fallenden Geschäfte für eigene oder fremde Rechnung betreiben.

Das Aktienkapital bei der Gründung betrug 250 Millionen Kronen, und der Verwaltungsrat bestand aus folgenden acht Mitgliedern:

Dr. Moriz Chlumecky-Bauer, Präsident
Franz Neidl, Vize-Präsident
Erwin Müller, General-Direktor
Robert Müller, Direktor
Alfred Remiz
Hermann Kienzl
Franz Stern
Dr. Eugen Bochner, RA

Chlumecky-Bauer zeichnete 60% der Aktien (150.000 à K 1.000 = K 150 Millionen), während Erwin Müller 20% (50 Mill. K), Robert Müller und Franz Neidl je 10% (25 Mill. K) der Aktien zeichneten. Als Koll.-Prokurist eingetragen wurden Emmerich Morawa, Theodor Krühne, Alfred Remiz, Robert Polz und Rudolf Hüttel.

Geschäftliche Entwicklung 1922-1925

Als der Literaria-Konzern Mitte April 1924 in einem Fachblatt gelobt wurde, galt er als „eine Musterorganisation für den Buchvertrieb“:

Es ist das charakteristische Kennzeichen aller genialen Geschäftsgründer, daß sie eine feine Witterung für die Augenblicksbedürfnisse der Wirtschaft besitzen und mit förmlich divinatorischem Scharfblick auch die Erfordernisse und Stimmungen der nächsten Zeit voraussehen. Auch die Gründer der „Literaria“ haben diese Eigenschaften besessen, denn hätte ihr Werk nicht so sehr dem Bedürfnisse der Zeit entsprochen, dann hätte es unmöglich in verhältnismäßig so kurzer Zeit seinen heutigen Umfang erreichen können.[16]

Aus dem Rechenschaftsbericht des Verwaltungsrates und Rechnungsabschluß für das erste Geschäftsjahr geht hervor, was alles zwischen dem 10. Oktober 1922 und dem 30. Juni 1923 geleistet worden war. Nach der Gründung wurde eine Reihe von uns nun bekannten Firmen in die Holding aufgenommen. Entsprechend den betriebstechnischen Besonderheiten wurde das Buchvertriebsgeschäft zum größten Teil der Literaria Ges.m.b.H., das Zeitungs- und Zeitschriftenvertriebsgeschäft hingegen nur der Hermann Goldschmiedt Ges.m.b.H. übertragen. Mit Rücksicht auf bestehende Verträge wurden die Erzeugnisse des Ullstein-Verlags durch eine andere Tochtergesellschaft, die Ullstein Auslieferung Wien Ges.m.b.H., vertrieben. Zu Ende des 1. Geschäftsjahrs schloß die Literaria Ges.m.b.H. mit einem Reingewinn von ö.K. 43,906.069 ab, zu welchem Zeitpunkt sie für 43 Verlage den Gesamtvertrieb für Österreich und die Sukzessionsstaaten besorgte.

Im März 1923 wurde die Literaria Ges.m.b.H. Leipzig als Tochtergesellschaft ins Leben gerufen. Die Filiale hatte zunächst den Zweck, den Vertrieb österreichischer Verlagswerke in Deutschland zu übernehmen und als Kommissionär zu fungieren. Die Neugründung war sehr erfolgreich.[17]

Die Hermann Goldschmiedt Ges.m.b.H.

Diese Tochterfirma war stark verlustig, eine Tatsache, die durch die im Zeitschriftenvertriebsgeschäft besonders fühlbare Kronenentwertung hervorgerufen wurde.

Die Ullstein Auslieferung Wien Ges.m.b.H.

Diese Tochter hatte nicht nur die Auslieferung des Ullstein-Verlags in Deutschösterreich über, sondern seit Mai 1922 die Alleinauslieferung für Ungarn und Jugoslawien sowie den Vertrieb nach Polen und die Tschechoslowakei. Sie schloß das Geschäftsjahr 1922/23 mit Gewinn ab.

„Die Muskete“ Ges.m.b.H.

Diese Gesellschaft war im Jahre 1908 gegründet worden. Sie gab allein die humoristische Wochenschrift Die Muskete heraus und wurde unmittelbar nach Gründung der Literaria A.G. angegliedert. Geschäftsführer waren Robert Müller und Erwin Müller. Robert Müller hatte die oberste Leitung der Wochenschrift selber.[18] Firma und Zeitschrift wurden gänzlich reorganisiert: „Ihre Bedeutung liegt für uns in erster Linie in ihrer Eigenschaft als Propagandaorgan für die von uns vertriebenen Erzeugnisse“, heißt es im Rechenschaftsbericht 1922-23. Der Mitarbeiterstab der Muskete änderte sich unter der Leitung von Robert Müller gewaltig.

„Ister“

Im Mai 1923 erwarb die Literaria A.G. 90% der Anteile der „Ister“ Buch- und Zeitungs-Vertriebs- und Verlagsges.m.b.H., die erst im März 1921 protokolliert worden war.[19] Diese Tochterfirma hatte die Aufgabe, den Vertrieb von Büchern, Zeitungen und Zeitschriften auf den Schiffen der DDSG und in Hotelbuchhandlungen, Donaubädern, in den Schiffsbuchhandlungen auf den Dampfern der Strecke Wien-Budapest-Belgrad – Giurgiu sowie auf dem Semmering zu tätigen. Die Expansion sollte im folgenden Jahr fortgesetzt werden, und zwar in Richtung Tochtergesellschaften in den Sukzessionsstaaten. Die Herren im Verwaltungsrat sahen die Möglichkeit, „daß Wien für Zentral- und Osteuropa allmählich jene Stellung im Buchhandel erringen könnte, welche bisher Leipzig für das gesamte deutsche Sprachgebiet innehält“. Die Aussichten für das laufende Geschäftsjahr wurden als „günstig“ beurteilt.

Verlagsproduktion

Obwohl wir später auf die Verlagsproduktion zurückkommen, ein Wort zum Entschluß der A.G., sie gänzlich einzustellen und die Gründe dafür:

Die Literaria A.G. hat sich als Holdinggesellschaft nur ein verhältnismäßig geringfügiges Buchvertriebsgeschäft zugewiesen. Der Verlag wurde, obwohl er nicht ungünstig abschließt, aufgegeben, da die Eigenausgabe von Büchern gewissermaßen eine Konkurrenz gegenüber den von uns vertretenen Verlagserzeugnissen bedeutet und mit den Zielen eines Vertriebsgeschäftes unvereinbar ist. Auch sollte das nicht unerhebliche verlegerische Risiko ausgeschaltet werden. (Rechenschaftsbericht 1922/23)

Dies kann ein Grund dafür gewesen sein, daß der Literaria-Erfinder Robert Müller im Laufe des Jahres 1923 (bzw. Anfang 1924) alle seine Posten im Rahmen der A.G. aufgab, um einen eigenen Verlag zu gründen. Sein Jugendideal war es nämlich, Verleger zu werden, und die Holdinggesellschaft hatte sich immer weiter vom Verlegen entfernt. In einem Gespräch mit dem Wiener Verleger Lucian Frank Erdtracht – dessen Interterritorialer Verlag „Renaissance“ 1922 Müllers Flibustier. Ein Kulturbild im Programm hatte – vertraute Müller dem Polen Erdtracht kurz vor seinem Selbstmord folgendes an:

Mein Jugendideal war es, Verleger zu werden, Bücher zu drucken, aber nicht des Druckes wegen, sondern um dadurch die Möglichkeit zu haben, durch begabte, strebsame, Ideen repräsentierende Autoren zur Öffentlichkeit zu sprechen. (…) Ich habe zuerst eine große Organisation („Literaria“) schaffen wollen, eine Vereinigung führender Verlagsanstalten, bei Gott, nicht zwecks Ausbeutung des Marktes, aber um durch eine groß angelegte Propaganda in verschiedenen Zentren Europas mit Werken unserer Autoren in die weitesten Schichten einzudringen. Ich gab gemeinsam mit meinem Bruder die Fundamente, spannte jedoch nachher aus, da ich die Möglichkeit sah, als selbständiger Verleger eher meine Ideen zu verwirklichen. (…)[20]

Halten wir aber nun fest, was die Literaria A.G. als Holdinggesellschaft eigentlich wollte:

Die Bedeutung unserer Gesellschaft liegt in der Zentralisation des Vertriebsgeschäftes für das Druckgewerbe, gegenüber der bis heute üblich gewesenen völligen Zersplitterung, welche jeden einzelnen Verleger zwang, seine Vertriebsorganisation selbst zu schaffen, eine Aufgabe, zu deren Bewältigung die wenigsten technisch und finanziell fähig sein können. Die ganz bedeutenden Erfolge, welche die Gesellschaft schon im ersten Jahr aufzuweisen hat, beweisen, daß die angewendeten neuen Methoden einem wirklichen Bedürfnis nachkommen. (Rechenschaftsbericht 1922/23)

Bleiben wir beim Stichwort „neue Methoden“, denn da läßt sich einiges sagen, wie z.B. zum Thema Bestell- und Abholdienst:

Daß die „Literaria“ auch darauf bedacht ist, Einrichtungen zu treffen, welche die Betriebsökonomie der Sortimenter zu fördern geeignet ist, geht aus dem Bestell- und Abholdienst hervor, den sie zwischen sich und den größeren Sortimentsfirmen in Wien eingerichtet hat.[21]

Aber im Zeitalter, das keine Computer kannte, erfand die Literaria A.G. einen würdigen Ersatz:

Als geschäftliche Einrichtung von besonderem Wert bewährt sich die Literaria-Kartothek, eine verlagsweise geordnete Preiskartothek, die es ermöglicht, die jeweilige Gesamtproduktion nicht nur der durch die „Literaria“ ausgelieferten 60 Verlage, sondern auch die aller anderen bedeutenden Firmen augenblicklich festzustellen. Angaben über Preisveränderungen, Novitäten, Neubindungen usw. mit einem Blick zu übersehen.

Diese Preiskartothek wird durch Zusatzlisten dauernd auf den letzten Stand gebracht. Durch diese Einführung wird eine einheitliche, stets richtige Evidenz der gesamten deutschen Verlagstätigkeit für sie spielend ermöglicht. (ebda.)

Der Personalstand war entsprechend hoch: der Gesamtkonzern beschäftigte Mitte 1923 203 Beamte sowie 220 Diener und Kolporteure.

1923/24 Die Zeit der Krise

Bereits im ersten Geschäftsjahr hatte man die Schaffung von Tochtergesellschaften in Prag, Zagreb und Budapest in Angriff genommen. Sie wurden jeweils als selbständige Unternehmen gegründet und an Ort und Stelle protokolliert. Zweck war jeweils, den Sortimentsbuchhandlungen den Bezug deutscher Bücher zu erleichtern und zu verbilligen. Die Tochtergesellschaften hatten jeweils die Alleinauslieferung von über 40 deutschsprachigen Verlagen[22] und wurden bald sehr erfolgreich. Die „Literaria r.t.“ in Budapest war nach einem Jahr das größte Auslieferungs- und Kommissionshaus im Königreich Ungarn. Der Vertriebs- und Propagandadienst erfolgte in der jeweiligen Landessprache. Die „Literaria r.t.“ verfügte z.B. über ein eigenes publizistisches Organ: „Literaria-Közlöny“. In Zagreb hieß es „Vjesnik D.D. Literaria“. Auch die in Leipzig gegründete Gesellschaft hatte ein eigenes Fachblatt: Der Literaria-Reisende.

Aber wie aus dem Geschäftsbericht über das Geschäftsjahr 1923/24, der der 2. ordentlichen Generalversammlung von 4. September 1925 vorgelegt wurde, hervorgeht, steckte die Literaria A.G. in großen Schwierigkeiten, wie wir sie bereits von den Fällen Rikola und WILA kennen. Die Geschäftsperiode vom 1. Juli 1923 bis 31. Dezember 1924 war eine Zeit der Krise.

Mit den Auswirkungen der Stabilisierung der Währung in Österreich und Deutschland sind einerseits die Buchpreise wesentlich gestiegen, andererseits ist die Kaufkraft wesentlich gefallen, so daß sich die Absatzverhältnisse aus diesen zwei Momenten heraus im großem Umfange verschlechterten.

Die Literaria A.G. mußte zu ähnlichen Mitteln greifen wie die WILA A.G. und eine neue Geschäftsleitung finden:

Die Literaria A.G. mußte, nachdem sie eine Politik starker Expansion getrieben hatte, zu der sie die Berechtigung aus der Hochkonjunktur schöpfte, einsehen, daß ein wesentlicher Abbau ihres Apparates notwendig wurde. Diese Erkenntnis tauchte im ersten Halbjahr 1924 auf und führte dazu, daß, nachdem die finanzielle Situation sich zu starker Immobilität verschlechtert hatte, die bisherige Geschäftsleitung von der Führung des Unternehmens zurücktrat und den notwendigen Prozeß der Reorganisation und der Einstellung auf die gegebene richtige Basis der neuen Leitung übertrug.

Die Aufgabe der Sanierung fiel – wie im Fall WILA A.G. – der Zentralgesellschaft für buchgewerbliche und graphische Betriebe zu. Der zwingendste Grund zur Sanierung war der bilanzmäßige Verlust von über 5 Milliarden Kronen!!

Nicht einmal drei Monate nach der Gründung der Firma war das Aktienkapital von 250 Millionen Kronen verdoppelt werden. Ein Jahr später wurde es auf 800 Millionen Kronen erhöht mit Rücksicht auf die Gründungen von Tochterfirmen in Budapest, Zagreb und Prag sowie auf den durch die Ausdehnung der Geschäfte erforderlichen größeren Kapitalaufwand. Zum Schluß betrug das Aktienkapital 1,5 Milliarden Kronen.

Im September 1924 stand die „Literaria“ vor der Einstellung des Betriebs. Es kam zum Ausscheiden der bisherigen Verwaltungsratsmitglieder und zum Eintritt führender Vertreter der Zentralgesellschaft (ZG). Im Zuge der Umorganisation wurde praktisch alles, was durch die Expansion aufgenommen wurde, nach und nach wieder abgestoßen. So wurden die Unternehmen „Muskete“[23], „Ister“[24], „Literaria. Literarische Vertriebs- und Propaganda-Ges.m.b.H.“ und „Literaria D.D. Zagreb“ der Liquidation zugeführt.

Bis Ende 1924 hatte die „Literaria“ Ges.m.b.H. schon einen Verlust von nicht weniger als K 405,947.402 erwirtschaftet. Schuld am horrenden Defizit des einstigen revolutionären Paradeunternehmens von Robert Müller war die hohe Spesenbelastung bei ständig abnehmender Geschäftstätigkeit. In Wahrheit hatte man durch die Gründung von vier nationalen Tochterfirmen der österreichischen Tochter das Wasser abgegraben. Die Firma in Wien mußte ihre fast unverwertbaren großen Bücherbestände verramschen. Das gesamte Stammkapital von 1 1/2 Mill. Kronen war längst aufgezehrt, und der einzige Ausweg schien Konkurs oder Ausgleich zu sein. Um dies zu vermeiden, erklärte sich die Literaria A.G. bereit, die Anteile der Ges.m.b.H. zu kaufen und somit die Schulden zu decken. Die Literaria Ges.m.b.H. mußte aber weitergeführt werden (Schuldeneintreibung), was noch mehr Geld kostete.[25] Anläßlich der a.o. Generalversammlung vom 17. August 1925 wurde beschlossen, die Firma aufzulösen und zu liquidieren. Am 30. Dezember 1927 wurde sie schließlich gelöscht. Robert Müllers Literaria war nur mehr eine aufregende Episode im österreichischen Nachkriegsbuchhandel.

Die Firma Goldschmiedt wurde verkauft. Es verblieben also vom einstigen Großkonzern die Literaria A.G. Wien, Prag und Budapest und dabei praktisch nur mehr die Auslieferung. Mit der Übernahme der Sanierung durch die ZG kam es zu bedeutenden Veränderungen in den Mehrheitsverhältnissen, die trotz der nicht ungünstigen Aussichten auf Sanierung auf Grund von Meinungsverschiedenheiten letztlich das Ende der A.G. besiegelten.

Der von Anfang an größte Einzelaktionär und Präsident der A.G., Dr. Moriz Chlumecky-Bauer, verkaufte im Frühjahr 1925 sein Aktienpaket (40%) an die Deutsche Agrar- und Industriebank in Prag. Die Pleitefirma, die Centralbank der deutschen Sparkassen, besaß 47,8% der Aktien und die ZG 11,8%. Die Großaktionäre waren zerstritten, das Unternehmen so gut wie handlungsunfähig und ohne jede Führung. Eine Kompromißlösung wurde erst 1927 erreicht: die Literaria A.G. sollte in Liquidation treten. Bis zur 4. und letzten ordentlichen Generalversammlung am 13. April 1927 gab es nun statt 3 wiederum 14 Aktionäre. Die Bilanz für das Jahr 1926 war noch weniger erfreulich: sie wies einen Verlust von S 351.330,08, mit anderen Worten: über 3,5 Milliarden Kronen, aus, der zum großen Teil (70%) auf den Abverkauf der Filiale in Prag zurückzuführen war. Die ZG erklärte sich bereit, die ausgewiesenen Gläubiger, nicht aber die Aktionäre voll zu befriedigen, womit sich diese nicht zufrieden gaben und unter Austragung heftiger persönlicher Fehden gegen die ZG zu Gericht gingen, wo sie allerdings den kürzeren zogen. Dafür erlitt die ZG durch Übernahme der Liquidation selber einen Verlust von ca. S 100.000. Es war alles in allem ein sehr unrühmliches Ende einer Firma, die ausgezogen war, den schlechten Ruf, dem der angeblich arbeitsunlustige Österreicher ausgesetzt war, Lügen zu strafen. Für „divinatorischen Scharfblick“ war etwa ein Jahr nach Gründung der A.G. angesichts der konjunkturellen Entwicklung in Österreich schon kein Platz mehr gewesen.

Die Fachöffentlichkeit nahm den Zerfall des Literaria-Konzerns mit Trauer zur Kenntnis:

Tief bedauerlicherweise sind die unter dem Namen Literaria-Konzern bekannten Unternehmungen als Opfer der ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnisse und vor allem wohl auch infolge schwerwiegender Fehler, die in der Leitung gemacht wurden, von eine Krise erfaßt worden, die sie nicht überstehen werden, so daß die Literaria in ihrer bisherigen Form zu bestehen aufhören wird.[26]

Der „Literaria-Verlag“

Wie erwähLiteraria Verlag Signetnt, gab man den „Literaria-Verlag“, der bis dahin nicht allzu aktiv war, auf, um nicht mit den sonstigen vertretenen Verlagen zu konkurrieren. Zum Almanach bzw. zur Rundschau gesellten sich mehrere Kataloge, so z.B. der im Dezember 1922 erschienene Auslieferungs-Katalog der Literaria A.G. (300 S.),[27] der in der buchhändlerischen Fachpresse sehr gelobt wurde.[28] Entstanden ist der Katalog unter der Redaktion von Dr. Karl Oskar Piszk (* 9.4.1894, Wien).[29]

Im Sommer 1923 kam der Ferien-Bücher-Almanach. Ein Reiseführer durch die Bücherwelt (herausgegeben im Verein mit den führenden Verlagen Deutschlands) mit einem Umfang von 200 S. im Literaria-Verlag als „ein chancenreiches Geschenk an das Gesamtsortiment“ heraus.[30] Als nächstes Verlagswerk erschien gegen Ende August 1924 der im Einklang mit dem BM für Handel und Verkehr und dem Min. für Unterricht herausgegebene Künstlerhilfe-Almanach. Der Umfang dieses von Karl Oskar Piszk bearbeiteten Buches war 400 S., seine Auflage 10.000 Exemplare. Zu den Mitarbeitern zählten:

Ambrosi, Araquistain, Arzybaschew, Barbusse, Capek, Coudenhove-Kalergi, Eidlitz, Galsworthy, Ginzkey, Hanak, Hellmer, Hofmannsthal, Hohlbaum, Kienzl, Lucka, Machar, Masareel, Masters, R. Müller, Musil, Palacios, Paraf, Polgar, Rolland, Shaw, Sinclair, Slezak, Schnitzler, Ssologub, Sramek, Stoeßl, Unamuno, Wassermann, Werfel usw.

Der gesamte Reinertrag dieses Werkes sollte auf amtlichem Wege den notleidenden Schriftstellern und Künstlern Deutschlands zufließen.[31]

Im Dezember 1923 erschien praktisch als letztes „Werk“ der Weihnachtsbücher-Almanach.[32]

Begonnen hat die Produktion des Literaria-Verlags (als A.G.) eigentlich im Dezember 1922, als eine Biographie des Schauspielers Alexander Moissi von Ludwig Ullmann im „Hermann Goldschmiedt Verlag“ erschien. Auf dieses Werk folgte Paul Stefans Max Reinhardt. Eines Künstlers Heimweg nach Wien. Ebenfalls im Jahre 1922 begann die Serie Gegenwartskunst von Fritz Karpfen zu erscheinen, von der Teil I (Rußland), Teil II (Skandinavien und Holland), 1923 Teil III (Österreichische Kunst) auf den Markt kamen. Als letztes Werk ist Der brennende Mensch. Aus den Tagebüchern Anton Hanaks von L.W. Rochowanski zu nennen (1923). Im Falle von sechs weiteren Titeln im „Literaria-Verlag“ blieb es bei der Ankündigung:

Ludwig Ullmann, Johannes Fischer, Exegese über den Begriff „Gütersloh“. Eine Autobiographie und Zeitkritik von Paris Gütersloh.
Franz Dirsztay, Die Revolution der Parasiten. Ein Zeitroman.
Richard A. Bermann, Das Bad der Dschehenara Begum. Ein asiatischer Roman.
Andreas Thom, Das Chamäleon. Ein Dirnenroman.
Paris Gütersloh, Zwischen Heut und Morgen. Kulturhistorisch er Roman aus der Gegenwart.

Einige dieser Titel werden später in den Ankündigungen des von Robert Müller Anfang 1924 gegründeten Atlantischen Verlags wieder aufscheinen. Einige davon (z.B. Dirsztay) sind dann tatsächlich im Druck erschienen. Auch das überaus ehrgeizige Programm dieses Verlags blieb restlos unerfüllt.

Anmerkungen

[1] Sie wurde sodann am 23. Jänner 1914 unter Reg. C, Bd. 16, pag. 17 ins Wiener Handelsregister eingetragen.

[2] Die Buchhandlung Hermann Goldschmiedt war am 10. Juli 1896 unter Reg. Ges. Bd. 44, pag. 168 ins Handelsregister eingetragen worden und bestand als getrennte Firma. Sie wurde am 28. September 1914 gelöscht.

[3] Adreßbuch, 52. Jg., 1918, S. 17.

[4] Zu Goldschmiedts Geburtsdatum liest man verschiedentlich: 1841, 1842, 1843! Richtig ist 1843. Hinweise zur Firma: Festnummer 1910, II. Teil, S. 77 und Anzeiger, Jg. 1927, Nr. 48, 2.12.1927, S. 266.

[5] Handelsgericht Wien, Register C, Bd. 16, pag. 77. Eintragung 12.10.1920.

[6] Robert Müller wurde bereits am 20.7.1923 wieder gelöscht, Erwin Müller erst am 21. 10. 1924.

[7] Im Interesse einer faktischen Darstellung hier das weitere Schicksal dieser Firma, denn Festschriften zum 100jährigen Jubiläum der Firma Morawa & Co. verschwiegen die Leistung der Toten und schreiben das Wunderwerk dem Falschen zu. Die Firma Goldschmiedt bestand schon zwei Jahrzehnte, bevor Emmerich Morawa das Licht der Welt erblickte. Sie gehörte über 40 Jahre hindurch der Familie Goldschmiedt (Hermann, Walter, Felix) und wurde während dieser Zeit zu einem erfolgreichen, bedeutenden Unternehmen, zur größten Vertriebsorganisation Österreichs. 1921-1924 wurde die Firma im Rahmen der Holdinegesellschaft Literaria Ges.m.b.H. bzw. A.G. geführt und ausgestaltet. Morawa trat 1921 in die Firma ein und wurde 1923 einer der Geschäftsführer. Im Sommer 1924 gelangten die Anteile mehrheitlich in reichsdeutschen Besitz. Kommanditisten waren: Jacques Bettenhausen, Dresden; Hermann Stilke, Berlin; Karl Schmelzer, Graz; Max Manicke, Wien; Emmerich Morawa, Wien. Seit dem Jahre 1924 also befindet sich die heutige Firma Morawa & Co. mehrheitlich in hundesdeutschem Besitz. Als die Verbindung mit der Literaria im Oktober 1924 beendet wurde, wurden Morawa und Manicke Geschäftsführer der Buchhandlung Karl Schmelzer in Wien) Geschäftsführer der Firma. Am 20. März 1934 wurde die Firma Buchhandlung und Zeitungsbüro Morawa & Co. ins Handelsregister eingetragen (Reg. A, Bd. 12, pag. 1 34a; umgeschrieben nach HRA 4607 im März 1939). Sie wurde fast zur Gänze (zu 92%) mit reichsdeutscbem Kapital gegründet, was manches an der Haltung der Firma Österreich und dem Nationalsozialismus gegenüber bis 1938 und die Umsatzsteigerungen nach 1938 erklären mag. Erst im Jahre 1943 wurde die Firma Goldschmiedt durch Übertragung auf Buchhandlung und Zeitungsbüro Morawa & Co. aufgelöst und am 20. April 1943 aus dem Handelsregister (HRB 3784) gelöscht.

[8] ROBERT MÜLLER: Literaria. Keine Geschichte mit beschränkter Haftung. Literaria-Almanach 1921. Wien 1921, S. 105-108. Der Registerakt der Literarischen Vertriebs- und Propaganda-Ges.m.b.H. ist im WrStLa deponiert (Reg. C, Bd. 32, pag. 218).

[9] Handelsgericht Wien. Reg. C, Bd. 29, pag. 19. Auch hier gab es eine personelle Verbindung. Der Geschäftsführer dieser Firma, Gustav Remiz, wurde später Verwaltungsratsmitglied der Literaria A.G.

[10] 61. Jg., Nr. 46-52, 15.12.1920, S. 479.

[11] Empfehlungsanzeige in Perle“s Adreßbuch, 1919/20, 53. Jg., S. XII.

[12] Dazu die Eintragungen im Handelsregister, Reg. B, Bd. 7, pag. 164; umgeschrieben nach Reg. B, Bd. 9, pag. 218.

[13] Handelsgericht Wien. Ausgleich Sa 350/24 vom 14.V.1924.

[14] Literaria-Rundschau (Wien), 1. Jg., Nr. 7/10, S. 1. Verlag der Literaria. Verantwortlicher Schriftleiter Dipl. exp. Erwin Müller.

[15] ROBERT MUSIL, Gesammelte Werke. Band 9, S. 1503-1506; bes. S. 1504.

[16] Der blaue Bücherkurier (Wien), Nr. 548, 15.4.1924, S. 3.

[17] Siehe den Geschäftsbericht 1922/23 sowie Anzeiger, Nr. 22, 6.4.1923, S. 216.

[18] Handelsgericht Wien. Registerakt C, Bd. 3, pag. 133 (WrStLa). Die Müller-Brüder wurden am 24.10.1922 als Geschäftsführer eingetragen. Robert wurde am 1.2.1924, Erwin Müller am 18.8.1924 gelöscht.

[19] Handelsgericht Wien. Reg. C, Bd. 50, pag. 124. Die erste Eintragung ist am 15. März 1921, der Gesellschaftsvertrag ist mit 13.11.1920 datiert. Erwin Müller und Gustav Remiz wurden am 18.9.1923 ins Handelsregister eingetragen. Der Gegenstand des Unternehmens wurde hiebei abgeändert in: Der Verlag, Verkauf und Vertrieb von Büchern, Zeitschriften, Zeitungen, insbesonders in deutscher und ungarischer Sprache.

[20] Dieses hier erstmals der Robert-Müller-Forschung bekanntgemachte Gesprächsprotokoll erschien in: Der blaue Bücherkurier (Wien), XXXV. Jg., Nr. 556, 15.9.1924, S. 2. Der Interterritoriale Verlag „Renaissance“ – im Wien der 20er Jahre gab es nicht weniger als drei ,Renaissance-Verlage – war auf Übersetzungsliteratur spezialisiert, kümmerte sich nicht immer um die Urheberrechte, war im Besitz von Lucian Frank Erdtracht, alias David Erdtracht (* 9.10.1894, Klubowce, Polen), und mußte 1926 in den Ausgleich gehen. Das hier auszugsweise wiedergegebene Gespräch trägt die Überschrift: Der Verleger. Aus meinem letzten Gespräch mit Robert Müller. Von LUCIAN FRANK ERDTRACHT.

[21] Der Literariakonzern – eine Musterorganisation für den Buchvertrieb, in: Der blaue Bücherkurier (Wien), siehe Anm. 16.

[22] Dazu die Annoncen in Anzeiger, Jg. 1924, Nr. 2, 11.1.1924, S. 22-23.

[23] Eintragung im Handelsregister am 18.8.1925: Die Muskete Ges.m.b.H. in Liquidation. Die Gesellschaft ist aufgelöst und in Liquidation getreten. Die Firma wurde erst am 30.12.1927 gelöscht. Über die Muskete gibt es neulich einen umfangreichen Text- und Bildband: DIE MUSKETE. Kultur- und Sozialgeschichte im Spiegel einer satirisch-humoristischen Zeitschrift 1905-1941. Wien: Edition Tusch, 1983. Auf folgende drei Beiträge wird hier hingewiesen: MURRAY G. HALL, Die Verlags- und Redaktionsgeschichte, S. 7-18; FRANZ KADRNOSKA, Die Karikatur und ihre Erscheinungsform in der „Muskete“, S. 19-34; WENDELIN SCHMIDT-DENGLER, Literatur in der „Muskete“, S. 35-50.

[24] Eintragung im Handelsregister 25.8.1925. Gelöscht: 30.12.1927.

[25] Zu diesen Vorgängen siehe das Protokoll der ordentlichen Generalversammlung vom 20.2.1925. (Reg. C, Bd. 32, pag. 218.)

[26] Zerfall des Literaria- Konzerns, in: Der blaue Bücherkurier (Wien), XXXV. Jg., Nr. 555, 1.9.1924, S. 3 f.

[27] Anzeiger, Nr. 5, 14.12.1922, S. 7.

[28] Ebenda, Nr. 17, 26.1.1923, S. 12: „Auf 213 Seiten in großem Oktavformat wird ein umfangreiches, alphabetisch nach Autoren geordnetes Katalogmaterial geboten. Ungefähr weitere 100 Seiten enthalten Verlegeranzeigen und Verlagskataloge, ferner eine lesenswerte Darstellung über den Werdegang der ,Literaria“ A.G.“

[29] Piszk war Kunstmaler (Autodidakt) und Schriftsteller. Spezialgebiet: Buchschmuck, Dekorative Kompositionen, Porträts.

[30] Anzeiger, Nr. 31, 8.6.1923, S. 305. Auch ebenda, Nr. 40, 10.8.1923, S. 383.

[31] Anzeiger, Nr. 35, 29.8.1923, S. 414. Bei den Vorbereitungen für diesen Band wandte sich Piszk an eine Reihe von Institutionen in der Hoffnung auf direkte bzw. indirekte Subventionen. So schrieb er am 24.3.1924 an Wiens Bürgermeister Karl Seitz mit der Bitte, „die Entrichtung der Inseratenabgabe ausnahmsweise zu erlassen“. Hier einige Auszüge aus diesem Brief, die neues Licht auf das Vorhaben werfen: „Hochverehrter Herr Bürgermeister! (…) Im Einklang mit dem Schutzverband deutscher Schriftsteller in Österreich, der die bedeutendsten Autoritäten der österreichischen Künstlerwelt in sich vereinigt, gibt die Literaria ein großangelegtes Werk heraus, dessen gesamter Verkaufserlös den hungernden deutschen Künstlern und Schriftstellern – offiziell verrechnet – zugute kommt. Die bedeutendsten Autoren Europas und Amerikas, aber hauptsächlich österreichische Autoren und Künstler werden in dem bezüglichen Werk, ‚Künstlerhilfe-Almanach“ genannt, vertreten sein. (…) Die nicht unbedeutenden Organisationskosten dieses Werkes, die schätzungsweise 15-20 Millionen betragen dürften, trägt die Literaria in eigener Regie, während die Herstellungskosten durch den Erlös von Inseraten der deutschen Buchverlegerschaft hereingebracht werden. (…) Der Künstlerhilfe-Almanach, der hier in Rede steht, wird in 10.000 Exemplaren in einer Stärke von über 300 Seiten, versehen mit einer 32seitigen Kunstbeilage, in aller Welt sorgfältig vertrieben werden. (…)“ Die Bitte wurde nicht erfüllt. Quelle: WrStLa, MD Akten, Präsidialbüro, A 11, Kt. 1, Pr. Z. 793 ex 1924.

[32] Anzeiger, Nr. 56, 30.11.1923, S. 571.

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